der_gemeinderat_Ausgabe_April_2017
Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.
Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Titel<br />
KOMMUNEN IN DER<br />
VERANTWORTUNG<br />
Die Versorgung Deutschlands mit Internet-Hochgeschwindigkeitsanschlüssen<br />
erfor<strong>der</strong>t enorme Investitionsanstrengungen.<br />
Weil aber weiter davon auszugehen<br />
ist, dass überwiegend verdichtete<br />
Gebiete in absehbarer Zeit von <strong>der</strong><br />
freien Wirtschaft im Wettbewerb versorgt<br />
werden, müssen aus Sicht des Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammertages<br />
(DIHK) die Kommunen ihre zentrale<br />
Planungs- und Koordinierungsfunktion<br />
wahrnehmen. Die Verantwortlichen sollten<br />
sich in den Regionen für den Aufbau<br />
und die Weiterentwicklung drahtgebundener<br />
und mobiler Datennetze<br />
engagieren. Dafür seien Kompetenzen<br />
aufzubauen. Für die Regionen müsse es<br />
langfristige Entwicklungspläne für den<br />
Breitbandausbau geben, die sich an <strong>der</strong><br />
Entwicklung <strong>der</strong> zukünftigen Nachfrage<br />
weit über die 50-Mbit/s-Marke hinaus<br />
orientierten.<br />
Fertigung von Industrierobotern: Viele leistungsfähige Unternehmen haben ihren Standort in ländlichen<br />
Regionen. Daher kommt es dort beson<strong>der</strong>s auf eine hochwertige Breitbandversorgung an.<br />
Wirtschaftliche Entwicklung<br />
Wohlstand durch Tempo<br />
Volkswirtschaften mit einer starken Durchdringung hochleistungsfähiger<br />
Datennetze haben gute Aussichten auf Wachstum. Vor diesem Hintergrund<br />
muss im Rathaus <strong>der</strong> Glasfaserausbau zentrales Anliegen sein. Denn sind die<br />
Unternehmen im Wettbewerb erfolgreich, prosperiert auch die Kommune.<br />
Ob eine Turbo-Gesellschaft mit persönlichem<br />
Vollgas-Leben ihrer<br />
einzelnen Individuen zu den erstrebenswerten<br />
Zielen gehören sollte, darüber<br />
lässt sich gewiss trefflich streiten.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung<br />
<strong>der</strong> Industrienation Deutschland, die<br />
ja auf <strong>der</strong> Wettbewerbsfähigkeit und dem<br />
Markterfolg ihrer Unternehmen aufbaut,<br />
ist jedoch ein hohes Tempo zweifelsohne<br />
ein Muss. Denn in <strong>der</strong> digitalisierten, zunehmend<br />
vernetzten Welt des Produzierens<br />
und Handelns werden jene Volkswirtschaften<br />
das Nachsehen haben, die ihren<br />
Unternehmen und Bürgern keine hochleistungsfähigen<br />
Telekommunikationsnetze<br />
als technische Basisinfrastruktur bieten.<br />
Diese ist gleichbedeutend beispielsweise<br />
mit Straßen und Autobahnen, sicherer<br />
Stromversorgung und Trinkwassernetzen.<br />
Dass es zwischen <strong>der</strong> Verfügbarkeit<br />
schneller Internetanschlüsse und dem<br />
Wirtschaftswachstum einen Zusammenhang<br />
gibt, steht längst außer Frage. Studien<br />
aus verschiedenen Län<strong>der</strong>n und Zeiträumen<br />
zeigen: Eine Erhöhung <strong>der</strong> Durchdringung<br />
mit breitbandigen Internet-Zugängen<br />
um zehn Prozent steigert das Wachstum<br />
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zwischen<br />
0,25 und 1,38 Prozent. Auch sind positive<br />
Wirkungen auf die Beschäftigung und die<br />
Produktivität nachweisbar.<br />
Foto: Herrndorff/Fotolia<br />
Als beson<strong>der</strong>s starker Treiber des Wachstums<br />
gelten Glasfasernetze mit ihren aus<br />
heutiger Sicht unbegrenzten Möglichkeiten<br />
hinsichtlich des Volumens <strong>der</strong> übertragbaren<br />
Daten und <strong>der</strong> enormen Übertragungsgeschwindigkeit.<br />
Wenn die Anzahl <strong>der</strong> Glasfaseranschlüsse<br />
um ein Prozent steigt, erhöht<br />
sich das BIP um 0,02 bis 0,04 Prozent.<br />
Für Deutschland bedeutet das einen BIP-<br />
Zuwachs zwischen 600 Millionen und 1,2<br />
Milliarden Euro, so die entsprechende Aussage<br />
in einer Studie des Kölner Instituts<br />
<strong>der</strong> deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag<br />
des Vodafone-Instituts für Gesellschaft und<br />
Kommunikation aus dem Jahr 2016.<br />
Hochleistungsfähige Breitbandinfrastrukturen<br />
haben nicht nur grundlegende<br />
„Ermöglicher“-Funktion für viele digitale<br />
Anwendungen, son<strong>der</strong>n sie geben laut <strong>der</strong><br />
Untersuchung auch Impulse für innovative<br />
Geschäftsmodelle. Die damit einhergehende<br />
zunehmende Digitalisierung <strong>der</strong><br />
Wirtschaft beruht auf Netzwerkeffekten.<br />
Je besser die Infrastruktur, umso mehr<br />
Unternehmen, Kunden, Prozesse o<strong>der</strong> Produkte<br />
können in Wertschöpfungsnetzen<br />
verknüpft werden. Ein digitales Geschäftsmodell<br />
„ernährt“ das nächste, je<strong>der</strong> neue<br />
Hochleistungs-Breitbandanschluss ermöglicht<br />
neue Aktivitäten und schafft die Rentabilität<br />
für den nächsten Ausbauschritt.<br />
Es entsteht ein sich selbst verstärken<strong>der</strong><br />
digitaler Wirtschaftskreislauf.<br />
Die Betonung liegt dabei auf „Hochleistung“.<br />
Mit 50-Mbit/s-Zugängen und<br />
selbst Vectoring, bei dem die Datenrate<br />
schon bald hinter dem Kabelverzweiger<br />
mit jedem Meter rapide abfällt, ist im<br />
globalisierten Wettbewerb kein erfolgreicher<br />
Industriestaat zu machen. Denn <strong>der</strong><br />
von <strong>der</strong> Politik gern genannte deutsche<br />
Durchschnittswert von 59 Prozent Verfügbarkeit<br />
im Bereich <strong>der</strong> Bandbreitenklasse<br />
50 Mbit/s und höher für die gewerbliche<br />
Wirtschaft verschleiert eine wichtige Tatsache:<br />
Ob solche Anschlüsse tatsächlich<br />
vorliegen, hängt von <strong>der</strong> Größe und <strong>der</strong><br />
regionalen Verortung <strong>der</strong> jeweiligen Standortgemeinde<br />
ab. In ländlich geprägten Gebieten<br />
ist die Verfügbarkeit dieser Zugänge<br />
gerade einmal halb so hoch wie <strong>der</strong> Bundesdurchschnitt,<br />
<strong>der</strong> durch die in <strong>der</strong> Regel<br />
sehr gute Versorgung städtischer Räume<br />
nach oben getrieben wird.<br />
Da gerade in den ländlichen Regionen in<br />
Deutschland viele leistungsfähige Industrieunternehmen<br />
und „Hidden Champions“<br />
ansässig sind, ist die Versorgung dieser<br />
Räume mit hohen Bandbreitenklassen<br />
entscheidend für ihre Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Wo es den Firmen gut geht, weil sie<br />
dank Zugang zur digitalen Welt sich gut<br />
am Markt behaupten können, werden die<br />
Standortkommunen durch stabile Gewerbesteuereinnahmen<br />
und positive Effekte<br />
auf den Arbeitsmarkt profitieren.<br />
Im eigenen Interesse müssen die Rathäuser<br />
die Initiative für einen hochwertigen<br />
Breitbandausbau ergreifen. Eine<br />
wachsende Zahl von Bürgermeistern und<br />
Landräten, denen dieser Zusammmenhang<br />
bewusst ist, handeln entsprechend<br />
und machen den Breitbandausbau zur<br />
Chefsache. Gemeinsam mit <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
vor Ort suchen sie nach Lösungen. Beispiel<br />
Friesoythe (rund 22 200 Einwohner)<br />
im nie<strong>der</strong>sächsischen Landkreis Cloppenburg:<br />
Dort werden laut Bürgermeister Sven<br />
Stratmann jetzt knapp 100 Gewerbetreibende<br />
in Gewerbegebieten und Einzellagen<br />
bis 2018 an ein mo<strong>der</strong>nes Glasfasernetz<br />
angeschlossen.<br />
UNTERNEHMEN FORDERN AUSBAU EIN<br />
Wo Politik und Verwaltung sich nicht engagieren,<br />
müssen sie mit Druck aus <strong>der</strong><br />
Wirtschaft rechnen, die vielerorts im ländlichen<br />
Raum unzufrieden ist mit <strong>der</strong> Breitbandversorgung.<br />
In <strong>der</strong> Schwarzwaldstadt<br />
Wolfach (rund 5800 Einwohner) im badenwürttembergischen<br />
Ortenaukreis etwa leiden<br />
trotz <strong>der</strong> erheblichen Geldmittel, die<br />
die Landesregierung für den Breitbandausbau<br />
zur Verfügung stellt, die Firmen noch<br />
unter unzureichenden Netzanbindungen<br />
und haben erhebliche Schwierigkeiten<br />
allein schon bei Internet-Anwendungen<br />
wie Fernwartung und Bildübertragung.<br />
Und das an einem Standort, an dem mit<br />
Supfina Grieshaber ein Unternehmen angesiedelt<br />
ist, das mit Standorten in den<br />
USA und Peking Son<strong>der</strong>maschinen zur<br />
Herstellung extrem glatter Oberflächen im<br />
Tausendstel-Millimeter-Bereich fertigt. Es<br />
zählt damit zu den deutschen Hochtechnologiefirmen,<br />
für die Digitaliserung und<br />
Vernetzung Grundlage des unternehmerischen<br />
Erfolgs sind.<br />
Weil die Wolfacher Bandbreitensituation<br />
nach Auffassung <strong>der</strong> lokalen Wirtschaft<br />
keinen Anreiz für die Ansiedlung<br />
neuer Gewerbe bietet und sogar die Gefahr<br />
birgt, dass Firmen abwan<strong>der</strong>n, will jetzt<br />
<strong>der</strong> Gewerbeverein eigene Initiativen mit<br />
<strong>der</strong> Politik starten. Wolfram Markus<br />
WIE SCHNELL IST DAS NETZ?<br />
Wie schnell ist <strong>der</strong> am Unternehmensstandort<br />
o<strong>der</strong> im Privathaushalt verfügbare<br />
Internet-Zugang wirklich? Wie sieht<br />
es mit <strong>der</strong> mobilen Internet-Anbindung<br />
aus? Auf diese Fragen will die Initiative<br />
Kyago mit ihrem Breitbandtest und<br />
einer Breitbandtest-App für Län<strong>der</strong> und<br />
Kommunen unkomplizierte Antworten<br />
möglich machen (www.zafaco.de/de/<br />
leistungen/breitbandmessung/). Neben<br />
<strong>der</strong> Messung mobiler breitbandiger<br />
Internet-Zugangsdienste mittels Smartphones<br />
erlaubt <strong>der</strong> mobile Messclient<br />
(App) die Erkennung von Funklöchern<br />
(fehlen<strong>der</strong> mobiler Netzzugang) sowie<br />
von Gebieten mit fehlendem mobilen<br />
breitbandigen Internetzugang (2G). Bei<br />
Erkennung eines Funklochs o<strong>der</strong> einem<br />
Gebiet mit fehlendem mobilen breitbandigen<br />
Internetzugang werden <strong>der</strong><br />
Mobilfunkanbieter, die aktuelle mobile<br />
Internet-Zugangstechnologie sowie <strong>der</strong><br />
Standort gespeichert. Es sind verschiedene<br />
Tests zu beliebigen Zeiten möglich.<br />
Die individuellen Messergebnisse und<br />
ermittelten Informationen stehen dem<br />
Nutzer sofort nach <strong>der</strong> Messung zur<br />
Verfügung. Die anonymisierte detaillierte<br />
Ergebnisauswertung erhält jeweils die<br />
die Initiative unterstützende Kommune<br />
beziehungsweise das Land. Die App<br />
kann für Android im Google-Store und<br />
für iOS im Apple-Store heruntergeladen<br />
werden.<br />
30 <strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 4/17<br />
<strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 4/17<br />
31