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Kongressband Dreiländerkongress 2015 in Wien

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schaft nach 1945 ausgesprochen schwer damit, sich positiv mit der Liaison<br />

von Kunst und Psychiatrie auseinanderzusetzen.<br />

In Frankreich wurde bereits 1947 mit dem Begriff „Art Brut“ von Jean Dubuffet<br />

eine Allianz gesehen, im deutschsprachigen Raum dagegen begann man<br />

mit einer angemessen differenzierten Anschauungsweise erst ab 1970. Hier<br />

spielt sicherlich der Psychiater Leo Navratil eine große Rolle, der mit der<br />

Gründung des Künstlerhauses auf dem Gelände der Landesnervenheilanstalt<br />

Maria Gugging bei Wien die Kunst von psychiatrisch erkrankten Menschen<br />

gezielt gefördert hat.<br />

Künstler<br />

Eine der berühmtesten Persönlichkeiten aus Gugging ist sicherlich August<br />

Walla (1936-2001), welcher inzwischen zu den renommierten Künstlern der<br />

Art Brut gezählt wird. Er entwickelte ein eigenes religiöses System, das er in<br />

seinen Bildern immer wieder darzustellen versuchte und seine Werke sind<br />

aus den meisten Museen nicht mehr wegzudenken. Dieser Erfolg steht für<br />

eine Entwicklung, in der die Verbindung von psychiatrischer Erkrankung und<br />

zeitgenössische Kunst nicht mehr als Stigma wahrgenommen, sondern oft<br />

sogar als Ausdruck einer besonderen Freiheit angesehen wurde. Professionelle<br />

Künstler, man denke hier beispielsweise an Arnulf Rainer, haben ihre<br />

psychiatrische Erkrankung nicht mehr verheimlicht, sondern bewusst öffentlich<br />

thematisiert. Arnulf Rainer, geboren 1929, vielen bekannt durch seine<br />

berühmten Übermalungen, war jedoch bereits ein professioneller Künstler<br />

als er in die Psychiatrie eingewiesen wurde, wohingegen Walla erst in der<br />

Anstalt zur Kunst fand und dort die Malerei für sich entdeckte. Die beiden<br />

Beispiele verdeutlichen jedoch, wie sehr sich Kunst und Psychiatrie nach<br />

1945 wieder aufeinander zu bewegten.<br />

Allerdings scheinen über einen langen Zeitraum hinweg nur ganz bestimmte<br />

psychiatrische Krankheitsbilder auch hoffähig genug gewesen zu sein, um<br />

von der Kunstöffentlichkeit akzeptiert zu werden. Die Demenz allerdings<br />

wurde noch bis ins 21. Jahrhundert hinein stigmatisiert und durfte in Zusammenhang<br />

mit Kunst kaum je diskutiert werden. Auf der großen Retro-<br />

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