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Synagogen in Nordrhein-Westfalen

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benachbarte Oberpostdirektion verwiesen, welche 1895 mit Sandstein in einem

neogotischen Stil erbaut worden war und als Inspiration und Orientierung

genutzt werden konnte. Ein Jahr nach der Veröffentlichung des Wettbewerbs

für den Synagogenneubau trat das Preisgericht zusammen, welches sowohl aus

Regierungs- und Bauräten als auch aus Vorstehern der Synagogengemeinde

bestand. Insgesamt waren 59 Entwürfe eingereicht worden, von denen elf in die

engere Auswahl kamen.

Der Architekt

Eduard Fürstenau hatte zwei Versionen eingereicht und gewann mit beiden den

ersten Preis, wobei der „Variante B“ genannte Entwurf bevorzugt wurde. Der

1862 in Marburg geborene Fürstenau absolvierte ab 1879 ein Architekturstudium

in Berlin. Dort war er mit den Debatten um die angemessene Verwendung

historischer Baustile im zeitgenössischen Baugeschehen konfrontiert und

konnte ihre Auswirkungen auf die Architektur unter den preußischen Monarchen

unmittelbar rezipieren. Sowohl national geprägte Bauelemente, als auch

traditionelle Formen des frühen 16. Jahrhunderts – die Zeit der Reformation und

des Humanismus – zeichneten in der Folge seine Bauten aus. Er bediente sich

aus einem umfangreichen historischen Formenrepertoire und schuf dadurch

eine neuartige Symbiose aus verschiedenen Stilen. Seine Herangehensweise

verstand er als eine Bewahrung von Tradition, weshalb er die zu Beginn des 20.

Jahrhunderts aufkommenden modernen Stile ablehnte und weiterhin historistisch

baute. Die Synagoge in Dortmund war sein erster sakraler Bau. Danach führte er

auch in Siegen (1903) und Bielefeld (1905) [ S. 149 ] Synagogen aus, für die

Dortmund oft als Vorbild gesehen wird. Fürstenau starb im Mai 1938, den Abriss

seiner Synagogen ab Oktober musste er nicht mehr miterleben.

Die Entwürfe

Die beiden von Fürstenau eingereichten Entwürfe waren, abgesehen von

einem Aspekt, sehr ähnlich. Er hatte sich in beiden Fällen für einen Zentralbau

entschieden, welcher die Form eines gestreckten Achtecks besaß. Plan A

entsprach in allen Punkten dem ausgeschriebenen Wettbewerbsregeln. Die klare

West-Ost Achse wurde eingehalten, wodurch eine mit der Straße abschließende

Front zum Hiltropwall nicht möglich war. Fürstenau hatte den Haupteingang

daher so konzipiert, dass man über eine diagonal angelegte Eingangsfront in das

Gebäude eintrat. Variante B war stärker auf die vorhandene städtische Struktur

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ausgelegt und verzichtete auf die Ausrichtung nach Osten. Der Bau war in sich

klarer gestaltet und die Hauptfassade parallel zur Straße ausgerichtet. Durch

eine derartige Gebäudedisposition konnten auch die Aufteilung und Nutzung

der Räumlichkeiten begünstigt werden.

Zwar ist eine Ostung von Synagogenbauten üblich, jedoch handelt es sich nicht

um eine strikte Vorschrift, weshalb sich die Jury und die Gemeinde berieten, ob

auf diese Tradition verzichtet werden kann. Aufgrund der Praktikabilität bestanden

die Beteiligten nicht länger auf diese ursprüngliche Bedingung des Wettbewerbs

und entschieden sich für die Einfachheit und Klarheit des Bauwerks im zweiten

Entwurf. Im Vergleich zu den anderen eingereichten Beiträgen punktete Fürstenau

mit seiner Kombination aus idealer Nutzung des vorhandenen Raumes und der

Verwendung der bevorzugten Bauformen. Andere Vorschläge wurden entweder

auf Grund einer unpraktischen Darstellung innerhalb des Stadtgefüges, oder

wegen zu gegensätzlicher und auffälliger Bauformen abgelehnt.

Die Architektur

1898 wurde mit dem Bau der Synagoge begonnen. Auch während der Bauphase

nahm die jüdische Gemeinde Einfluss auf das Projekt und beteiligte sich an der

weiteren Entwicklung des Gebäudes, so konnten sowohl die Verkleidung der

Außenfassade mit rotem Sandstein als auch die Innenausstattung durch diese

Unterstützung aufgewertet werden. Nach einer relativ kurzen Bauzeit war das

neue Gotteshaus zwei Jahre später vollendet.

Das fertige Gebäude besaß eine Raumhöhe von ca. 22 Metern mit einer

Grundfläche von 28,5 Metern x 47,5 Metern (Abb. 1). Nach Änderungen des

ursprünglichen Entwurfs wurde statt des geplanten Oktogons ein Quadrat mit

abgerundeten Ecken als Grundriss gewählt. Zudem war die Synagoge entgegen

den ersten Planungen nun circa 13 Meter von der Straße zurück versetzt

worden. Dadurch entstand vor dem Haupteingang eine kleine Platzsituation, die

gleichzeitig zu einer Entrückung von der Straße und damit vom Alltagsleben

führte. Dem Hauptraum war ein rechteckiges Vestibül vorgelagert, das

Garderoben und Treppen aufnahm. Das Zentrum der Synagoge war mit einer

Kuppel, die sich über einen Tambour erstreckte, überdacht. Bekrönt wurde diese

Dachkonstruktion von einer Laterne mit Kugel und Davidstern.

Der Hauptraum war von zweigeschossigen Seitenschiffen flankiert, welche sich

durch Säulen zum Mittelschiff öffneten. Sowohl im Erdgeschoss als auch oberhalb

der Emporen war die Deckengestaltung mit einem Kreuzgewölbe versehen

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