Nr. 66 - Frühling 2018
Locronan: die bretonische Seele par excellence Pays de la Loire: mit dem Hausboot auf der Mayenne Burgund: Vill'Art, das zweite Leben eines Steinbruchs Provence: Salagon, ein einzigartiger Ort, um die Hochprovence zu verstehen Chantals Rezept: Spinatsalat mit harten Eiern und knusprigen Hähnchenflügeln
Locronan: die bretonische Seele par excellence
Pays de la Loire: mit dem Hausboot auf der Mayenne
Burgund: Vill'Art, das zweite Leben eines Steinbruchs
Provence: Salagon, ein einzigartiger Ort, um die Hochprovence zu verstehen
Chantals Rezept: Spinatsalat mit harten Eiern und knusprigen Hähnchenflügeln
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FRANKREICH HEUTE Politik<br />
Emmanuel Macron<br />
will afrikanische<br />
Kunstwerke<br />
zurückgeben<br />
Es war vor einigen Monaten, genauer gesagt am 28.<br />
November 2017. Im Beisein des Präsidenten der<br />
Republik Burkina Faso, wo er zu einem Staatsbesuch<br />
weilte, hielt Emmanuel Macron eine längere Rede vor<br />
Studenten der Ki-Zerbo-Universität in Ouagadougou. Die<br />
Anwesenden wurden plötzlich besonders aufmerksam, als<br />
der französische Präsident ankündigte, « dass das afrikanische<br />
Kulturerbe nicht ausschließlich in privaten Sammlungen<br />
und europäischen Museen bleiben kann […] Ich<br />
kann nicht akzeptieren, dass sich ein großer Teil des Kulturerbes<br />
mehrerer afrikanischer Länder in Frankreich befindet.<br />
Es gibt historische Begründungen dafür, aber es gibt<br />
keine stichhaltige, beständige und uneingeschränkte<br />
Rechtfertigung. » Das Publikum setzte bereits an, Beifall zu<br />
spenden, als Macron fortfuhr: « Ich will, dass bis in fünf<br />
Jahren alle Bedingungen für eine temporäre oder definitive<br />
Restitution des afrikanischen Kulturerbes an Afrika erfüllt<br />
sind. »<br />
Der Satz mag banal klingen. Aus dem Munde des<br />
amtierenden französischen Staatspräsidenten könnte er<br />
jedoch eine kleine Revolution auslösen und jahrzehntelange<br />
französische Praktiken und Standpunkte mit einem<br />
Handstreich einfach beiseite wischen. Umso mehr, als<br />
dass diese Aussage im überfüllten Auditorium einer afrikanischen<br />
Universität fiel, also an einem Ort, « an dem<br />
man nicht täuschen kann », wie Emmanuel Macron selbst<br />
erklärte. Der französische Präsident wusste sehr wohl,<br />
dass er – und damit Frankreich – mit diesem Satz im<br />
Wort stand. Dem Publikum war das im Übrigen ebenfalls<br />
sofort bewusst, und nicht nur den Zuhörern in Ouagadougou,<br />
sondern auch den Menschen in Frankreich,<br />
wo die Rede des Präsidenten von France24 live gesendet<br />
und unmittelbar darauf von allen Medien umfassend aufgegriffen<br />
wurde. Jedem war sofort klar, dass Emmanuel<br />
Macron mit der Einlösung dieses Versprechens die jahrzehntelange<br />
postkoloniale französische Politik auf diesem<br />
Gebiet vollkommen infrage stellen würde. Es war also ein<br />
historischer Augenblick.<br />
Besonders in Benin, einem Land, das am 1. August<br />
1960 von Frankreich unabhängig geworden war, stieß<br />
diese Aussage auf unmittelbare Resonanz. Schließlich<br />
war dessen Staatspräsident Patrice Talon als Erster mit<br />
der Bitte um die Restitution eines Teils des während der<br />
Kolonisation geplünderten beninischen Kulturerbes an<br />
Frankreich herangetreten. Das war im Juli 2016. Auf Initiative<br />
des französischen Dachverbandes der Schwarzen-<br />
Vereinigungen Conseil représentatif des associations noires de<br />
France (CRAN) bat Benin um die Rückgabe königlicher<br />
Objekte, welche die französische Armee Ende des 19.<br />
Jahrhunderts mitgenommen hatte. Der damalige Präsident<br />
François Hollande lehnte dieses Ansinnen mit Verweis<br />
auf eine jahrhundertealte französische Rechtstradition<br />
ab. Er bezog sich dabei auf das Edikt von Moulins aus<br />
dem Jahr 15<strong>66</strong>. Seit dieser Zeit wird das « Vermögen des<br />
Königs » – das heute als « öffentliches Vermögen » bezeichnet<br />
wird – von Gesetzes wegen als « unveräußerlich » und<br />
« unantastbar » angesehen. Dem König, beziehungsweise<br />
heute dem Staatspräsidenten, ist es, von äußerst seltenen<br />
Ausnahmen abgesehen, untersagt, darüber zu verfügen.<br />
Er kann es also weder abtreten noch zurückübertragen.<br />
Um ein Gut herausgeben zu können, muss der Präsident<br />
nach der heutigen Rechtslage entweder vom Parlament ein<br />
Gesetz verabschieden lassen, welches die Entnahme jedes<br />
einzelnen Gutes aus dem öffentlichen Vermögen genehmigt,<br />
oder – was noch komplexer ist – das Gesetz als solches<br />
ändern. Die Vorschrift gilt im Übrigen selbst dann,<br />
wenn ein Gut unrechtmäßig erworben wurde. Und bisher<br />
hatte kein französischer Präsident den Willen – oder den<br />
Mut – in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen.<br />
Doch genau das will Emmanuel Macron jetzt ändern und<br />
hat mit seiner Aussage einen radikalen Schnitt gemacht:<br />
Von nun an ist es in Frankreich kein Tabu mehr, über eine<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2018</strong>