Synagogen in Nordrhein-Westfalen
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Die Halbkugel und ihr Vorbild
Der Synagogenbau ist in seiner Ausführung einzigartig in Deutschland. Die
Architekten orientierten sich bei der Gestaltung des Gebäudekomplexes nicht
nur an den Gegebenheiten des Grundstücks, sondern kannten auch die Park
Synagogue in Cleveland (USA), die Erich Mendelsohn gestaltet hatte und die
1950 eingeweiht worden war. Sie befindet sich ebenfalls auf einem keilförmigen
Grundstück, welches einen halbkugelförmigen Synagogenbau in der Spitze
beherbergt. Der Essener Komplex folgt bei der Anordnung der Gebäudeteile dem
Vorbild in Cleveland. Heinz Heise und Dieter Knoblauch erachteten zudem den
runden Grundriss ihrer Synagoge als Symbol für den monotheistischen Glauben
der Gemeinde. Die mit Kupfer bedeckte und mit Kork isolierte Halbkugel besitzt
keine Fenster, sondern lediglich rechteckige Öffnungen, die mit bunten runden
Glasbausteinen gefüllt sind. Diese lassen nur gedimmtes Licht in das Innere
der Synagoge (Abb. 2). Der Thoraschrein liegt direkt auf der Grundstücksachse,
durch die flankierenden Gangbauten befindet sich der Schrein im Inneren des
Areals. Außerdem wurde die unzugänglich wirkende Halbkugel von den beiden
Architekten gewählt, um durch die Abgeschlossenheit nach außen die
Konzentration auf das Innere zu steigern und einen Raum religiöser Kontemplation
zu schaffen. Doch nicht nur der Synagogenbau erscheint undurchdringlich,
sondern der gesamte Komplex. Er wirkt zwischen den umliegenden Wohnhäusern
wie eine Insel, die für Außenstehende nur schwer zugänglich ist.
Im Inneren des Gebäudekomplexes, gerahmt durch die Architektur, liegt ein
kleiner Garten (Abb. 3). Er ist mit einem Brunnen und einer steinernen Skulptur
von Dieter Kerchner (1933-1994) ausgestattet, die an die vielen Opfer des
Nationalsozialismus erinnern soll (Abb. 4). Am Eingang des Gartens, der durch
das Foyer betreten werden kann, wurde eine eiserne Tür aus der Alten Synagoge
verwendet. Die Architektur ist eng verknüpft mit den Symbolen des jüdischen
Glaubens, die an verschiedenen Orten in und an der Synagoge angebracht sind.
Als Beispiel zu nennen ist der Davidstern aus Glasbausteinen im Scheitel der
Kuppel, der gleichzeitig als Lichtquelle dient. Der Bau wird sowohl von außen als
auch von innen durch Gedenk- und Bildtafeln sowie durch Buntglasfenster im
Treppenhaus des Gemeindezentrums, die je eine Geschichte erzählen und auf die
Vergangenheit verweisen, unterstützt.
Der Wandel der Architektur nach dem Krieg ist in der Gestaltung der Synagoge
erkennbar. Ihre Erscheinungsform bezieht sich auf Mendelsohns Synagoge in
Cleveland und verweist zudem auch auf den lokalen Kontext jüdischen Bauens,
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Abb. 2