Develop³ Systems Engineering 02.2016
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; Köpfe der Wissenschaft: Prof. Reinhard Hüttl, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech), und Dipl.-Ing. Arno Kühn, Fraunhofer IEM
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS/LEITTECHNIK<br />
ANWENDUNGEN<br />
Kontakt<br />
INFO<br />
Guardus Solutions AG<br />
Ulm<br />
Tel. +49 731 880177-0<br />
www.guardus-mes.de<br />
Bild: Guardus<br />
Die Abbildung vollständiger Datenbeziehungen<br />
ist eine Voraussetzung für das Bewe-<br />
gungsprofil intelligenter Werkstücke<br />
Maschine, Produkt und Mensch über sämtliche Anlagen und Prozesse<br />
hinweg in sich vereint. Das Werkstück meldet sich mit seiner Seriennummer<br />
an der Anlage an, die die Information zur Identifizierung an<br />
das MES übergibt. Dieses eruiert anhand der Seriennummer alle<br />
entsprechenden Einstelldaten sowie die Prozessparameter (z.B. DNC-<br />
Programme) der jeweiligen Anlage und schickt sie an die Maschinen-IT.<br />
Ist der Produktionsprozess angestoßen, verlangt das MES von den<br />
Akteuren alle relevanten Produkt- und Prozessdaten, die während der<br />
Herstellung entstehen und zum Zwecke der Prozess- und Qualitätsüberwachung<br />
benötigt werden.<br />
Die so skizzierte Datenintegration hat jedoch auch Hemmschwellen zu<br />
überwinden. Zum einen zeichnet sich der Maschinenbestand in vielen<br />
Fertigungsbereichen durch eine hohe Heterogenität hinsichtlich<br />
Lebensalter und Hersteller aus. Manche Produktionsmaschinen verfügen<br />
dabei über moderne Automatisierungs- und Steuerungskonzepte<br />
zur Produktionsdatenübernahme – zum Beispiel über intelligente OPC-<br />
Server-Strukturen – während andere nur rudimentäre Integrationsmöglichkeiten<br />
bieten. Eine Vielzahl an Automatisierungsprogrammen mit<br />
unterschiedlichen Technologieständen muss daher harmonisiert werden,<br />
um alle Daten vereinheitlichen und zusammenführen zu können.<br />
Einen wirtschaftlichen Weg aus diesem Dilemma bieten Layer-basierte<br />
Integrationskonzepte. Darin werden die Anlagen auf ihrer Steuerungsebene<br />
um ein maschinenherstellerunabhängiges Interface ergänzt. Die<br />
Sensorik dieses Bausteins empfängt die Maschinensignale und leitet<br />
sie über ein standardisiertes Gateway an die übergeordnete Scada-<br />
Ebene (den Datensammler der Automatisierung) weiter. Der Scada-<br />
Layer sammelt nun die erforderlichen Prozessdaten der angeschlossenen<br />
Teilnehmer und gibt sie selektiert sowie verdichtet an das MES<br />
weiter. Grundlage für den Transfer sind Konfigurationstabellen, die<br />
exakt beschreiben, welche Prozessparameter in welcher Aggregationsstufe<br />
pro Maschine (Station, Workcenter, etc.) benötigt werden. Ein<br />
ähnlicher Integrationsprozess empfiehlt sich auch bei den umgebenden<br />
Mess- und Prüfsystemen. Darüber hinaus ist auch der umgekehrte<br />
Kommunikationsweg vom MES in die Anlagen-IT möglich.<br />
Dieses Konzept entwickelt sich mehr und mehr zum sichersten und<br />
kostengünstigsten Weg, viele verschiedene Produktionseinheiten mit<br />
einer standardisierten Schnittstelle für die Maschinendatenintegration<br />
zum MES zu versehen. Die Layer-basierte Topologie spiegelt sich<br />
bereits heute in der ISO 22400-2 „Key performance indicators (KPIs)<br />
for manufacturing operations management“ sowie der IEC 62264<br />
„Enterprise Control System Integration“ wider. Im Rahmen der Industrie-4.0-Vision<br />
wurden auch erste Ansätze in Form eines Referenz-<br />
Architekturmodells für Industrie 4.0 (RAMI) veröffentlicht, die das<br />
Architekturmodell der IEC 62264 integrieren.<br />
Integrationsraum 3 – Der Weg ist das Ziel<br />
Ist der Automatisierungsgrad einer Industrie-4.0-Technoshpäre besonders<br />
hoch, sammelt die Prozessleitebene oftmals auch produkt- und<br />
prozessrelevante MES-Informationen – der Interaktionskreis ist<br />
geschlossen. Leider kommen im realen Fertigungsalltag mehrere<br />
Anlagenhersteller zum Zug, wodurch die jeweils integrierten MES-<br />
Bausteine lediglich das Prozessdaten-Bruchstück der verketteten<br />
Maschinenanlagen verwalten. Ein Produkt durchläuft im Rahmen<br />
seiner Herstellung jedoch normalerweise mehrere Fertigungsstufen,<br />
die automatisierungstechnisch voneinander unabhängig sind, sodass<br />
sich kein vollständiges Datenbild über alle Prozessparameter ergeben<br />
kann. Aufgrund dessen bedarf es einer unabhängigen MES-Instanz, die<br />
alle Prozessparameter von Anlagen verschiedener Hersteller in einer<br />
integrierten Datenbasis speichert.<br />
Integrationsraum 4 – Für den Fall der Fälle<br />
Auch Cyber Physical <strong>Systems</strong> sind vor Qualitätsproblemen nicht gefeit.<br />
Gerade die hohe Komplexität der zugrundeliegenden Infrastruktur<br />
macht das Konstrukt störanfällig. Es bedarf also einer umfassenden<br />
Traceability aller Komponenten. Nur so kann im Fehlerfall die Ursache<br />
schnell und sicher identifiziert werden. Ein lückenloses Bewegungs -<br />
profil auf Einzelteilebene lässt sich dank der drei beschriebenen Integrationsräume<br />
praktikabel umsetzen. An jedem Meldepunkt einer<br />
Anlage identifiziert sich das Werkstück mittels eineindeutiger Seriennummer,<br />
wobei die im Produktionsprozess entstehenden Produkt- und<br />
Prozessdaten zugeordnet und abgespeichert werden.<br />
Die Herausforderung bei Industrie 4.0 wird sein, integrative Prozesse,<br />
die heute bereits schon vereinzelt angewandt werden, zu standardisieren<br />
und allgemeingültig aufzustellen. Gleichzeitig gilt es, die Produktion<br />
stärker als bislang mit IT-gestützten Prozessen auszustatten und visionäre<br />
Aspekte stets auf den Einzelfall zu überprüfen, ob diese auch<br />
betriebswirtschaftlich sinnvoll angewendet werden können.<br />
Der Autor: Andreas Kirsch, Vorstand Guardus Solutions AG<br />
develop 3 systems engineering 02 2016 45