vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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114 Bernd Steger<br />
Die vom amerikanischen Präsidenten Roosevelt am 24. Januar 1943 verkündete<br />
Doktrin der „bedingungslosen Kapitulation" Deutschlands sollte der Anti<br />
Hitler-Koalition als Hebel <strong>für</strong> die Liquidierung des nationalistischen Regierungs-<br />
und Wirtschaftssystems und gleichzeitig <strong>für</strong> den Neuaufbau Deutschlands<br />
nach demokratischem Muster dienen 5 . Es lag nahe, daß diese Aufgaben zunächst<br />
von den Truppen der alliierten Streitkräfte zu übernehmen waren. Die amerikanische<br />
Armeeführung hatte deshalb schon seit Kriegsbeginn Offiziere <strong>für</strong> das<br />
geplante Vorhaben einer Militärregierung ausgebildet und bemühte sich, sie in<br />
die militärische Kommandostruktur der in Europa kämpfenden Verbände einzugliedern<br />
8 .<br />
Mit der Vorbereitung der Invasion britischer und amerikanischer Truppen in<br />
Nordfrankreich vollzog sich im Januar 1944 eine größere Umgestaltung der<br />
Kommandostruktur der alliierten Streitkräfte in Westeuropa. General Eisenhower<br />
wurde damals zum Oberkommandierenden der britischen und amerikanischen<br />
Streitkräfte ernannt und in seinem Stab, den Supreme Headquarters, Allied<br />
Expeditionary Forces (SHAEF), eine G-5 Division mit der gesamten Planung<br />
der Zivilangelegenheiten in Westeuropa eingerichtet. Innerhalb dieser Division<br />
wurde eine „German Country Unit" aus britischen und amerikanischen Offizieren<br />
gebildet, die zunächst ihre eigene Organisation festlegen sollte, die „zur<br />
Kontrolle der deutschen Zivilverwaltung von dem Zeitpunkt an notwendig ist,<br />
wenn die alliierten Streitkräfte Deutschland betreten, bis zur Übernahme der<br />
Kontrolle durch eine Alliierte Hohe Kommission" 7 .<br />
Die Arbeit der German Country Unit war sehr schwierig, weil ihre Offiziere<br />
ohne taugliche politische Richtlinien arbeiten mußten und weil ihr Auftrag<br />
im Laufe der Zeit mehr und mehr in Frage gestellt wurde. Am diplomatischen<br />
Tisch hatten die Briten nämlich während der Sommermonate 1944 das ursprüngliche<br />
Konzept eines gemeinsamen anglo-amerikanischen Teams <strong>für</strong> die Militärregierung<br />
in Deutschlind zugunsten getrennter und souveräner Zonenverwaltungen<br />
aufgegeben 8 .<br />
5 G. Moltmann, Die Genesis der Unconditional Surrender-Formel, in: Probleme des zweiten<br />
Weltkrieges, hrsg. von A. Hillgruber, Köln 1967, S. 171 ff.<br />
6 Vgl. dazu vor allem E. F. Ziemke, The U. S. Army in the Occupation of Germany 1944-<br />
1946, Washington D. C. 1975, dem die folgende Darstellung wertvolle Hinweise verdankt;<br />
ferner F. C. Pogue, The Supreme Command, Washington D. C. 1954, S. 66 ff. und 399 ff.;<br />
H. L. Coles, A. K. Weinberg, Civil Affairs: Soldiers Become Governors, Washington D. C.<br />
1964.<br />
7 German Country Unit, Hist. Div., Hist. Statement of the German Country Unit, I/3,<br />
National Archives, Washington D. C. (NA), SHAEF G-5/60, 1.<br />
8 Aus Rücksicht auf den Argwohn der Sowjets gegenüber der engen angloamerikanischen<br />
Kooperation in SHAEF, aber auch aus strategischen Überlegungen und nationalen Interessen<br />
entschlossen sich die politischen und militärischen Führer in London und Washington<br />
zu getrennten Planungen und Durchführungen der Militärregierungen und deren Politik.<br />
Vgl. Schreiben des amerikanischen Botschafters in London Winant an Außenminister<br />
Hull, 28.7. 1944, in: Foreign Relations of the United States, Diplomatic Papers (FRUS)<br />
1944 I, S. 261 f.