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Synagogen in Nordrhein-Westfalen

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1787 entstand der Stadtteil Carlstadt, benannt nach dem Kurfürsten Carl

Theodor (1724-1799), in welchem die jüdische Gemeinde ein Grundstück an der

Kasernenstraße erwarb und eine Synagoge durch den Architekten Peter Köhler

auf Grundlage der Pläne von Peter Joseph Krahe (1758-1840) gestalten ließ.

Vermutlich war sie im Stil des Klassizismus erbaut und verband schon damals

die Funktionen eines Gemeinde- und eines Gebetshauses. Am 24. März 1792

wurde sie geweiht.

Da die jüdische Gemeinde bis 1850 aber auf bis zu 500 Mitglieder angewachsen

war und die Synagoge zu klein wurde, entschied man sich 1851 für einen

Umbau, der allerdings nicht realisiert wurde. Stattdessen erfolgten 1873 ein

gänzlicher Abriss und anschließender Neubau auf dem Areal. Dieser wurde von

den Architekten Deckers & Kühn geplant, 1875 vollendet und am 10. September

desselben Jahres eingeweiht. Über den Stil dieses Gebäudes ist nichts erhalten,

aus einem Bericht des Düsseldorfer Anzeigers geht jedoch hervor, dass ihm eine

„Schönheit und Eleganz“ bescheinigt wurde, während die Düsseldorfer Zeitung

den Bau als einen „im gothischen Stile erbauten Tempel“ beschrieb (Suchy;

Knufinke 2013, S. 23). Die Historikerin Barbara Suchy bezieht sich auf eine

Zeichnung der Architekten, wenn sie angibt, dass der Bau maurische Elemente

aufgewiesen haben muss (Ebd.).

Nur wenige Jahre später erwies sich auch diese Synagoge als zu klein, sodass die

Gemeinde bereits 1899 ein neues Grundstück an der Kasernenstraße erwarb und

einen öffentlichen Wettbewerb für die Gestaltung ausschrieb. Zu dieser Zeit war

die Gemeinde auf 2000 Mitglieder angewachsen. Der Architekt Joseph Kleesattel

erhielt den Zuschlag und plante die Große Synagoge in dem für Synagogenbauten

in dieser Zeit typischen romanischen Stil. Das Gebäude wurde am 6. September

1904 eingeweiht. Es fungierte als Zeichen des Integrationswillens der jüdischen

Bevölkerung und war gegenüber dem Schauspielhaus errichtet deutlich im

Stadtbild sichtbar. Da diese Synagoge für einen liberalen Gottesdienst ausgelegt

war und daher eine Orgel besaß, entstand nahezu zeitgleich in der Bilker Straße

eine Synagoge für orthodoxe Gläubige. Nachdem diese erst in die Poststraße

verlegt wurde und dort dann nach 1933 geschlossen wurde, entschloss sich die

Gemeinde der Synagoge in der Kasernenstraße in ihrer Wochentagssynagoge

auch einen orthodox-polnischen Gottesdienst anzubieten.

Im Zuge der Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November

1938 wurde die Synagoge durch staatliche Anweisung in Brand gesetzt und

nur wenige Tage später wurden ihre baulichen Reste auf Kosten der jüdischen

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Gemeinde abgetragen. Ende 1939 entstand auf dem Areal ein Hochbunker.

Heute befindet sich dort das Gebäude der Verlagsgruppe Handelsblatt.

Neue Synagoge

Nach Mai 1945 lebten zunächst 57 Juden und Jüdinnen in Düsseldorf. Hier

gründeten sie eine Einheitsgemeinde, als deren erstes großes Ereignis die

Einweihung einer Gedenktafel an der Kasernenstraße am 9. November 1946 gilt.

Trotz des immer noch vorherrschenden Antisemitismus wuchs die Gemeinde

um das Jahr 1948 an und begann in den kommenden Jahren, eine Synagoge zu

planen. Sie wurde schließlich am 7. September 1958 eingeweiht und entstand

nach den Entwürfen des Architekten Hermann Zvi Guttmann (1917-1977).

Der Komplex enthält neben der Synagoge mit 250 Sitzplätzen für Männer und

weiteren 150 auf der Empore für Frauen auch ein Gemeindezentrum. Zudem

gibt es einen kleinen Betsaal, der bereits am 28. März 1958 eingeweiht werden

konnte. Zu diesem Zeitpunkt zählte die Gemeinde 850 Mitglieder. Im Jahr

1997 gehörten ihr 4.600 Mitglieder an, was etwa dem Stand von 1923/1924

entsprochen haben dürfte. Heute sind es etwa 7.500 Personen.

Für ihren Neubau hatte die Gemeinde im Dezember 1953 ein 2.400 Quadratmeter

großes Grundstück an der Ecke Zieten- und Mauerstraße erworben, vermutlich

unter anderem, weil es eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr bot.

Interessant ist die Wahl dieses Ortes aber besonders, weil die Gemeinde damit

das unmittelbare Stadtzentrum verließ und keinen historischen Standort wählte

bzw. wählen konnte. Ihr war seitens der Stadt verdeutlicht worden, dass sie

auf ihr zentral gelegenes Grundstück in der Kasernenstraße nicht zurückgreifen

könne; es war schon 1949 anderweitig in die Stadtplanung einbezogen worden.

Für die Gestaltung der Neuen Synagoge schrieb die Gemeinde im Oktober 1956

einen kleinen Wettbewerb unter fünf von ihr ausgewählten Architekten aus.

Anfragen mit der Bitte um Skizzen und Kostenvoranschläge gingen dabei neben

Guttmann an Gerhard Rehder, Hanns Schwippert, Jakob Walter und Emanuel

Lindner. Guttmann war der einzige jüdische Architekt unter ihnen. Ihn zeichnete

zudem aus, dass er zur gleichen Zeit seine erste Synagoge in Offenbach baute

und daher Expertise und Sachverstand mitbrachte. In Düsseldorf realisiert er

dann sein zweites, aber gleichzeitig erstes großes Synagogenprojekt. In der

Stadt entwarf er zudem ein Mehrfamilienwohnhaus für die Bauherrin Hellen

Israel und einen Neu- oder Umbau für das Modegeschäft ihres Mannes.

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