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Friedrich Hackländer Ein Winter in Spanien

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nicht viel malerischer und kastanienbesetzter seien als hier<br />

unten, versicherte uns bereitwillig e<strong>in</strong> landeskundiger Spanier<br />

auf unsere Bitte. Apollo mag es dem Dichter verzeihen,<br />

der e<strong>in</strong>en Reim auf <strong>Spanien</strong> gesucht, und dafür Kastanien<br />

gefunden hatte, von denen wir ke<strong>in</strong>e Spur gesehen.<br />

Gegenüber dem Strom lag die kle<strong>in</strong>e Stadt Amposta, die<br />

<strong>in</strong> ihrer malerischen Gestalt e<strong>in</strong>en schwachen Ersatz bot.<br />

Die hohen Mauern ihrer Häuser senkten sich bis zum Wasserspiegel<br />

herab, und bildeten oben so unregelmäßige L<strong>in</strong>ien,<br />

daß sie von fern wie die ausgezackten Z<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>es<br />

alten halbverfallenen Castells aussahen. Dort sollten wir<br />

nach zwölfstündigem Fasten unser Mahl f<strong>in</strong>den und wir<br />

hofften auf e<strong>in</strong>e gute Fähre, die den Eilwagen und uns<br />

übersetzen würde; aber wir waren ja <strong>in</strong> <strong>Spanien</strong>, im schönen<br />

Land des We<strong>in</strong>s und der Gesänge – und der grundlosen<br />

Straßen und brückenlosen Flüsse. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Fähre war vorhanden,<br />

aber sie lag <strong>in</strong>valid bei Amposta, weßhalb unser<br />

Eilwagen diesseits bei e<strong>in</strong>er elenden Holzbaracke anhielt<br />

und unsere Koffer und Effekten abgeladen wurden. Hier<br />

war das Ufer des Ebro besonders unangenehm, denn man<br />

sank bis an die Knöchel <strong>in</strong> den Sand und Schlamm, durch<br />

welchen wir e<strong>in</strong> paar hundert Schritte abwärts wateten, wo<br />

e<strong>in</strong> altes, gebrechliches Boot lag, um unsere ganze Wagengesellschaft<br />

überzusetzen. Wir hatten übrigens von Glück<br />

zu sagen, daß der Wasserstand des Stroms heute ziemlich<br />

niedrig und er deßhalb zahm und mild war, denn e<strong>in</strong> Bekannter<br />

erzählte uns <strong>in</strong> Barcelona: er habe bei Regenwetter<br />

auf e<strong>in</strong>er Reise hierher zweimal vierundzwanzig Stunden<br />

<strong>in</strong> der obenerwähnten Hütte zubr<strong>in</strong>gen müssen. Obgleich<br />

unser Boot sehr überladen war und tief g<strong>in</strong>g, erreichten wir

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