vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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100 Elmar Krautkrämer<br />
ren habe, müsse es nun einen britisch-amerikanischen Sieg wünschen. Den Satz<br />
des Marschalls: „Ich möchte, daß Sie Ihrem Präsidenten sagen, dessen Worte<br />
manchmal hart waren, daß ich alles in meiner Macht stehende tun werde, um die<br />
Freundschaft Ihres Landes und bestmögliche Beziehungen zu erhalten", was<br />
nach den vorangegangenen amerikanischen Drohungen wie ein Versprechen in<br />
Bezug auf Laval klang, gab Matthews in seinem Bericht wörtlich wieder, und<br />
zwar mit der Bemerkung, das seien „die Worte des einzigen Mannes, der heute<br />
trotz seines hohen Alters <strong>für</strong> Frankreich sprechen kann und der allein Prestige<br />
und die Zuneigung seines Volkes genießt" 96 . Pétain und Darlan hatten gerade<br />
Beweise ihrer Gefügigkeit gegenüber den Forderungen Roosevelts erbracht .<br />
In den strategischen Plänen des Präsidenten hatte Afrika inzwischen zunehmend<br />
an Bedeutung gewonnen, und er hatte daher einen Sonderbeauftragten,<br />
Murphy, bislang stellvertretender Geschäftsträger in Vichy, zur Erkundung der<br />
dortigen Verhältnisse bestellt 08 . Zugleich hatte sich Roosevelt entschlossen, einen<br />
regulären Botschafter nach Vichy zu entsenden, nachdem eine entsprechende Anregung<br />
von französischer Seite, die zunächst auf den mit Pétain aus dem 1. Weltkrieg<br />
befreundeten General Pershing zielte, vorausgegangen war". Da Pershing<br />
jedoch aus Gesundheitsgründen ablehnen mußte, fiel Roosevelts Wahl auf Admiral<br />
Leahy. Das erschien umso besser, da Leahy nicht nur die Achtung des Marschalls<br />
genoß, sondern auch mit seinem ,Waffenbruder' Darlan offen reden konnte.<br />
Vergeblich versuchte London, unter Berufung auf Gerüchte von deutsch-französischen<br />
Stützpunktverhandlungen, Washington von der Entsendung Leahys<br />
abzuhalten 100 .<br />
Eine minutiöse Verfolgung der Vorgänge im ersten Dezemberdrittel ist nun<br />
aufschlußreich. Am 6. Dezember war das schon erwähnte entscheidende Gespräch<br />
zwischen Pétain, Darlan und Dupuy. Am folgenden Tag erhielt Konsul<br />
Cole in Algier eine Verbalnote Weygands, die eindeutig mit Vichy abgestimmt<br />
96 Ebenda S. 410.<br />
97 Betr. die Beilegung des Streits über die in Martinique und Guadeloupe liegenden Kriegsschiffe<br />
und die dort auf einem Flugzeugträger stehenden, vor dem Zusammenbruch in<br />
den USA gekauften Flugzeuge sowie die Überführung der Schlachtschiffe Richelieu und<br />
Jean Beart von Dakar bzw. Casablanca nach Toulon. Dazu FRUS a. a. O. S. 505-556<br />
bzw. 485-488.<br />
98 R. Murphy. Diplomat unter Kriegern. Berlin o. J. (1966) S. 88.<br />
99 Henry-Haye hatte sich im State Department und bei Roosevelt <strong>für</strong> die Entsendung Pershings<br />
eingesetzt, was Roosevelt auch akzeptieren wollte. Pershing mußte jedoch auf ärztlichen<br />
Rat ablehnen, auch, nachdem Henry-Haye vorgeschlagen hatte, Pershing sollte<br />
seinen Amtssitz an der Cote d'Azur nehmen, da auch der Marschall dort einen Privatbesitz<br />
habe. Wie sehr man in Vichy an Pershing interessiert war, geht auch daraus hervor, daß<br />
noch am 12. November Monnick bei Matthews anregte, der Präsident möge einen Freund<br />
des Marschalls, und damit war gewiß Pershing gemeint, als seinen persönlichen Vertreter<br />
nach Vichy entsenden. Henry-Haye, S. 174 ff und Matthews an SSt am 12. November,<br />
FRUS a. a. O. S. 451 f.<br />
100 Woodward I S. 429.