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Synagogen in Nordrhein-Westfalen

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Diese übernahm das Gemeindehaus und richtete hier einen kleinen Betsaal

ein. Er wurde anschließend mehrfach umgestaltet und diente bis 2010 für den

Gottesdienst.

Ein Synagogenneubau wurde zwar schon kurz nach Kriegsende erwogen, kam

aber aufgrund der kleinen Gemeinde und mangelnder öffentlicher Unterstützung

nicht zustande. 1970 schlossen sich die Herforder und die Detmolder Gemeinde

zusammen, unter anderem um einen gemeinsamen Synagogenbau am Standort

des alten Gotteshauses zu realisieren. Erst mit dem Beginn der 1990er Jahre

wurden diese Pläne konkreter. Es dauerte dann trotzdem noch einmal mehr als

15 Jahre, bis am 29. Mai 2008 der erste Spatenstich gesetzt wurde. Noch im

gleichen Jahr fand das Richtfest statt und am 14. März 2010 feierte die Gemeinde

Herford-Detmold die Einweihung ihrer Synagoge (Abb. 3).

Der Neubau steht aufgrund der ungünstigen Bodenverhältnisse auf

Betonpfeilern. Seine äußere Gestaltung ist dem 1938 fast unversehrt gebliebenen

Gemeindehaus von 1892/93 angepasst und besitzt deutlich die neogotische

Architektur. Das Maßwerk am Südgiebel der Synagoge zeigt ein Relief aus

Sandstein mit den sechs Schöpfungstagen und dem Ruhetag. Der Türsturz

über dem Eingangsportal gibt den Spruch aus Jesaja 56, 7 auf hebräisch sowie

deutsch wieder, der auch an der alten Synagoge angebracht war: „Denn mein

Haus soll ein Bethaus sein für alle Völker“.

Im Erdgeschoss befindet sich der Gemeinschaftsraum, der modern und schlicht

eingerichtet wurde und für Feierlichkeiten genutzt wird. Im Untergeschoss ist

die gesamte Versorgung für das Haus inklusive zweier Küchen, von denen eine

koscher ist, und die Sanitäranlagen untergebracht. Außerdem hängen hier alte

Entwürfe und Architekturpläne der umgebauten Synagoge von 1892/93 an den

Wänden. Die Verglasung des quadratischen Fensters im Treppenhaus stellt

einen zerrissenen Davidstern dar, der zeigen soll, wie stark das jüdische Volk auf

der Erde verstreut ist.

Das Tonnengewölbe des Betraumes, welcher sich im Obergeschoss befindet,

ist mit 248 Lichtern versehen (Abb. 4). Es zeigt den Himmel mit den Sternen

über Jerusalem zu Rosch ha-Schana im jüdischen Jahr 5770. Die Berechnungen

hierfür hat Bernhard Brauner von der Sternwarte des Friedrich-Gymnasiums

Herford gemacht. Die Anzahl der Sterne wurde gewählt, weil 248 Gebote das

jüdische Leben begleiten. Die Bleiverglasung der Fenster im Betraum soll die

vielen Tränen der Freude, aber auch der Trauer wiedergeben. Da es sich um eine

reformierte jüdische Gemeinde handelt, gibt es keine Frauenempore.

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Das Gemeinde- und Schulhaus in der Komturtraße 21

Das ebenfalls 1892/93 errichtete und heute noch erhaltene Gemeinde- und

Schulhaus entstand an der Stelle eines alten, baufälligen Fachwerkhauses.

Neben dem Schullokal wurde im Erdgeschoss ein Versammlungssaal für den

Gemeindevorstand und in den beiden oberen Geschossen Wohnungen für den

Lehrer und den Prediger geschaffen. Bei dem Gebäude handelt es sich um

ein zweigeschossiges massives Bauwerk, das etwas aus der Fluchtlinie der

Bebauung in dieser Straße hervorragt. Das steile Satteldach sitzt auf einem

Drempel auf, der mit einem farblich abgesetzten Fries geschmückt ist (Abb. 3).

Wie bereits erwähnt lieferte für diesen Bau wohl ebenfalls der Architekt Schubert

den Entwurf, wie bei der parallel errichteten Synagoge lag die Bauausführung

in den Händen von Althoff und Lakemeier. Die neogotische Formensprache

erscheint lediglich an der südlichen Straßenfront und an der Westfassade.

Die heute freiliegende Ostfassade wurde früher durch ein angrenzendes

Fachwerkhaus verdeckt. Die rückwärtige Giebelfront ist schlicht und

schmucklos. Die beiden Schaufassaden sind durch waagerecht verlaufende,

glasierte Ziegelreihen, Stockwerk- und Sohlbankgesimse gegliedert. Die

Fenster im Erdgeschoss mit Bleisprossen und farbiger Verglasung blieben im

Originalzustand erhalten. Im Rahmen eines Umbaus im Jahr 1919 wurde der

Zugang von der Traufseite an die rückwärtige Giebelseite verlegt.

Der Friedhof an der Friedhofsstraße

Der jüdische Friedhof ist einer der wenigen in Nordrhein-Westfalen,

der einen relativ großen, gut erhaltenen Bestand an Grabsteinen des

17. Jahrhundert aufweist. Das Areal ist mehrfach erweitert worden, zuletzt

vermutlich im Jahr 1908. Die Halle, die unmittelbar hinter dem eisernen

Eingangstor auf dem jüngeren Friedhofsteil steht, wurde 1909 errichtet. Das

mit einem Satteldach versehene Backsteingebäude auf rechteckigem Grundriss

gehört zu den wenigen historischen jüdischen Friedhofshallen in Nordrhein-

Westfalen, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft überstanden haben.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden in dem Gebäude Zwangsarbeiter/

innen zeitweise einquartiert, die die Grabsteine vom älteren Teil abräumen

mussten. Auf der freien Fläche sollten Gemüse und Kartoffeln angebaut werden.

Die Steine blieben erhalten und konnten in den 1960er Jahren wieder aufgestellt

werden, wobei allerdings die ursprüngliche Reihenfolge nicht beachtet wurde.

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