Nr. 66 - Frühling 2018

nämlich sehr schnell klar, dass der Wunsch seines Kunden
vor allem darauf abzielte, dass der zukünftige Park bei
den Besuchern Eindruck machen und sie erstaunen sollte.
Deshalb holte er sich seine Inspiration an einem Ort, von
dem er wusste, dass man dort die extravagantesten und
modernsten Parks der damaligen Zeit schuf: in Paris.
Er kam mit einem Koffer voller Ideen zurück, von
denen eine ausgefallener als die andere war. Es dauerte
auch nicht lange, bis diese im Parc de Majolan umgesetzt
wurden. Die verschiedensten « Verrücktheiten » nahmen
Gestalt an: Es entstanden nachgestellte Ruinen, Brücken,
von denen eine erstaunlicher als die andere war,
eine romanische Kapelle, ein « Mini-Canyon » am Ufer
des Sees, Bänke aus Kieselsteinen und bunten Mosaiken,
eine Vielzahl von Höhlen, die für Romantik sorgen sollten.
Letztere waren lange Zeit die größten vollkommen
künstlich erbauten Höhlen ihrer Art in Europa, und sie
werden heute noch als beispielhaft angesehen. Wie die
meisten Einrichtungen des Parks hatten sie zwar ein ganz
« natürliches » Aussehen, in Wirklichkeit bestanden sie
jedoch aus Kalk und Zement, einem für die damalige Zeit
ganz neuartigen Material, aus dem sich in der Folge bei
Gartengestaltern eine regelrechte Felskunst entwickelte.
Zwischen 1870 und 1880 wurde also in Blanquefort
nach und nach ein sprichwörtliches Reich der Illusionen
erschaffen. « Moderner » ausgedrückt würde man heute
sagen: ein Vorläufer von Disneyland … Es ist nicht überliefert,
ob die Tochter des Bankiers Piganeau wieder lächeln
konnte. Dagegen weiß man, dass ihr Vater bank rott
ging, dass Schloss und Park verkauft wurden und lange
Zeit verwahrlosten, bevor 1975 glücklicherweise die Gemeinde
Blanquefort das Gut kaufte und beschloss, den
Park zu neuem Leben zu erwecken.
Heute ist der Parc de Majolan als Monument historique
klassifiziert und wurde darüber hinaus mit dem Label
Jardin remarquable ausgezeichnet. Und nach wie vor ruft
sein besonderes Aussehen bei vielen Besuchern Erstaunen
hervor.
Wo? In Blanquefort (Nouvelle-Aquitaine), Avenue du Général de Gaulle, nur 20 Minuten vom Zentrum von Bordeaux entfernt.
Ganzjährig geöffnet. Eintritt frei. Besichtigung der Höhlen vom 1. April bis 30. September am Wochenende und an Feiertagen von 14 bis 19 Uhr.
Frankreich erleben · Frühling 2018 · 81