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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Der Sturz Lavals im Dezember 1940 99<br />

te Matthews mit der Frage: „Wenn Deutschland sich entschließt, solche Stützpunkte<br />

zu nehmen, was können wir tun, es daran zu hindern? Frankreich hat<br />

keine Armee und keine Mittel zur Verteidigung" 91 . Als Matthews die mangelnde<br />

Unterrichtung der amerikanischen Regierung tadelte, versprach Laval, künftig<br />

jede gewünschte Information zu geben. Matthews, der von dem Versprechen<br />

wenig hielt, schloß seinen Bericht mit der Bemerkung, daß, so lange Laval in<br />

seiner gegenwärtigen Position verbleibe und seinen Einfluß behalte, die Kluft<br />

zwischen Frankreich und den USA groß sein werde. Nur ein Bruch in den französisch-amerikanischen<br />

Beziehungen würde seine Position unhaltbar machen.<br />

Als am nächsten Tag die amerikanische Pressevereinigung in Paris ein Diner<br />

<strong>für</strong> Laval und Botschafter de Brinon gab, an dem auch Matthews teilnahm 92 , trat<br />

Laval erneut ins Fettnäpfchen. In einer Rede, die das Gespür eines geschulten<br />

Diplomaten vermissen ließ, pries er Hitler und appellierte an die USA und ihren<br />

Präsidenten, doch endlich die Revolution zu verstehen, die in Europa während<br />

der letzten vier Jahre stattgefunden habe, und mit diesem Europa zusammenzuarbeiten.<br />

Dann fiel das Wort, das ihm nicht mehr verziehen werden sollte. Er,<br />

Laval, kümmere sich nicht um die amerikanische öffentliche Meinung (je m'en<br />

fous de l'opinion americaine), wenn diese weiterhin bei ihren falschen Ansichten<br />

über die Vorgänge in Europa bleibe. Am nächsten Nachmittag führte dann<br />

Matthews ein Gespräch mit Laval tele à tele. Laval wünschte, daß der Inhalt des<br />

Gespräches als eine „klärende Botschaft" der amerikanischen Regierung zugeleitet<br />

würde 93 . Er zeigte sich wieder überzeugt, daß ein deutscher Sieg trotz der amerikanischen<br />

Hilfe <strong>für</strong> England unvermeidlich sei, weswegen man Hitler „halbwegs"<br />

entgegenkommen müsse. Doch wünsche er, mit der amerikanischen Regierung<br />

zusammenzuarbeiten, um vielleicht ohne totalen Sieg oder totale Niederlage<br />

aus dem gegenwärtigen Dilemma herauszukommen. Matthews aber lehnte den<br />

Gedanken eines Verhandlungsfriedens rundweg ab und drohte mit dem Bruch<br />

zwischen den Regierungen Frankreichs und Amerikas als Konsequenz der Kollaborationspolitik.<br />

Laval ging noch am gleichen Abend zur Dienststelle Abetz, um diese über den<br />

Stand der britisch-französischen Gespräche zu informieren und von seiner angeblichen<br />

Härte gegenüber Roosevelt zu überzeugen 94 .<br />

Tags darauf empfing der Marschall den amerikanischen Geschäftsträger, um<br />

diesem kundzutun, daß er, Pétain, in wesentlichen Punkten anderer Ansicht als<br />

sein Außenminister sei 95 . Nach allem, was Frankreich von den Deutschen erfah-<br />

91<br />

Matthews vermerkt hierzu: „This rhetorical question he asked as one of a number and<br />

with no particular emphasis but its importance and pertinence in the present Situation<br />

struck me forcibly"; ebenda S. 405.<br />

92<br />

Hierüber Matthews an SSt am 15. November, S. 407-411.<br />

93<br />

Zusammenfassung der von Laval gewünschten Botschaft durch Matthews, ebenda S. 410.<br />

94<br />

S. o. S. 89, mit Anm. 50. Da<strong>für</strong>, daß Laval das noch am gleichen Abend tat, spricht, daß<br />

der Bericht Schleiers vom 16. Oktober o. 32 datiert.<br />

95<br />

Matthews an SSt am 16. November, FRUS a. a. O. S. 411-414 u. 488.

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