ECHO Top500 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
top 500 | INTERVIEW<br />
Digitalisierung konfrontiert. Es werden vor<br />
allem Mitarbeiter im IT-Bereich, Programmierer,<br />
Netzwerktechniker oder Telematiker<br />
gesucht. Es geht darum, die Vernetzung zu<br />
steigern und die Digitalisierung voranzutreiben.<br />
Um die Fachkräfte von morgen richtig<br />
auszubilden, braucht es neue Ausbildungsformen.<br />
Darum wurden in den letzten Jahren<br />
sehr viele Ressourcen in die Ausbildung<br />
junger Menschen gesteckt. Es gibt nun beispielsweise<br />
eine durchgehende Mechatronik-<br />
Ausbildung, die von der Lehre bis zum Universitätsstudium<br />
reicht. Zudem wurden die<br />
Ausbildungen in der Programmierung sowie<br />
der Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik<br />
angepasst.<br />
<strong>ECHO</strong>: Dadurch bleiben Tiroler Unternehmen<br />
national und international wettbewerbsfähig.<br />
Was ist dafür noch wichtig?<br />
Lindner: Um die Wettbewerbsfähigkeit in<br />
Tirol halten zu können, ist es wichtig, neue<br />
Produkte zu erzeugen sowie die Produktivität<br />
durch Rationalisierungsmaßnahmen<br />
zu steigern und entsprechend anzupassen.<br />
Es geht darum, vernetzt, automatisiert und<br />
arbeitsteilig zu arbeiten sowie die Digitalisierung<br />
ernstzunehmen. Es ist wichtig, in den<br />
verschiedenen Unternehmensbereichen auf<br />
dem letzten Stand zu sein.<br />
<strong>ECHO</strong>: Tiroler Wirtschaftsleistungen sind<br />
weltweit gefragt. Worin liegen die Chancen<br />
der heimischen Wirtschaft?<br />
Lindner: Eine große Chance ist sicher die<br />
Internationalisierung. Zurzeit werden zwei<br />
Drittel aller Waren- und Dienstleistungen exportiert.<br />
Unsere zentrale geografische Lage<br />
im Herzen Europas und der gute Branchenmix<br />
innerhalb der Industrie unterstützen uns<br />
dabei. Tirol verfügt über große, mittlere und<br />
kleine Unternehmen in der Pharmaindustrie,<br />
der Lebensmittel industrie, der Fahrzeugindustrie,<br />
im Maschinenbau oder der Gasindustrie.<br />
Gerade diese Vielseitigkeit punktet. Vielen<br />
Unternehmen kommt es dabei weniger<br />
auf Massenproduktion, sondern umso mehr<br />
auf hochwertige Spezialprodukte an. Diese<br />
Entwicklung ist wiederum der geo grafischen<br />
„84 Prozent aller<br />
Mitgliedsbetriebe der<br />
Wirtschaftskammer berichten<br />
über eine<br />
gute Geschäftslage.“<br />
Lage Tirols geschuldet, da weite Ausdehnungsmöglichkeiten<br />
für Unternehmen mit<br />
Massenproduktion, wie im Flachland, widmungsmäßig<br />
gar nicht möglich sind. Die<br />
445 Mitgliedsbetriebe der Sparte Industrie<br />
beschäftigen derzeit über 41.000 Mitarbeiter.<br />
Die Menschen genießen den Standortvorteil,<br />
sie schätzen die schöne Umgebung und das<br />
bemerkenswerte Freizeitangebot. Auch Gäste<br />
und Kunden besuchen uns immer wieder<br />
gern. Weitere Chancen der Tiroler Wirtschaft<br />
liegen im Bereich Forschung und Entwicklung.<br />
Hier gilt es jedoch, einen noch stärkeren<br />
Schwerpunkt zu legen. Nur so kann Tirol mit<br />
internationalen Industriezentren mithalten.<br />
Dazu benötigen wir Spezialisten, Techniker<br />
und Naturwissenschaftler und noch mehr<br />
Unterstützung aus der Politik. Nur mithilfe<br />
von F&E-Förderungen kann ein fruchtbares<br />
Umfeld für die Zusammenarbeit von Unternehmen,<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen<br />
geschaffen werden. Darum freut<br />
es mich sehr, dass sich die Fraunhofer Austria<br />
Research GmbH in Wattens neu angesiedelt<br />
hat und mit ihr die Entwicklung neuer Technologie<br />
nach Tirol gebracht werden konnte.<br />
<strong>ECHO</strong>: Sie sagten, eine der größten Herausforderungen<br />
ist die Suche nach Fachkräften.<br />
Welche Maßnahmen gilt es hier zu setzen?<br />
Lindner: Viele Familien brauchen die Unterstützung<br />
vom Land und den Gemeinden.<br />
Nur mit einer guten und an den Arbeitsmarkt<br />
angepassten Kinderbetreuung ist es beiden<br />
Elternteilen möglich, wieder ins Berufsleben<br />
zurückzukehren. Es müssen genügend Kinderbetreuungsplätze<br />
und die Möglichkeit einer<br />
Ganztagesbetreuung geschaffen werden.<br />
Die Großbetriebe sorgen hier vor und bieten<br />
oftmals eigene Kinderbetreuungsstätten an,<br />
die auch Ferienzeiten abdecken. Doch kleine<br />
und mittlere Betriebe sind meist auf die<br />
örtlichen Kindergärten angewiesen. Weiters<br />
geht es darum, die jungen Menschen gut<br />
und richtig auszubilden. Und das beginnt<br />
schon in der Grundschule. Es gilt allgemein,<br />
die Lehrpläne effizient anzupassen. Auf diesem<br />
Gebiet ist erfreulicherweise schon sehr<br />
viel geschehen. Auch die Lehrberufe dürfen<br />
nicht übersehen werden. Sie sind eine wichtige<br />
Basis für die berufliche Entwicklung eines<br />
jungen Menschen. Es ist schön, dass es in der<br />
Tiroler Industrie derzeit genügend Lehrlinge<br />
gibt. Das liegt unter anderem daran, dass diese<br />
Ausbildungsform sehr gut aufgenommen<br />
wird, die Möglichkeit der Lehre mit Matura<br />
zusätzliche Türen öffnet und viele die guten<br />
Aufstiegsmöglichkeiten erkannt haben.<br />
<strong>ECHO</strong>: Noch eine letzte Frage zum europäischen<br />
Energiemarkt. Da tut sich ja einiges.<br />
Inwiefern betreffen diese Entwicklungen die<br />
heimische Industrie?<br />
Lindner: Für Tirol geht es dabei vor allem<br />
darum, für eine wettbewerbsfähige Stromund<br />
Gasversorgung zu sorgen. Die Netzgebühren<br />
und die Stromkosten steigen zunehmend,<br />
immer wieder gibt es neue Auflagen.<br />
In Tirol haben wir die Möglichkeit, unsere<br />
Wasserkraft zu nützen und somit unabhängiger<br />
zu werden und wettbewerbsfähig zu<br />
bleiben. Der Sparte Industrie ist die rasche<br />
Umsetzung der Verwendung der Wasserkraft<br />
darum ein großes Anliegen. Es gibt auch<br />
schon viele passende Projekte von Unternehmen<br />
wie der TIWAG, doch Umweltauflagen<br />
und notwendige Bürokratie bremsen noch<br />
deren Umsetzung. <br />
<br />
Interview: Karolina Putz<br />
Foto: Dietrich<br />
46<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2018</strong>