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Synagogen in Nordrhein-Westfalen

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Abb. 5

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Bauten erneut auf, und in einer weitgehend konservativen Umwelt bleiben die

Juden Außenseiter“ (Hammer-Schenk 1981, S. 544). Trotz des Selbstbilds, trotz

bisweilen übertriebenem Patriotismus, trotz unzähliger öffentlicher Bekenntnisse

der deutschen Jüdinnen und Juden gewann der radikale, zunehmend rassistisch

argumentierende Antisemitismus in allen gesellschaftlichen Schichten des

Deutschen Reiches weiter Zuwachs. Dabei stand der angeblichen „Verjudung“

des Landes im Jahr 1925 ein Bevölkerungsanteil von nur 0,8 Prozent gegenüber,

etwa 680.000 Menschen. Dagegen lebten 1930 in Polen etwa 3.500.000

Menschen jüdischer Herkunft, von denen ab 1939 unter der deutschen Besatzung

über drei Millionen umgebracht wurden.

III. Fun letstn khurbn – Der deutsche NS-Staat vernichtet die

Jüdinnen und Juden Europas

Am 9. November 1938 – teilweise durch „private Initiative“ schon vorher –

zerstörten auf Anweisung der NS-Behörden ein pöbelnder SA-Mob sowie

willfährige Teile der jeweils ortsansässigen Bevölkerung reichsweit etwa 1.400

Synagogen nebst ca. 7.500 privaten und öffentlichen Bauten. Die Feuerwehr griff

in der Regel nur ein, wenn die Synagogen nicht isoliert standen, sondern in eine

Häuserzeile integriert waren und die gelegten Brände die anliegenden Gebäude

hätten beschädigen können. Die ausgebrannten und demolierten Ruinen

mussten in den folgenden Wochen und Monaten von den jüdischen Gemeinden

selbst und kostenpflichtig abgetragen werden. Etwa 30.000 Gemeindemitglieder

wurden verhaftet und misshandelt oder in Konzentrationslager verschleppt.

Für das bittere Ende des, wie gesehen, sich zum Großteil unbedingt als

Deutsche identifizierenden Judentums, „eine Geschichte großer Tragik und

großen Scheiterns“ (Waldmann 2010, S. 13), ein Beispiel: Von den 3.174

zwischen März 1942 und Februar 1943 aus Mainz Deportierten konnten im Juni

1945 auf Anweisung der amerikanischen Besatzung mit einem Bus unter der

Aufschrift „Goldenes Mainz“ nur 24 Menschen aus dem Ghetto Theresienstadt

in ihre Heimatstadt zurückgeholt werden. Der Großteil der Überlebenden, die

es in die besetzten West-Zonen Deutschlands verschlug, stammte nicht aus

den Gemeinden oder aus dem ehemaligen Reichsgebiet selbst. Davon gibt

die erste jüdische Zeitung der Nachkriegszeit, das 1947 in der amerikanischen

Zone erscheinende Magazin Fun letstn khurbn (dt. Von der letzten Katastrophe,

Fleckenstein 2011, S. 25), ein beredtes Zeugnis. Dabei kündigte es in seinem fast

minimalistischen Titel zweierlei an: Das jüdische Publikum der Nachkriegszeit

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