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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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56<br />

Michael H. Kater<br />

der Reichstagssitzung vom November 1928 zur Sprache, daß bei der Bissendorf er<br />

„Brandübung" der Technischen Nothilfe vom Juni außer Reichswehrtruppen<br />

auch „sämtliche vaterländische [sic] Verbände, Hakenkreuztruppen und die vaterländischen<br />

Jugendorganisationen" mit von der Partie gewesen waren . Der<br />

Charakter der Technischen Nothilfe als Sammelpunkt <strong>für</strong> republik- und verfassungsfeindliche<br />

Elemente im Staat rückte die Organisation seit ihrer Entstehung<br />

1919 deutlich in die Nähe anderer und heute viel bekannterer faschistoider<br />

Gebilde. Bereits im April 1920 waren sich TN-Funktionäre in einigen Gegenden<br />

Deutschlands, beispielsweise in Bayern, darüber im klaren, daß sie sich politisch<br />

eigentlich „nur auf rechtsstehende Kreise stützen" konnten 136 . Bayern war freilich<br />

auch der Hort der gefährlichsten rechten Gruppen im Reich. Unter ihnen<br />

befand sich die „Orgesch", deren Anführer, der Forstrat Georg Escherich, am<br />

24. März 1921 an einer „Sitzung in Angelegenheiten der Technischen Nothilfe"<br />

im Bayerischen Innenministerium teilnahm. Damals unterstand dem 18jährigen<br />

G. H. Mehlhorn das Alarmsystem sowohl der Technischen Nothilfe als auch der<br />

(illegalen) Orgesch-Zelle im heimatlichen Chemnitz. Mit einer Orgesch-ähnlichen<br />

Organisation in Berlin, dem „Bund <strong>für</strong> Freiheit und Ordnung", knüpfte<br />

die TN-Zentrale ebenfalls Verbindungen an 137 . Verflechtungen gab es auch zwischen<br />

TN und der terroristischen „Organisation Consul", sowie dem deutschvölkischen<br />

Schutz- und Trutzbund, dem Stahlhelm, dem Jungdeutschen Orden<br />

und den Vereinigten Vaterländischen Verbänden 138 . Hakenkreuzgeschmückte<br />

Nothelfer waren 1921 auf der Hauptversammlung der TN in Chemnitz, wo<br />

der „Verbrecher Erzberger" und die Sozialdemokraten Scheidemann und Ebert<br />

135<br />

Prot., 21. RT-Sitzung, 29. 11. 28, S. 548, BH, MK 15385.<br />

136<br />

Ausspruch d. Leiters d. Bayer. TN, Frommknecht, Prot., Kreisleiter- Versammlung, 21. 4.<br />

20, BH, MInn 66352.<br />

137<br />

Anwesenheitsliste <strong>für</strong> Sitzung, München, 24.3.21, BH, MInn 66352; Teno, S. 43 f.; Die<br />

Weltbühne, 9. 3. 26, S. 373; Aronson, S. 59. Vgl. auch Vossische Zeitung, 16.10. 22, 17.10.<br />

22; E. J. Gumbel, Verschwörer. Beiträge zur Geschichte und Soziologie der deutschen<br />

Nationalistischen Geheimbünde seit 1918, Wien 1924, S. 69. Ferner Rudolf Kanzler,<br />

Bayerns Kampf gegen den Bolschewismus. Geschichte der bayerischen Einwohnerwehren,<br />

München 1931, S. 77 f. Zur Orgesch Nußer, passim.<br />

138 Vgl. Freiheit, 7.8.22; Schmelz an Reichskommissar <strong>für</strong> Überwachung d. öffentlichen<br />

Ordnung, München, 30. 12.22, BH, MInn 66362; W. Zimmermann, 3 Jahre Technische<br />

Nothilfe, in: Soziale Praxis und Archiv <strong>für</strong> Volkswohlfahrt 31 (1922), Sp. 1321-24, hier<br />

Sp. 1323; Prot., 205. RT-Sitzung, 7. 4. 22, S. 7022, 305. RT-Sitzung, 22. 2. 23, S. 9822, BH,<br />

MWi 5624; Teno, S. 38, 42; Feuerherdt, S. 104; Severing an Preuß. Minister d. Innern,<br />

Berlin, 17.3.25, u. an Reichsminister d. Innern, Berlin, 6. 4. 25, BA, R 43 I/721, 1; Die<br />

Weltbühne, 9.3.26, S. 372 f.; Gewerkschafts-Zeitung 1926, S. 365; DR 1927, S. 557:<br />

Gumbel zufolge soll die OC aus einem Geheimbund der Garde-Kavallerie-Schützen-<br />

Division entstanden sein (Vier Jahre politischer Mord, Berlin-Fichtenau 1922, S. 139).<br />

Dagegen Gabriele Krüger heute überzeugend zur Verwandtschaft der OC mit der Brigade<br />

Erhardt (Die Brigade Erhardt, Hamburg 1971, S. 73-112). - Zum Charakter des Jungdo<br />

jetzt Reinhard Opitz, Der deutsche Sozialliberalismus 1917-1933, Köln 1973, S. 267-70.

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