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Friedrich Hackländer Ein Winter in Spanien

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— 6 —<br />

der so eben neuentstandenen eisernen Gitterbrücke wohlgefällig<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en klaren Fluthen abspiegeln. Zur L<strong>in</strong>ken<br />

haben wir die Abhänge der Berge, welche die Eisenbahn<br />

tragen, auf ihnen alte und neue Schlösser, Wartthürme, an<br />

ihrem Fuß freundliche Dörfer, meistens <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en heimlichen<br />

Nebenthälern liegend. Die Ernte ist aller Orten vorüber,<br />

kaum weht der W<strong>in</strong>d über die Stoppeln, und schon<br />

wird e<strong>in</strong> Theil der Felder von dem unersättlichen Menschengeschlecht<br />

wieder zu neuem Dienst vorbereitet; der<br />

Pflug reißt hier die dampfende Erde auf, dort wird die Seele<br />

der Landwirthschaft ausgebreitet, und während man an<br />

dieser Stelle noch Kartoffeln ausgräbt, wirft man drüben<br />

schon wieder die <strong>W<strong>in</strong>ter</strong>saat aus. Aber dieses Leben, diese<br />

Bewegung <strong>in</strong> der herbstlichen Landschaft ist so mannigfaltig,<br />

so schön, die Erde hat sich, nachdem sie alles h<strong>in</strong>gegeben,<br />

mit dem armseligen Überrest ihres reichen Sommers<br />

herrlich geschmückt, und lächelt uns noch e<strong>in</strong>mal freundlich<br />

zu, ehe des <strong>W<strong>in</strong>ter</strong>s kalte Hand über sie dah<strong>in</strong>fährt und<br />

von ihr streift den letzten Schmuck, die gelben und rothen<br />

Blätter, die schon jetzt bei jedem Lufthauch, ahnend ihr baldiges<br />

Vergehen, ängstlich an den matten Stielen zittern. Die<br />

Gärten, an denen wir vorüberdampfen, sehen schon recht<br />

traurig und verwahrlost aus, die halbvertrockneten Stängel<br />

und verwelkten Kräuter s<strong>in</strong>d niedergetreten; Unkraut<br />

wuchert triumphirend über sie empor und lacht recht höhnisch<br />

zu den hohen Dahlien auf, die gestern noch stolz ihre<br />

bunten Köpfe trugen, und sie jetzt, durch den Reif verletzt,<br />

tief und traurig herabhängen lassen. Die gelben Capuc<strong>in</strong>er<br />

haben schon e<strong>in</strong> zäheres Leben, und ihre hellen Blumen<br />

leuchten noch ziemlich frisch aus dem dunkeln Laub

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