vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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80 Elmar Krautkrämer<br />
keit zwischen den kriegführenden Parteien wahren und in letzter Konsequenz,<br />
trotz aller Gegensätze zu de Gaulle, mit dazu beitragen konnte, daß dieser sein<br />
Land ins Lager der Siegermächte zu führen vermochte.<br />
Am 13. Dezember 1940 demonstrierte Marschall Pétain, daß er nicht willens<br />
war, Frankreichs Schicksal an die deutsche Kriegsführung zu binden, sondern<br />
einen Bruch mit England vermeiden und seinem Land die Gunst der Vereinigten<br />
Staaten sichern wollte. Die Interaktion außen- und innenpolitischer Bedingungen<br />
und Vorgänge ist in der Vorgeschichte des 13. Dezember unübersehbar, doch<br />
allein außenpolitisches Kalkül dürfte letztlich ausschlaggebend gewesen sein. Was<br />
die außenpolitischen Ursachen anbelangt, so wird der Sturz Lavals bislang in<br />
erster Linie als eine Konsequenz der gescheiterten Montoire-Politik oder als eine<br />
sich aus den britisch-französischen Verhandlungen ergebende Notwendigkeit,<br />
allenfalls als ein Ergebnis von beidem, gesehen. Der entscheidende Anteil der<br />
Diplomatie Washingtons an diesem Vorgang ist hingegen nicht hinreichend<br />
beachtet worden 4 . Ihr Gewicht kann allerdings nur im Kontext der deutschen und<br />
englischen Frankreichpolitik jener Monate voll erkannt werden.<br />
I<br />
Nach dem deutsch-französischen Waffenstillstand wurde von führenden Politikern<br />
und Militärs sowie großen Teilen der Bevölkerung Frankreichs erwartet,<br />
daß England das Schicksal der Niederlage in wenigen Wochen teilen würde.<br />
Mers-el-kebir 5 sowie die daraufhin winkenden Lockerungen der Entwaffnungsbestimmungen<br />
6 gaben der anglophoben und zur Unterstützung Deutschlands<br />
bereiten Richtung Auftrieb, als deren Exponent Pierre Laval, stellvertretender<br />
Ministerpräsident und designierter Nachfolger des Staatschefs Marschall Pétain,<br />
galt. Daß jedoch bald die entgegengesetzte, vorrangig von Verteidigungsminister<br />
Weygand, Außenminister Baudoin, dessen Generalsekretär Charles-Roux sowie<br />
Finanzminister Bouthillier vertretene Richtung bei dem Marschall zunehmend<br />
4 Langer hat in seiner bereits auf amerikanische Akten gestützten Arbeit (s. Anm. 1) die<br />
amerikanisch-französischen Beziehungen der ersten Ära Laval eingehend dargestellt, konnte<br />
jedoch noch nicht den Sturz Lavals als interdependente Konsequenz der gesamten Aussenpolitik<br />
Pétains erkennen. Auch Hytier (s. Anm. 2) widmet den Bemühungen Vichys<br />
um die Erhaltung der amerikanischen Freundschaft einen besonderen Abschnitt, sieht<br />
jedoch die Ursachen des Sturzes Lavals auch zu einseitig vorrangig in dessen gescheiterter<br />
Kollaborationspolitik.<br />
5 Britischer Überfall auf Teile der französischen Flotte bei Oran am 3. Juli 1940. Aus der<br />
zahlreichen Literatur hierzu am besten aus franz. Sicht: A. Kammerer, La passion de la<br />
flotte francaise, Paris 1951, S. 145 ff. und P. Varillon, Mers el Kebir, Paris 1950; aus brit.<br />
Sicht: S. O. Playfair, The Mediterranean and the Middle East. British History of the Second<br />
World War, vol. I. London 1954, S. 132 ff.<br />
6 Hierzu Böhme S. 318 ff., Jäckel S. 56 ff.