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Kongressband Dreiländerkongress 2015 in Wien

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erlebt, die in Setting und Inhalt den Charakter von Gerichtsverhandlungen<br />

hatten – mit entsprechend traumatischen Folgen (vgl. [1], [6]).<br />

Dies war nur der extremste Ausdruck einer auch sonst häufig erlebten klar<br />

hierarchischen Strukturierung, in der die psychisch kranken Menschen zu<br />

passiven Empfängern von Anweisungen und Hilfe-Leistungen wurden. In<br />

einem solchen Kontext wirkten dann auch therapeutische Standardsätze wie<br />

„Das haben Sie gut gemacht“, „Sie sind auf einem guten Weg“ etc. teils nicht<br />

mehr selbstwertstärkend und ermutigend, sondern eher auf eine herablassende<br />

Weise wohlwollend.<br />

Die Kommunikation mit Pflegemitarbeitern wurde teils schon dadurch erschwert,<br />

dass aus Zeitnot ein wirkliches In-Beziehung-Treten gar nicht möglich<br />

war. Äußere Hinweise dafür waren z.B. eine häufig geschlossene Stationszimmertür,<br />

die eine Kontaktaufnahme von vornherein verhinderte, oder<br />

fehlender Blickkontakt in Gesprächen, weil nebenbei in Akten geblättert<br />

wurde.<br />

Umso mehr ist es andererseits zu würdigen, dass sich einzelne Professionelle<br />

trotz schwieriger Rahmenbedingungen erkennbar bemühten, den Patienten<br />

mit Empathie, Respekt und persönlicher Offenheit zu begegnen. Bei<br />

diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konnte ich die Erfahrung machen:<br />

Es darf mir auch mal schlecht gehen, ohne dass ich deshalb ein schlechter<br />

und schuldiger Mensch bin. Diese oft implizit, wesentlich auch nonverbal<br />

vermittelte Botschaft – zum Beispiel schlicht durch Handhalten in einer<br />

Krisensituation - hat mir dabei geholfen, die Erkrankung als einen Teil meines<br />

Lebens anzunehmen und meine persönlichen Wege des Umgangs damit<br />

zu finden.<br />

Folgen für die Selbstwahrnehmung der Betroffenen<br />

Nach meinem persönlichen Eindruck werden die erheblichen Selbstzweifel,<br />

Schuldgefühle und Ängste, die z.B. mit einer Depression (aber auch mit vielen<br />

anderen psychischen Erkrankungen) einhergehen, gar nicht ausschließlich<br />

durch die Krankheit selbst verursacht. Vielmehr tragen sowohl die ge-<br />

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