vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Die „Technische Nothilfe" 55<br />
stanz waren, beweist die Erklärung des späteren SS-Führers G. H. Mehlhorn,<br />
er habe sich als Mitglied der Technischen Nothilfe Anfang der zwanziger Jahre<br />
an der Pflege von mehr oder weniger harmlosem Heeresgerät beteiligt, gelegentlich<br />
auch bei der „Verbergung des Materials vor den Entente-Kommissionen"<br />
mitgeholfen 128 .<br />
Im übrigen aber war die Reichswehr dazu verpflichtet, sämtliche Nothilfe-Einsätze<br />
militärisch zu schützen 129 . Ob es sich um die „Aufrechterhaltung des Notstandsbetriebes<br />
in der Überlandzentrale Zschornewitz" während des Kapp-Putsches<br />
oder um den Eisenbahnerstreik Anfang 1922 handelte - stets erschien<br />
Reichswehr im Gefolge der Nothelfer 130 . Auch sonst war die Zusammenarbeit<br />
zwischen Technischer Nothilfe und Militärstellen sehr eng. Die TN-Helfer veranstalteten<br />
„Planspiele" mit militärischem Charakter, bei denen Reichswehroffiziere<br />
zugegen waren; manchmal half die Reichswehr auch mit „Lebensmittellieferungen"<br />
<strong>für</strong> die Nothelfer aus 131 . Theoretische Unterweisungen von seiten<br />
der Militärs waren keine Seltenheit. Ein Oberstleutnant Aschenauer sprach Anfang<br />
1923 vor Vertretern der Regionalregierung und der Technischen Nothilfe<br />
in Regensburg über das Thema: „Wie haben bei Unruhen die staatlichen Behörden<br />
zusammen zu wirken, um die Moskauer Flut im Keime zu ersticken?" Im<br />
Zuge seiner Ausführungen entwickelte er das Modell eines „Kriegsspiels" im<br />
oberpfälzischen Maxhüttengebiet, wo Technische Nothilfe und Reichswehr gegen<br />
„aufrührerische" Arbeiter vorzugehen hätten 132 . Marine- und Offiziersvereine<br />
gehörten zu den verläßlichsten Stützen der Technischen Nothilfe-Organisation;<br />
der gegenseitige Austausch von Kriegserinnerungen, Erfahrungsberichten<br />
oder militärtechnischen Einzelheiten hielt in beiden Lagern das Gruppenbewußtsein<br />
gegen die untersten sozialen Schichten wach 133 . Mit Befriedigung konnte<br />
der Chef der Heeresleitung, General von Seeckt, 1924 feststellen, daß die Technische<br />
Nothilfe zusammen mit der Truppe bisher „verständnisvoll und erfolgreich<br />
an der Wiederkehr geordneter Zustände gearbeitet" habe 134 .<br />
Die „Wiederkehr geordneter Zustände" - das war die Wunschvorstellung<br />
aller politisch konservativen Parteiungen und Parteien, insbesondere der extrem<br />
republikfeindlichen auf der äußersten Rechten. Bezeichnenderweise kam während<br />
128<br />
Zitat nach Shlomo Aronson, Reinhard Heydrich und die Frühgeschichte von Gestapo und<br />
SD, Stuttgart 1971, S. 59.<br />
129<br />
Vgl. etwa „Richtlinien" v. 2. 2. 20 (Anm. 3); ferner Feuerherdt, S. 38; Vermerk Noske u.<br />
Seeckt, Berlin, 23. 1. 20, NH, Hann. 80, Lüneburg III, XXV, 10.<br />
130<br />
Zitat DR 1920, Nr. 1, S. 13. Die Tätigkeit, S. 9 f.; Teno, S. 16.<br />
131<br />
DR 1926, S. 158; Auszug, Prot., 202. RT-Sitzung, 4.4.20, S. 6861, Prot., 205. RT-Sitzung,<br />
7. 4. 22, S. 7023, BH, MWi 5624.<br />
132<br />
Schwäbische Volkszeitung, 9. 2. 23. Vgl. auch Vortrag des Ing. Kind vor TN-Ortsgruppe<br />
Görlitz, Aug. 1920: Meine Erlebnisse als Ordnungssoldat im Jahre 1919, DR 1920, Nr.<br />
13, S. 15.<br />
133<br />
Vgl. DR 1921, S. 478; DR 1923, S. 41; DR 1924, S. 137, 209; DR 1925, S. 237; Lum-<br />
mitzsch, Nothilfe, S. 72.<br />
134 DR 1924, S. 175.