der_gemeinderat_Ausgabe_April_2017
Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.
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Titel<br />
Breitbandausbau<br />
Titel<br />
Bankenunabhängige Finanzierung<br />
Der Bürger als Geldgeber<br />
Trotz <strong>der</strong> staatlichen Breitbandför<strong>der</strong>ung verbleibt bei den Kommunen eine<br />
erhebliche Finanzierungslast. Wo die Eigenmittel nicht reichen, muss auf<br />
Fremdkapital zurückgegriffen werden. Neben dem Kommunaldarlehen steht<br />
dafür ein innovatives Finanzierungsinstrument zur Verfügung: die Bürgeranleihe.<br />
Bürgeranleihen stellen eine beson<strong>der</strong>e<br />
Form <strong>der</strong> bankenunabhängigen<br />
Beschaffung von Investitionsmitteln<br />
für kommunale Infrastrukturprojekte dar.<br />
Sie werden gezielt den Einwohnern einer<br />
Kommune angeboten. Diese zeichnen mit<br />
<strong>der</strong> Bürgeranleihe nicht nur eine attraktive<br />
festverzinsliche Finanzanlage, son<strong>der</strong>n<br />
unterstützen zugleich ihre Gemeinde beim<br />
lokalen Infrastrukturausbau. Das erhöht<br />
zugleich die Akzeptanz für die mit solchen<br />
Vorhaben verbundenen Baumaßnahmen.<br />
Als Emittentin <strong>der</strong> Anleihe kann auf <strong>der</strong><br />
Ebene <strong>der</strong> Städte und Gemeinden eine bestehende<br />
kommunale Gesellschaft eingesetzt<br />
werden, zum Beispiel das Stadtwerk.<br />
Auf Kreisebene bietet sich an, die Anleihe<br />
von einer Infrastruktur GmbH ausgeben<br />
zu lassen, die für den Breitbandausbau<br />
gegründet wurde.<br />
Auch Gemeinden und Landkreise selbst<br />
können eine Bürgeranleihe emittieren. Als<br />
Gebietskörperschaften sind sie dazu berechtigt,<br />
soweit dies satzungsgemäß nicht<br />
ausdrücklich ausgeschlossen ist.<br />
In den vergangenen Jahren haben mehrere<br />
größere Städte Anleihen ausgegeben.<br />
Diese dienen, an<strong>der</strong>s als die hier vorgestellten<br />
Bürgeranleihen, in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong><br />
allgemeinen Finanzierung des Haushalts.<br />
AUSGESTALTUNG DER ANLEIHE<br />
ZEICHNUNGSBERECHTIGUNG UND VERTRIEB<br />
Die Bedingungen <strong>der</strong> Bürgeranleihe<br />
können vorsehen, dass nur Kunden <strong>der</strong><br />
Stadtwerke sie zeichnen dürfen. Auf diese<br />
Weise dient das Finanzierungsinstrument<br />
zusätzlich <strong>der</strong> Kundenbindung.<br />
Den Vertrieb <strong>der</strong> Anleihe übernimmt<br />
zweckmäßigerweise eine Bank mit breiter<br />
lokaler Privatkundenbasis. Dabei kann die<br />
Zeichnungsberechtigung daran geknüpft<br />
werden, dass <strong>der</strong> Anleger ein Depot bei<br />
dem platzierenden Geldinstitut unterhält.<br />
KÜNDIGUNGSRECHT<br />
Die Bürgeranleihe lässt sich so ausgestalten,<br />
dass die Anleger berechtigt sind,<br />
sie gegen Erstattung des Zeichnungspreises<br />
zu kündigen. Üblicherweise wird die<br />
Kündigung nur einmal im Jahr innerhalb<br />
eines bestimmten Zeitfensters zugelassen.<br />
Durch das Kündigungsrecht erhalten die<br />
Anleger einen gewissen Ausgleich dafür,<br />
dass die Anleihe nicht über die Börse veräußert<br />
werden kann. Das Gläubigerkündigungsrecht<br />
ist bei <strong>der</strong> Bepreisung <strong>der</strong><br />
Anleihe zu berücksichtigen.<br />
PROSPEKTPFLICHT<br />
„Hier geht’s zum Geld“:<br />
Bürgeranleihen bieten<br />
Vorteile, die über den<br />
reinen Finanzierungszweck<br />
deutlich hinausgehen. Für<br />
den Emittenten verstärken<br />
sie die Kundenbindung.<br />
AUSGABE DURCH KOMMUNALUNTERNEHMEN<br />
Tritt ein kommunales Unternehmen, etwa<br />
das örtliche Stadtwerk, als Emittentin <strong>der</strong><br />
Anleihe auf, ist zwingend ein Wertpapierprospekt<br />
zu erstellen (§§ 3 Abs. 1, 13 Abs.<br />
1 Wertpapierprospektgesetz – WpPG).<br />
Darin informiert die emittierende Gesellschaft<br />
die Anleger über ihre Geschäftstätigkeit,<br />
ihre rechtlichen Verhältnisse und<br />
über die Einzelheiten <strong>der</strong> Bürgeranleihe.<br />
Den Prospekt entwirft üblicherweise<br />
die von dem kommunalen Unternehmen<br />
Foto: Cirquedesprit/Fotolia<br />
eingeschaltete Anwaltskanzlei. In den<br />
Prospekt sind die Jahresabschlüsse <strong>der</strong><br />
letzten beiden Geschäftsjahre aufzunehmen<br />
(Ziffer 13.1 Anhang IV <strong>der</strong> EU-Prospekt-Verordnung).<br />
Die Aufbereitung <strong>der</strong><br />
Finanzzahlen übernimmt regelmäßig <strong>der</strong><br />
Abschlussprüfer. Die sonstigen Unterlagen<br />
und Informationen, die im Prospekt<br />
zu verarbeiten sind, muss das kommunale<br />
Unternehmen selbst zusammenstellen.<br />
Der Prospekt muss von <strong>der</strong> Bundesanstalt<br />
für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(Bafin) gebilligt werden. Sie prüft, ob <strong>der</strong><br />
Prospekt die rechtlich erfor<strong>der</strong>lichen Angaben<br />
enthält. Sobald <strong>der</strong> Prospekt gebilligt<br />
ist, beginnt die Zeichnungsfrist. Üblicherweise<br />
räumt die Emittentin den Anlegern<br />
einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen<br />
zur Zeichnung ein. Unmittelbar nach dem<br />
Angebotsschluss werden die zugeteilten<br />
Schuldverschreibungen gegen Zahlung des<br />
Kaufpreises in die Bankdepots <strong>der</strong> Anleger<br />
eingebucht.<br />
Ein inhaltlich richtiger und vollständiger<br />
Prospekt bewirkt eine Enthaftung <strong>der</strong><br />
verantwortlichen Personen aufseiten <strong>der</strong><br />
Emittentin. In dem (unwahrscheinlichen)<br />
Fall, dass das kommunale Unternehmen<br />
die Zinsen nicht zahlen o<strong>der</strong> die Anleihe<br />
nicht zurückzahlen kann, können Anleger<br />
also nicht mit Erfolg geltend machen, sie<br />
seien nicht ausreichend über die Risiken<br />
<strong>der</strong> Anlage informiert worden.<br />
AUSGABE DURCH GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN<br />
Emittiert nicht ein kommunales Unternehmen,<br />
son<strong>der</strong>n die Gemeinde o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Landkreis selbst die Anleihe, sind<br />
diese von <strong>der</strong> Pflicht befreit, einen Wertpapierprospekt<br />
zu erstellen und von <strong>der</strong><br />
Bafin billigen zu lassen (§ 1 Abs. 2 Ziff.<br />
2 WpPG). Allerdings wird die Kommune<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Landkreis die Anleger auch in<br />
diesem Fall über die Einzelheiten <strong>der</strong> Bürgeranleihe<br />
informieren. Für die Richtigkeit<br />
und Vollständigkeit dieser Angaben muss<br />
die Gebietskörperschaft dann nach den<br />
Regeln <strong>der</strong> allgemeinen zivilrechtlichen<br />
Prospekthaftung ebenfalls einstehen.<br />
ÜBERNAHME DURCH KREDITINSTITUT<br />
Das mit dem Vertrieb <strong>der</strong> Schuldverschreibungen<br />
betraute Kreditinstitut übernimmt<br />
die Bürgeranleihe in <strong>der</strong> Regel nur kommissionsweise<br />
und nur in dem Umfang,<br />
in dem verbindliche Zeichnungsangebote<br />
von Anlegern vorliegen. Dieses Vorgehen<br />
wird in einem kurzen Übernahmevertrag<br />
dokumentiert, den die emittierende Gesellschaft<br />
und das Kreditinstitut erst nach Ablauf<br />
<strong>der</strong> Angebotsfrist unterzeichnen. Damit<br />
ist sichergestellt, dass die Bank auch<br />
dann, wenn die Anleihe nicht in vollem<br />
Umfang gezeichnet werden sollte, kein<br />
Absatzrisiko hat.<br />
Für das Gelingen des „Projekts Bürgeranleihe“<br />
ist es unerlässlich, dass sich die<br />
Beteiligten frühzeitig über die zu erreichenden<br />
Meilensteine verständigen und<br />
festlegen, wer welche Aufgabe bis wann<br />
zu erledigen hat. Für die Planung und Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Emission sind insgesamt etwa<br />
zehn bis 15 Wochen zu veranschlagen.<br />
Im Zuge <strong>der</strong> Finanzkrise haben sich<br />
einige Kreditinstitute aus dem Kommunalkreditgeschäft<br />
zurückgezogen. Zudem<br />
erschweren strengere Regeln für die Kreditvergabe<br />
von Banken (Basel III) die Kommunalfinanzierung.<br />
Auch diese Gründe<br />
sprechen für eine (zumindest teilweise)<br />
bankenunabhängige Finanzierung des<br />
Breitbandausbaus. Stephan Gittermann /<br />
<br />
Albrecht von <strong>der</strong> Chevallerie<br />
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BEISPIEL LANGENFELD<br />
Ein Beispiel für eine erfolgreich platzierte<br />
Bürgeranleihe zur Finanzierung<br />
des Breitbandausbaus stellt die Ende<br />
2016 emittierte Anleihe <strong>der</strong> Stadtwerke<br />
Langenfeld (Nordrhein-Westfalen)<br />
dar. Diese hatte ein Volumen von fünf<br />
Millionen Euro. Die Emission wurde<br />
rechtlich von <strong>der</strong> Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
beraten und bankseitig von<br />
<strong>der</strong> Helaba begleitet. Die Anleihe war<br />
nach Beginn des öffentlichen Angebots<br />
binnen weniger Tage ausverkauft. Vertrieben<br />
wurde sie von <strong>der</strong> Stadtsparkasse<br />
Langenfeld.<br />
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Themen > Technik & Innovation<br />
DIE AUTOREN<br />
Stephan Gittermann ist Rechtsanwalt<br />
und Partner <strong>der</strong> Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />
in Frankfurt am Main<br />
(stephan.gittermann@luther-lawfirm.<br />
com), Albrecht von <strong>der</strong> Chevallerie ist<br />
Abteilungsdirektor und Leiter Equity<br />
Capital Markets im Bereich Global Markets<br />
<strong>der</strong> Helaba – Landesbank Hessen-<br />
Thüringen Girozentrale in Frankfurt am<br />
Main (albrecht.chevallerie@helaba.de)<br />
fiber to the people GmbH | Brandauer Weg 22 | D-64397 Modautal | Telefon: +49 (0) 172 933 21 72 | E-Mail: info@fiber-to-the-people.de<br />
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