der_gemeinderat_Ausgabe_April_2017
Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.
Die April-Ausgabe hat das Titelthema Breitbandausbau von Gewerbegebieten.
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Titel<br />
Breitbandausbau<br />
Titel<br />
Vectoring<br />
Chancen und Risiken abwägen<br />
Im Rahmen des Ausbaus einer NGA-Breitbandnetzinfrastruktur greifen viele<br />
Telekommunikationsunternehmen auf Vectoring zurück. Der Einsatz<br />
dieser Technik stellt für kommunale Gebietskörperschaften einen Faktor dar,<br />
<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e in geför<strong>der</strong>ten Projekten Probleme bereiten kann.<br />
Beim Vectoring handelt es sich um<br />
ein technisches Verfahren zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Übertragungsqualität<br />
von Telefon-Kupferkabeln. Dabei wird die<br />
gegenseitige Störung durch unerwünschte<br />
gegenseitige Beeinflussung (sog. Übersprechen)<br />
benachbarter Kupferdoppela<strong>der</strong>n<br />
von Kabeln zwischen dem Kabelverzweiger<br />
(KVz) in <strong>der</strong> Straße und den jeweiligen<br />
Hausanschlüssen reduziert. Diese Störungen<br />
können die Datenübertragungsrate,<br />
insbeson<strong>der</strong>e in ungeschirmten Kabelbündeln<br />
üblicher Telefonnetze, deutlich<br />
verringern.<br />
Vectoring verlangt eine hohe Rechenleistung<br />
in den aufgerüsteten DSLAMs (Digital<br />
Subscriber Line Access Multiplexer, Teil <strong>der</strong><br />
für den Betrieb von DSL benötigten Infrastruktur)<br />
in den Kabelverzweigern. Denn<br />
das System errechnet für jede einzelne<br />
Kupferdoppela<strong>der</strong> eines Kabelbündels die<br />
jeweiligen Störeinflüsse und sendet neben<br />
dem eigentlichen Nachrichtensignal ein<br />
abhängig von den errechneten Störeinflüssen<br />
erzeugtes Gegensignal in die jeweilige<br />
Doppela<strong>der</strong>. Damit werden die durch das<br />
Übersprechen entstehenden Störsignale<br />
fast ausgeschaltet. Auf diese Weise ist eine<br />
„Getarnter“ Kabelverzweiger: Vectoring bietet nicht die Voraussetzungen für den politisch gewollten<br />
großflächigen Aufbau von Gigabit-Netzen zur umfassenden Digitalisierung Deutschlands.<br />
Foto: Petertadsen/Fotolia<br />
Steigerung <strong>der</strong> Übertragungsbandbreiten<br />
bis theoretisch 100 Mbit/s möglich. Nach<br />
<strong>der</strong>zeitigem Stand <strong>der</strong> Technik funktioniert<br />
dieses Verfahren jedoch nur, wenn es auf<br />
ein gesamtes Bündel von Kupferkabeln<br />
angewandt wird.<br />
Das Vectoring stellt eine kostengünstige<br />
Alternative zur Steigerung <strong>der</strong> Übertragungsbandbreiten<br />
gegenüber einem<br />
Glasfaserausbau FTTC (Fiber to the curb,<br />
Glasfaser bis zum Kabelverzweiger) o<strong>der</strong><br />
FTTH (Fiber to the home, Glasfaser bis in<br />
die Wohnung) dar, da es die Nutzung <strong>der</strong><br />
vorhandenen Infrastruktur erlaubt.<br />
BEGRENZT ZUKUNFTSFÄHIG<br />
Kommunalen Gebietskörperschaften, die<br />
einen Ausbau <strong>der</strong> Telekommunikationsnetze<br />
hin zu einer Next Generation Access-<br />
Breitbandinfrastruktur (NGA-Breitbandinfrastruktur)<br />
planen, eröffnen sich mit<br />
Vectoring möglicherweise wirtschaftliche<br />
Chancen, aber auch rechtliche Risiken. Sie<br />
gilt es gegeneinan<strong>der</strong> abzuwägen.<br />
Da Vectoring einen kostengünstigen<br />
Ausbau zur Erhöhung <strong>der</strong> Bandbreiten<br />
unter Nutzung vorhandener Kupferkabelinfrastruktur<br />
erlaubt, eröffnet sich die<br />
Möglichkeit, auch Stadtteile und Straßen<br />
in die Gebietskulisse eines geför<strong>der</strong>ten<br />
Ausbaus einzubeziehen, die ansonsten<br />
aus wirtschaftlichen Gründen aus dieser<br />
hätten herausgenommen werden müssen.<br />
Dies ist auch im Hinblick auf die seitens<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>mittelgeber gefor<strong>der</strong>ten sehr hohen<br />
Erschließungsgrade interessant.<br />
Für kommunale Gebietskörperschaften,<br />
die den Ausbau eines NGA-Netzes unter<br />
Einsatz von Vectoring in Erwägung ziehen,<br />
sind indes verschiedene problematische<br />
Aspekte zu berücksichtigen:<br />
• Die Zukunftsfähigkeit von mit Vectoring<br />
ausgebauten Netzen ist begrenzt,<br />
da diese nach <strong>der</strong>zeitigem Stand <strong>der</strong><br />
Technik über kein weiteres Upgrade-<br />
Potenzial verfügen. Im Zusammenhang<br />
mit einer Neuerrichtung einer NGA-<br />
Breitbandstruktur sollten aber Chancen<br />
ergriffen werden, die die Anknüpfungsund<br />
Zukunftsfähigkeit des neuen Netzes<br />
gewährleisten. Kurzfristige Einsparungsmöglichkeiten<br />
können unter Umständen<br />
zu einem gesteigerten Investitionsbedarf<br />
in <strong>der</strong> Zukunft führen, <strong>der</strong> bei einem<br />
umfangreichen Glasfaserausbau nicht<br />
anfallen würde.<br />
• Es sind zudem regulatorische Vorgaben<br />
zu beachten: Das technisch komplizierte<br />
Vectoring macht die Gewährung des<br />
Netzzugangs für an<strong>der</strong>e Telekommunikationsbetreiber<br />
äußerst kompliziert, da<br />
in Teilnehmeranschlusskabeln die DSL-<br />
Leitungen von verschiedenen Betreibern<br />
nebeneinan<strong>der</strong> liegen können und Vectoring<br />
jede einzelne DSL-Leitung einbezieht.<br />
Dieser faktische Ausschluss des<br />
Netzzugangs führt zu Problemen mit <strong>der</strong><br />
netzkartell- und regulierungsrechtlich<br />
vorgeschriebenen Open-Access-Politik<br />
für Telekommunikationsnetze.<br />
Alles aus einer Hand.<br />
FTTx-Lösungen für Glasfasernetze<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Entscheidungen <strong>der</strong> Bundesnetzagentur<br />
(BNetzA) zugunsten <strong>der</strong><br />
Deutschen Telekom vom 1. September<br />
2016 (grundsätzliche Genehmigung <strong>der</strong><br />
Vectoring-Technik im Nahbereich) und<br />
vom 21. Dezember 2016 (Genehmigung <strong>der</strong><br />
Entgelte für den Layer-2-Bitstrom) hat eine<br />
entscheidende Entwicklung hin zu einer<br />
Zulässigkeit des Einsatzes <strong>der</strong> Vectoring-<br />
Technik stattgefunden. Unabhängig von<br />
<strong>der</strong> damit aus regulatorischer Sicht grundsätzlichen<br />
Zulässigkeit des Einsatzes ist für<br />
kommunale Gebietskörperschaften, die einen<br />
geför<strong>der</strong>ten NGA-Breitbandausbau betreiben,<br />
aber zu beachten, dass Vectoring<br />
nach heutiger Rechtslage mit Beihilfe- und<br />
För<strong>der</strong>recht (vgl. § 7 Abs. 2 NGA-Rahmenregelung,<br />
NGA-RR; Ziff. 13. des Leitfadens<br />
zur Bundesför<strong>der</strong>richtlinie zur Unterstützung<br />
des Breitbandausbaus) solange nicht<br />
vereinbar ist, bis die EU-Kommission ein<br />
sogenanntes VULA-Zugangsprodukt für<br />
dritte Telekommunikationsunternehmen<br />
genehmigt hat. Es handelt sich hierbei um<br />
ein lokales virtuell entbündeltes Zugangsprodukt,<br />
das in seinen Eigenschaften <strong>der</strong><br />
entbündelten Teilnehmeranschlussleitung<br />
sehr nahe zu kommen hat und dass die<br />
Deutsche Telekom ihren Konkurrenten als<br />
Ersatz für den in den Nahbereichen künftig<br />
nicht mehr überall verfügbaren Zugriff<br />
auf den „blanken Draht“ anbieten muss.<br />
Zwar wurden VULA-Zugangsprodukte<br />
bei <strong>der</strong> EU-Kommission zur Genehmigung<br />
notifiziert, eine Entscheidung ist aber<br />
aktuell noch nicht absehbar. Die NGA-<br />
Rahmenregelung gestattet zwar bereits<br />
jetzt Vorarbeiten zum Einsatz <strong>der</strong> Vectoring-Technik<br />
im geför<strong>der</strong>ten Breitbandausbau,<br />
allerdings unter dem Vorbehalt, dass<br />
<strong>der</strong> effektive Einsatz erst nach einer Genehmigungsentscheidung<br />
<strong>der</strong> Kommission<br />
erfolgt und das TK-Unternehmen das wirtschaftliche<br />
Risiko eines solchen Ausbaus<br />
und einer möglicherweise ausbleibenden<br />
Genehmigung alleine trägt (vgl. Fn. 24 <strong>der</strong><br />
NGA-RR).<br />
Daher ist <strong>der</strong> Einsatz von Vectoring im<br />
geför<strong>der</strong>ten Breitbandausbau hin zu einem<br />
Next Generation Access-Netz <strong>der</strong>zeit nicht<br />
zulässig. Diesen heute geltenden Rahmenbedingungen<br />
müssen sich kommunale<br />
Gebietskörperschaften im Rahmen <strong>der</strong><br />
Planung ihres Breitbandausbauprojektes<br />
bewusst sein und diese auch gegenüber<br />
Telekommunikationsunternehmen klar<br />
kommunizieren. In jedem Fall empfiehlt<br />
sich, rechtzeitig im Vorfeld eines geplanten<br />
Vectoring-Einsatzes eine Überprüfung auf<br />
dessen Kompatibilität mit regulierungs-,<br />
beihilfe- und för<strong>der</strong>rechtlichen Vorgaben.<br />
Markus Lennartz / Alexan<strong>der</strong> Rospert<br />
NEXT GENERATION ACCESS<br />
Mit dem Begriff Next Generation Access<br />
(NGA; Zugang <strong>der</strong> nächsten Generation)<br />
werden Zugangsnetze zum Internet<br />
bezeichnet, die die kupferbasierenden<br />
o<strong>der</strong> koaxialen Infrastrukturen teilweise<br />
o<strong>der</strong> ganz durch Glasfaserleitungen<br />
ersetzen.<br />
ONLINE<br />
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www.treffpunkt-kommune.de ><br />
Themen > Technik & Innovation<br />
DIE AUTOREN<br />
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Markus Lennartz und Alexan<strong>der</strong> Rospert<br />
sind Rechtsanwälte bei <strong>der</strong> Kanzlei<br />
Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek in Frankfurt<br />
am Main (c.elsasser@heuking.de)<br />
BREKO Glasfasermesse<br />
www.langmatz.de<br />
46 <strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 4/17<br />
<strong>der</strong> gemein<strong>der</strong>at 4/17<br />
47<br />
Stand 87<br />
ANGA COM<br />
Halle 10 Stand C61