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Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.

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Titel<br />

Breitbandausbau<br />

Titel<br />

Bankenunabhängige Finanzierung<br />

Der Bürger als Geldgeber<br />

Trotz <strong>der</strong> staatlichen Breitbandför<strong>der</strong>ung verbleibt bei den Kommunen eine<br />

erhebliche Finanzierungslast. Wo die Eigenmittel nicht reichen, muss auf<br />

Fremdkapital zurückgegriffen werden. Neben dem Kommunaldarlehen steht<br />

dafür ein innovatives Finanzierungsinstrument zur Verfügung: die Bürgeranleihe.<br />

Bürgeranleihen stellen eine beson<strong>der</strong>e<br />

Form <strong>der</strong> bankenunabhängigen<br />

Beschaffung von Investitionsmitteln<br />

für kommunale Infrastrukturprojekte dar.<br />

Sie werden gezielt den Einwohnern einer<br />

Kommune angeboten. Diese zeichnen mit<br />

<strong>der</strong> Bürgeranleihe nicht nur eine attraktive<br />

festverzinsliche Finanzanlage, son<strong>der</strong>n<br />

unterstützen zugleich ihre Gemeinde beim<br />

lokalen Infrastrukturausbau. Das erhöht<br />

zugleich die Akzeptanz für die mit solchen<br />

Vorhaben verbundenen Baumaßnahmen.<br />

Als Emittentin <strong>der</strong> Anleihe kann auf <strong>der</strong><br />

Ebene <strong>der</strong> Städte und Gemeinden eine bestehende<br />

kommunale Gesellschaft eingesetzt<br />

werden, zum Beispiel das Stadtwerk.<br />

Auf Kreisebene bietet sich an, die Anleihe<br />

von einer Infrastruktur GmbH ausgeben<br />

zu lassen, die für den Breitbandausbau<br />

gegründet wurde.<br />

Auch Gemeinden und Landkreise selbst<br />

können eine Bürgeranleihe emittieren. Als<br />

Gebietskörperschaften sind sie dazu berechtigt,<br />

soweit dies satzungsgemäß nicht<br />

ausdrücklich ausgeschlossen ist.<br />

In den vergangenen Jahren haben mehrere<br />

größere Städte Anleihen ausgegeben.<br />

Diese dienen, an<strong>der</strong>s als die hier vorgestellten<br />

Bürgeranleihen, in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong><br />

allgemeinen Finanzierung des Haushalts.<br />

AUSGESTALTUNG DER ANLEIHE<br />

ZEICHNUNGSBERECHTIGUNG UND VERTRIEB<br />

Die Bedingungen <strong>der</strong> Bürgeranleihe<br />

können vorsehen, dass nur Kunden <strong>der</strong><br />

Stadtwerke sie zeichnen dürfen. Auf diese<br />

Weise dient das Finanzierungsinstrument<br />

zusätzlich <strong>der</strong> Kundenbindung.<br />

Den Vertrieb <strong>der</strong> Anleihe übernimmt<br />

zweckmäßigerweise eine Bank mit breiter<br />

lokaler Privatkundenbasis. Dabei kann die<br />

Zeichnungsberechtigung daran geknüpft<br />

werden, dass <strong>der</strong> Anleger ein Depot bei<br />

dem platzierenden Geldinstitut unterhält.<br />

KÜNDIGUNGSRECHT<br />

Die Bürgeranleihe lässt sich so ausgestalten,<br />

dass die Anleger berechtigt sind,<br />

sie gegen Erstattung des Zeichnungspreises<br />

zu kündigen. Üblicherweise wird die<br />

Kündigung nur einmal im Jahr innerhalb<br />

eines bestimmten Zeitfensters zugelassen.<br />

Durch das Kündigungsrecht erhalten die<br />

Anleger einen gewissen Ausgleich dafür,<br />

dass die Anleihe nicht über die Börse veräußert<br />

werden kann. Das Gläubigerkündigungsrecht<br />

ist bei <strong>der</strong> Bepreisung <strong>der</strong><br />

Anleihe zu berücksichtigen.<br />

PROSPEKTPFLICHT<br />

„Hier geht’s zum Geld“:<br />

Bürgeranleihen bieten<br />

Vorteile, die über den<br />

reinen Finanzierungszweck<br />

deutlich hinausgehen. Für<br />

den Emittenten verstärken<br />

sie die Kundenbindung.<br />

AUSGABE DURCH KOMMUNALUNTERNEHMEN<br />

Tritt ein kommunales Unternehmen, etwa<br />

das örtliche Stadtwerk, als Emittentin <strong>der</strong><br />

Anleihe auf, ist zwingend ein Wertpapierprospekt<br />

zu erstellen (§§ 3 Abs. 1, 13 Abs.<br />

1 Wertpapierprospektgesetz – WpPG).<br />

Darin informiert die emittierende Gesellschaft<br />

die Anleger über ihre Geschäftstätigkeit,<br />

ihre rechtlichen Verhältnisse und<br />

über die Einzelheiten <strong>der</strong> Bürgeranleihe.<br />

Den Prospekt entwirft üblicherweise<br />

die von dem kommunalen Unternehmen<br />

Foto: Cirquedesprit/Fotolia<br />

eingeschaltete Anwaltskanzlei. In den<br />

Prospekt sind die Jahresabschlüsse <strong>der</strong><br />

letzten beiden Geschäftsjahre aufzunehmen<br />

(Ziffer 13.1 Anhang IV <strong>der</strong> EU-Prospekt-Verordnung).<br />

Die Aufbereitung <strong>der</strong><br />

Finanzzahlen übernimmt regelmäßig <strong>der</strong><br />

Abschlussprüfer. Die sonstigen Unterlagen<br />

und Informationen, die im Prospekt<br />

zu verarbeiten sind, muss das kommunale<br />

Unternehmen selbst zusammenstellen.<br />

Der Prospekt muss von <strong>der</strong> Bundesanstalt<br />

für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(Bafin) gebilligt werden. Sie prüft, ob <strong>der</strong><br />

Prospekt die rechtlich erfor<strong>der</strong>lichen Angaben<br />

enthält. Sobald <strong>der</strong> Prospekt gebilligt<br />

ist, beginnt die Zeichnungsfrist. Üblicherweise<br />

räumt die Emittentin den Anlegern<br />

einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen<br />

zur Zeichnung ein. Unmittelbar nach dem<br />

Angebotsschluss werden die zugeteilten<br />

Schuldverschreibungen gegen Zahlung des<br />

Kaufpreises in die Bankdepots <strong>der</strong> Anleger<br />

eingebucht.<br />

Ein inhaltlich richtiger und vollständiger<br />

Prospekt bewirkt eine Enthaftung <strong>der</strong><br />

verantwortlichen Personen aufseiten <strong>der</strong><br />

Emittentin. In dem (unwahrscheinlichen)<br />

Fall, dass das kommunale Unternehmen<br />

die Zinsen nicht zahlen o<strong>der</strong> die Anleihe<br />

nicht zurückzahlen kann, können Anleger<br />

also nicht mit Erfolg geltend machen, sie<br />

seien nicht ausreichend über die Risiken<br />

<strong>der</strong> Anlage informiert worden.<br />

AUSGABE DURCH GEBIETSKÖRPERSCHAFTEN<br />

Emittiert nicht ein kommunales Unternehmen,<br />

son<strong>der</strong>n die Gemeinde o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Landkreis selbst die Anleihe, sind<br />

diese von <strong>der</strong> Pflicht befreit, einen Wertpapierprospekt<br />

zu erstellen und von <strong>der</strong><br />

Bafin billigen zu lassen (§ 1 Abs. 2 Ziff.<br />

2 WpPG). Allerdings wird die Kommune<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Landkreis die Anleger auch in<br />

diesem Fall über die Einzelheiten <strong>der</strong> Bürgeranleihe<br />

informieren. Für die Richtigkeit<br />

und Vollständigkeit dieser Angaben muss<br />

die Gebietskörperschaft dann nach den<br />

Regeln <strong>der</strong> allgemeinen zivilrechtlichen<br />

Prospekthaftung ebenfalls einstehen.<br />

ÜBERNAHME DURCH KREDITINSTITUT<br />

Das mit dem Vertrieb <strong>der</strong> Schuldverschreibungen<br />

betraute Kreditinstitut übernimmt<br />

die Bürgeranleihe in <strong>der</strong> Regel nur kommissionsweise<br />

und nur in dem Umfang,<br />

in dem verbindliche Zeichnungsangebote<br />

von Anlegern vorliegen. Dieses Vorgehen<br />

wird in einem kurzen Übernahmevertrag<br />

dokumentiert, den die emittierende Gesellschaft<br />

und das Kreditinstitut erst nach Ablauf<br />

<strong>der</strong> Angebotsfrist unterzeichnen. Damit<br />

ist sichergestellt, dass die Bank auch<br />

dann, wenn die Anleihe nicht in vollem<br />

Umfang gezeichnet werden sollte, kein<br />

Absatzrisiko hat.<br />

Für das Gelingen des „Projekts Bürgeranleihe“<br />

ist es unerlässlich, dass sich die<br />

Beteiligten frühzeitig über die zu erreichenden<br />

Meilensteine verständigen und<br />

festlegen, wer welche Aufgabe bis wann<br />

zu erledigen hat. Für die Planung und Umsetzung<br />

<strong>der</strong> Emission sind insgesamt etwa<br />

zehn bis 15 Wochen zu veranschlagen.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Finanzkrise haben sich<br />

einige Kreditinstitute aus dem Kommunalkreditgeschäft<br />

zurückgezogen. Zudem<br />

erschweren strengere Regeln für die Kreditvergabe<br />

von Banken (Basel III) die Kommunalfinanzierung.<br />

Auch diese Gründe<br />

sprechen für eine (zumindest teilweise)<br />

bankenunabhängige Finanzierung des<br />

Breitbandausbaus. Stephan Gittermann /<br />

<br />

Albrecht von <strong>der</strong> Chevallerie<br />

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BEISPIEL LANGENFELD<br />

Ein Beispiel für eine erfolgreich platzierte<br />

Bürgeranleihe zur Finanzierung<br />

des Breitbandausbaus stellt die Ende<br />

2016 emittierte Anleihe <strong>der</strong> Stadtwerke<br />

Langenfeld (Nordrhein-Westfalen)<br />

dar. Diese hatte ein Volumen von fünf<br />

Millionen Euro. Die Emission wurde<br />

rechtlich von <strong>der</strong> Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

beraten und bankseitig von<br />

<strong>der</strong> Helaba begleitet. Die Anleihe war<br />

nach Beginn des öffentlichen Angebots<br />

binnen weniger Tage ausverkauft. Vertrieben<br />

wurde sie von <strong>der</strong> Stadtsparkasse<br />

Langenfeld.<br />

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Themen > Technik & Innovation<br />

DIE AUTOREN<br />

Stephan Gittermann ist Rechtsanwalt<br />

und Partner <strong>der</strong> Luther Rechtsanwaltsgesellschaft<br />

in Frankfurt am Main<br />

(stephan.gittermann@luther-lawfirm.<br />

com), Albrecht von <strong>der</strong> Chevallerie ist<br />

Abteilungsdirektor und Leiter Equity<br />

Capital Markets im Bereich Global Markets<br />

<strong>der</strong> Helaba – Landesbank Hessen-<br />

Thüringen Girozentrale in Frankfurt am<br />

Main (albrecht.chevallerie@helaba.de)<br />

fiber to the people GmbH | Brandauer Weg 22 | D-64397 Modautal | Telefon: +49 (0) 172 933 21 72 | E-Mail: info@fiber-to-the-people.de<br />

48 <strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 4/17<br />

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