vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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34. Michael H. Kater<br />
lahm. Daraufhin wurde von der Sicherheitspolizei Berlin ein starkes Aufgebot<br />
nach Eberswalde geschickt, dem vom Landesbezirk Mark Brandenburg der Technischen<br />
Nothilfe ein Nothelfertrupp von 60 Mann zur etwaigen Betriebsaufnahme<br />
des Elektrizitätswerkes beigegeben war. Die Sicherheitspolizei säuberte ohne Zwischenfälle<br />
das besetzte Kraftwerk, so daß der Einsatz der Technischen Nothilfe<br />
nunmehr erfolgen konnte. Diese führte einen Notbetrieb zur Aufrechterhaltung<br />
der lebenswichtigen Betriebe durch. Nachdem genügender Schutz <strong>für</strong> das Werk<br />
bereitgestellt war, meldeten sich sehr bald genügend Arbeitswillige, so daß bereits<br />
am nächsten Tage nachmittags von der Arbeiterschaft der Überlandzentrale selbst<br />
die Arbeit wieder aufgenommen und die Nothilfe entlassen werden konnte." 13<br />
Wie die Tabelle zeigt, leistete die Technische Nothilfe außer ihren Einsätzen<br />
bei Arbeitsniederlegungen oder Aussperrungen noch erste Hilfe bei Feuersbrünsten,<br />
Unwettern und anderen Naturkatastrophen. Dazu war sie nach den<br />
Richtlinien vom 2. Februar 1920 ausdrücklich verpflichtet 14 . So waren bis zum<br />
30. September 1926 insgesamt 8253 Nothelfer im Einsatz, die in 133 754 Arbeitsstunden<br />
auf 248 Notstellen Hochwasser eindämmten, Moorbrände löschten<br />
und Schneemassen von Bahnlinien beseitigten 15 . Für ihre manchmal unter Lebensgefahr<br />
riskierten Taten ernteten die Nothelfer, die gewöhnlich mit Polizei<br />
und Feuerwehr kollaborierten, viel Dank und Anerkennung von den Behörden.<br />
Nach der Verteidigung des stark gefährdeten Deiches der Deichschau Haffen-<br />
Mehr bei Wesel Anfang Januar 1926 schrieb der Regierungspräsident von Düsseldorf<br />
:<br />
„Von besonderem Wert war es, und es hat vielleicht zur Rettung des Deiches und<br />
zur Verhütung einer der größten Hochwasserkatastrophen mit beigetragen, daß<br />
die großen, gut organisierten Formationen unter einheitlicher Führung sofort<br />
eingesetzt werden konnten, während es andererseits schwer war, die Bevölkerung<br />
der Umgebung mit der erforderlichen Schnelligkeit heranzuziehen und einheitlich<br />
einzusetzen. Für die bereitwillige Hilfeleistung in höchster Not spreche ich daher<br />
der Technischen Nothilfe in Wesel meine besondere Anerkennung aus." 16<br />
Die freiwilligen Nothelfer, denen solche Erfolge zu verdanken waren, konnten,<br />
auf der Basis der Richtlinien vom 2. Februar 1920, öffentlich, und zwar zumeist<br />
durch Inserate in bürgerlichen und gewerblichen Fach-Blättern, aber auch<br />
durch Mundpropaganda angeworben werden. Der Zustrom der ehrenamtlichen<br />
Helfer erwies sich bezeichnenderweise in solchen Orten als sehr stark, die in überdurchschnittlichem<br />
Maße von „Streiks in lebenswichtigen Betrieben heimgesucht<br />
wurden", namentlich in Berlin, Hamburg, Königsberg und Chemnitz 17 . Die zu<br />
13 Abgedruckt DR 1920, Nr. 17, S. 14.<br />
14 Vgl. Text nach Anm. 3.<br />
15 Hilfeleistung der Technischen Nothilfe bei Naturereignissen, Berlin 1927, insbes. S. 3.<br />
16 Schreiben datiert Düsseldorf, 13. 1. 26, ebenda, S. 23.<br />
17 Scholz, S. 18. Als Beispiel <strong>für</strong> Zeitschriftenwerbung (in diesem Falle von Studenten) siehe<br />
Professor Dr. Thielemann, An das Gewissen!, Göttinger Universitätszeitung 5 (1923),<br />
Nr. 7. S. 5-6.