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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Die „Technische Nothilfe" 59<br />

und gab sich somit als überzeugter Gegner des demokratischen Regierungssystems<br />

zu erkennen" 6 . Dies, und die Überbetonung sozialpolitischer Ordnungsprinzipien,<br />

die nicht auf den einzelnen gerichtet waren, sondern auf das Kollektiv<br />

(das man gewöhnlich hinter schwammigen Synonymen wie „Das Volk" und<br />

„Der Staat" versteckte), machte das Faschistoide, ja das im eigentlichen Sinne<br />

des Wortes Totalitäre in der TN aus 147 . Im übrigen wurde die „sogenannte Neutralität<br />

der T. N." (Steinhoff 148 ), ganz abgesehen von den Verflechtungen mit<br />

rechtsradikalen Impulsen, auch „parteipolitisch" mißachtet. Mindestens zwei<br />

Fälle sind aktenkundig, in denen sozialdemokratischen Hauptangestellten, beide<br />

Ingenieure, nach Bekanntwerden ihrer Parteizugehörigkeit von der TN fristlos<br />

gekündigt wurde 148 . Am 9. März 1926 schrieb die gewöhnlich gut informierte<br />

„Weltbühne", das „Regime" des Vorstandes Lummitzsch habe dazu geführt, daß<br />

es gegenwärtig in den leitenden Positionen der TN „kaum noch einen Republikaner"<br />

gebe 150 .<br />

Daran trug allerdings Otto Lummitzsch nicht allein die Schuld. Der politische<br />

Rechtsdrall der Technischen Nothilfe stand in ursächlichem Zusammenhang mit<br />

der wohlwollenden Protektion von seiten der bürgerlichen Parteien: je konservativer<br />

die Partei, desto nachhaltiger die Unterstützung. Das Engagement der<br />

DNVP <strong>für</strong> die TN begann im Frühjahr 1920, nachdem sich die Schutzorganisation<br />

im Bündnis mit den Kappisten bereits auf der ultrarechten Seite exponiert<br />

hatte. Die Zusammenkunft von Vertretern der TN-Reichszentrale mit Industriellen<br />

und deutschnationalen Politikern Ende März 1920 151 fand nicht zufällig zu<br />

einem Zeitpunkt statt, da die DNVP, unterstützt von Mitteln aus dem „Industriellen<br />

Wahlfonds" 152 , im Begriff war, sich <strong>für</strong> den bevorstehenden Wahlkampf<br />

gegen die Parteien der Weimarer Koalition zu rüsten. Das Kabinett Fehrenbach<br />

vom 21. Juni 1920 (nach dem Scheitern der Regierung Müller) signalisierte den<br />

Durchbruch politisch organisierter Unternehmerkreise bei dem Versuch einer<br />

gezielten Einflußnahme auf das Geschehen in der Weimarer Republik. In der<br />

Folgezeit profilierten sich DNVP-Abgeordnete in den Reichs- und Landtagsgremien<br />

erwartungsgemäß als Lobbyisten ihrer industriellen und großagrarischen<br />

Auftraggeber, denen an der Erhaltung der Technischen Nothilfe gelegen<br />

146 Zum Gesamtphänomen Sontheimer, insbes. S. 180-239.<br />

147 Zum Parallelbeispiel des Jugendbundes Artamanen, vgl. Michael H. Kater, Die Artamanen<br />

- Völkische Jugend in der Weimarer Republik, in: Historische Zeitschrift 213 (1971),<br />

S. 577-638, insbes. S. 608-11.<br />

148 An Grzesinski, Berlin, 18. 1. 23, IG, Grzesinski VI/G 650.<br />

149 Fall Hartig in: Münchener Post, 11. 2. 20. Dazu Prot., 86. RT-Sitzung, 16. 3. 21, S. 3071,<br />

BH, MWi 5624. Vgl. ferner Fall Grasenick, in: TN Celle an Polizeidezernat Lüneburg,<br />

Celle, 22. 2. 23, NH, Hann. 80, Lüneburg III, XXX, 144.<br />

150 S. 372. Dazu der im Teilwortlaut abgedruckte Brief eines anonymen Nothelfers in: Bre­<br />

mer Volkszeitung, 13. 5. 24.<br />

151 Vgl. Anm. 83.<br />

152 Albertin, S. 662.

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