ECHO Top500 2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
top 500 | INTERVIEW<br />
zen, rund die Hälfte sind Ein und Zwei-Cent-<br />
Stücke. Interessant ist, wie unterschiedlich<br />
die Menschen in den einzelnen Ländern mit<br />
diesen kleinen Münzen umgehen. In Estland<br />
verwenden 80 Prozent die Münzen wieder, um<br />
damit zu bezahlen – und das, obwohl dort generell<br />
sehr viel bargeldlos gezahlt wird. In Österreich<br />
hingegen geben 53 Prozent an, dass sie<br />
diese kleinen Münzen zu Hause behalten und<br />
irgendwann umtauschen. Allein die in Tirol in<br />
Umlauf befindlichen Münzen haben ein Gewicht<br />
von 84 Straßenbahngarnituren.<br />
<strong>ECHO</strong>: Sie haben das bargeldlose Zahlen angesprochen.<br />
Zahlen die Österreicher nach wie<br />
vor lieber mit Bargeld oder ist ein Trend in die<br />
andere Richtung zu erkennen?<br />
Schneider: In Österreich werden 80 Prozent<br />
aller Transaktionen, also Einzelzahlungen, nach<br />
wie vor bar durchgeführt. Der Wert dieser Zahlungen<br />
liegt bei zwei Drittel, da hauptsächlich<br />
kleinere Transaktionen, die den Großteil der<br />
Zahlungen ausmachen, bar getätigt werden. Eine<br />
Studie der WU hat gezeigt, dass bis zehn Euro<br />
Barzahlung die kostengünstigere Variante ist.<br />
Europaweit zahlen die Menschen ab 45 Euro<br />
bevorzugt mit Karte, bei uns liegt dieser Wert<br />
mit 100 Euro wesentlich höher. Im Schnitt bezahlt<br />
jeder Österreicher zwei Mal am Tag, bei<br />
Barzahlungen liegt der Durchschnittswert für<br />
Zahlungen bei zwei Euro. Kleinere Transaktionen<br />
sind also wesentlich häufiger, nur zwei<br />
Prozent der Zahlungen liegen über 100 Euro.<br />
<strong>ECHO</strong>: Hängt es vom Betrag ab, ob die<br />
Menschen eher mit Bargeld oder bargeldlos<br />
bezahlen?<br />
Schneider: Die Wahrscheinlichkeit der Barzahlung<br />
nimmt zwar mit dem Betrag ab, aber<br />
nur für 49 Prozent im Euroraum hängt die Wahl<br />
des Zahlungsmittels wirklich vom Betrag ab.<br />
Die andere Hälfte sagt ge nau das Gegenteil und<br />
„Insgesamt geht man davon<br />
aus, dass ein Drittel aller Euroscheine<br />
sich gar nicht im<br />
Euroraum befindet, sondern<br />
in anderen Ländern.“<br />
Armin Schneider, Leiter OeNB West<br />
verwendet immer das bevorzugte Zahlungsmittel,<br />
egal ob Karte oder Bargeld. Ein Drittel gibt<br />
an, unter 20 Euro in der Regel bar zu zahlen.<br />
Ergänzende 17 Prozent tun das auch darüber.<br />
23 Prozent im Euroraum zahlen sowieso immer<br />
mit Bargeld, sodass nur 27 Prozent verbleiben,<br />
die immer mit der Karte zahlen. In Österreich<br />
liegen diese Werte anders: Während 35 Prozent<br />
immer bar zahlen, verwenden mit 19 Prozent<br />
deutlich weniger immer die Karte. In Finnland<br />
und Estland zahlen mehr als die Hälfte der<br />
Menschen immer bargeldlos. Die Öster reicher<br />
haben im Durchschnitt 90 Euro in der Geldtasche,<br />
die Tiroler liegen mit 86 Euro knapp<br />
darunter. In Deutschland sind es 103 Euro, in<br />
Portugal oder Frankreich gar nur 30.<br />
<strong>ECHO</strong>: Was sind die Gründe dafür, dass die<br />
Österreicher so am Bargeld hängen?<br />
Schneider: Hierfür werden vier wichtige<br />
Gründe angegeben. Erstens ist Bargeld für<br />
viele einfach und praktisch, zweitens kann man<br />
es überall verwenden, drittens hat man einen<br />
besseren Überblick über die Ausgaben und der<br />
letzte, nicht unwesentliche Grund, ist die Anonymität.<br />
Im Schnitt hat der Österreicher 1.080<br />
Euro als Reserve zu Hause. Dieser Wert ist bei<br />
passionierten Kartenzahlen mit 1.250 Euro sogar<br />
höher. Das Zahlungsverhalten ändert sich<br />
nun mit NFC, dem kontaktlosen Zahlen, das<br />
es seit 2013 gibt. 2016 gab es 100 Millionen<br />
Transaktionen mit NFC, 2017 bereits 200 Millionen<br />
und im ersten Halbjahr <strong>2018</strong> liegt der<br />
Wert bereits bei 155 Millionen, man kann bis<br />
zum Jahresende also von 300 Millionen Transaktionen<br />
ausgehen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie erklären Sie sich diese Entwicklung?<br />
Schneider: Beim Zahlen mit Handy haben<br />
die Menschen vorerst oft noch ein unsicheres<br />
Gefühl. Da NFC über die gewohnte Bankomatkarte<br />
funktioniert, haben die Menschen<br />
keine Sicherheitsbedenken und verwenden<br />
diese Möglichkeit gern, außerdem gibt es eine<br />
Obergrenze von 25 Euro. Menschen mit höherem<br />
Einkommens- und Ausbildungsniveau,<br />
Junge im Alter zwischen 14 und 35 und technisch<br />
Interessierte verwenden das Feature am<br />
häufigsten. Interview: Maria Witting<br />
102