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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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96 Elmar Krautkrämer<br />

sen 80 . Im Hinblick auf die Möglichkeit eines Verhandlungsfriedens gab es jedoch<br />

im ganzen Kabinett Pétain niemanden, der das Wohlwollen der USA aufs Spiel<br />

zu setzen bereit gewesen wäre. Gerade die Sorge um die Gewinnung der amerikanischen<br />

Unterstützung und Vermittlung war <strong>für</strong> Pétain Veranlassung, am 22.<br />

August öffentlich die französische Freundschaft mit den USA zu beschwören und<br />

sich zu den Idealen der amerikanischen Demokratie zu bekennen 81 . Das blieb jedoch<br />

ohne Echo. In der US-Presse war zu diesem Zeitpunkt eine heftige Kampagne<br />

gegen Pétain und seine Regierung im Gange. Eine besondere Rolle spielte<br />

dabei, daß Vichy den bisherigen französischen Botschafter in Washington, Saint-<br />

Quentin, durch Henry-Haye ersetzte. Die Ansicht, die Ernennung des „pro Nazi"<br />

Henry-Haye sei „an unfortunate choice" gewesen 82 , bedarf der Korrektur. Für<br />

Vichy ging es darum, die Botschaft in Washington mit einem Mann zu besetzen,<br />

der den Zusammenbruch seines Landes an Ort und Stelle erlebt hatte und daher<br />

über die grundlegenden Informationen verfügte, um in den USA um Verständnis<br />

<strong>für</strong> die Haltung der französischen Regierung zu werben 82 . Er mußte <strong>für</strong> Washington<br />

akzeptabel sein, ohne in Berlin auf Argwohn zu stoßen. Henry-Haye,<br />

der im 1. Weltkrieg im amerikanischen Expeditionskorps als Offizier und Berater<br />

General Pershings gedient hatte und in den Jahren vor 1939 als Bürgermeister<br />

von Versailles Vorstandsmitglied des Comité France-Allemagne gewesen war, erfüllte<br />

somit diese Voraussetzungen. Gerade deswegen hatte sich Laval <strong>für</strong> ihn<br />

entschieden. Washington hatte bereits Ende Juli das agrément erteilt. Als Henry-<br />

Haye dann im September nach Washington kam, sah er sich wegen seiner Tätigkeit<br />

im Comité France-Allemagne heftigen Presseangriffen ausgesetzt 82 . Dennoch<br />

konnte Henry-Haye recht bald das State Department <strong>für</strong> Pétain gewinnen<br />

und auch zu einer Korrektur der öffentlichen Meinung über Vichy beitragen.<br />

80<br />

Bullit an SSt am 5. Juli und Murphy an SSt am 29. Juli, FRUS a. a. O. S. 377 ff.<br />

81<br />

Ph. Pétain, Quatre années, S. 55 ff.<br />

82<br />

S. Hytier, a. a. O. S. 193. Hier Wiedergabe der von verschiedenen Seiten in den USA gegen<br />

Henry-Haye erhobenen Vorwürfe.<br />

82<br />

Das hatte bereits Reynaud Pétain vorgeschlagen. Henry-Haye, G.: La grande éclipse<br />

franco-americaine. Paris 1972, S. 151 f.<br />

82<br />

Recht pauschal galt damals eine Tätigkeit im „Comité France-Allemagne", Parallelorganisation<br />

der „Deutsch-Französischen Gesellschaft", schlechthin als Beweis pronazistischer<br />

Gesinnung. Wenngleich in dem in Karlsruhe erschienenen Organ der Gesellschaft,<br />

den Cahiers franco-allemands/Deutsch-französische Monatshefte führende Nationalsozialisten<br />

hinreichend zu Wort kamen und die Geschichte der Gesellschaft nicht frei von dunklen<br />

Flecken ist, so war andererseits <strong>für</strong> manche Mitglieder die Verständigung zwischen<br />

beiden Völkern ein ehrliches und keineswegs nazistischen Zwecken dienendes Anliegen.<br />

Hytier (a. a. O. S. 193, Anm. 45) führt als Henry-Haye belastend dessen zwei Aufsätze<br />

in den Cahiers von 1937 an. Aber gerade diese Beiträge belegen nicht eine pronazistische<br />

Gesinnung ihres Verfassers, vielmehr sein Bemühen um Ausräumung von Mißverständnissen<br />

zwischen beiden Nationen und enthalten sogar recht kritische Ausführungen über<br />

bestimmte, das französische Mißtrauen bedingende Verhaltensweisen auf deutscher Seite.<br />

S. Henry-Haye, Zwei Wege und ein Ziel: Der Friede; und ders.: Unser Glaube an eine

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