10.01.2019 Aufrufe

Sprachen (2015)

Kongressband Dreiländerkongress 2015 in Wien

Kongressband Dreiländerkongress 2015 in Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

spektive Willem de Koonings 2005 in Wien wurden dessen späte Gemälde<br />

beispielsweise nicht in den Zusammenhang mit seiner mittlerweile bekannt<br />

gewordenen dementiellen Erkrankung in Verbindung gebracht sondern<br />

ausschließlich als Alterswerk thematisiert.<br />

Demenz<br />

Erst seit kurzem ändert sich aber auch hier die Haltung der Öffentlichkeit<br />

und das Interesse an Kunst von Menschen mit Demenz steigt - ein Phänomen,<br />

das nun auch in die moderne neurowissenschaftliche Forschung Einzug<br />

hält. Die „Neuroästhetik“ ist noch eine sehr junge Wissenschaft und kommt<br />

aus der aktuellen Hirnforschung. Ihr Hauptinteresse gilt der Verknüpfung<br />

von neuronalen Mustern mit dem künstlerischen Prozess sowie mit der<br />

ästhetischen Wahrnehmung. Dabei ist beabsichtigt, mit Hilfe bildgebender<br />

Messtechnik Kreativität im Gehirn zu lokalisieren und die verantwortlichen<br />

Neuronen zu identifizieren. Wie und wo lässt sich neurophysiologisch ein<br />

künstlerischer Schaffensprozess verorten? Kann man eine künstlerische<br />

Begabung neurobiologisch erklären?<br />

Vom neurologischen Standpunkt aus wissen wir, dass sich die zeichnerische<br />

Kompetenz bei Alzheimer-Erkrankungen verändert. Die Betroffenen verlieren<br />

ihre visuokonstruktiven Fähigkeiten, sind also irgendwann nicht mehr in<br />

der Lage, z.B. räumlich zu malen. Die Zeichnungen werden immer einfacher<br />

und lassen essentielle Details vermissen, nicht selten werden schriftliche<br />

Elemente hinzugefügt, um die Darstellung zu vervollständigen. Die Bilder<br />

haben einen starken Rechtsdrall und man merkt ihnen ein eigenartiges Bedürfnis<br />

nach Verkleinerung an, Winkeldarstellungen werden vermieden und<br />

einzelne Elemente oft wiederholt („repetierendes Element“). Einige dieser<br />

Merkmale können wir auch bei Willem de Kooning wiedererkennen. Dürfen<br />

wir nun diese Bilder, oder ganz allgemein gesprochen, Bilder von Menschen<br />

mit Demenz, auch wenn sie kompositorisch gelungen und in sich geschlossen<br />

wirken, ausschließlich unter neurologischen Gesichtspunkten betrachten?<br />

146

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!