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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Die „Technische Nothilfe" 51<br />

tionären Elements in der Technischen Nothilfe gehörten - hier spielten sie eine<br />

ähnlich fatale Rolle wie in den Freikorps 103 .<br />

Obwohl die Frauen im aktiven Einsatz der TN lediglich mit einem Prozent<br />

vertreten waren 104 , unterstrich doch auch ihr Kontingent den Charakter der Nothilfe<br />

als einer durch und durch bürgerlichen Einrichtung. Die die TN stützenden<br />

Frauenvereine waren sämtlich mittelständisch oder, wie der Reichsverband deutscher<br />

Gutsbeamtinnen, zumindest unternehmerfreundlich 105 . Im Einklang mit<br />

einer auf Ruhe, Ordnung und Wirtschaftsfrieden bedachten Gesinnung hatten<br />

die Argumente von Frauenführerinnen wie Else Lüders <strong>für</strong> die Technische Nothilfe<br />

etwas bewußt Anti-Emanzipatorisches an sich, was sich allein durch die<br />

emphatische Betonung sozialer Ordnungssymbole wie „Kinder", „Hausmutter"<br />

und „Familie" offenbarte 106 . Gefährlicher noch: Der Idealismus der Frauen,<br />

„anderen zu helfen", mußte sich spätestens im Ernstfalle des praktischen TN-<br />

Einsatzes als irregeleitet erweisen, wenn die unterprivilegierte Schicht der Arbeiter<br />

als sozialpolitisches Feindobjekt sichtbar wurde. Nur unter diesem Gesichtspunkt<br />

kann man heute die oft unfreiwillig komischen Erlebnisschilderungen<br />

mancher „Damen aus besseren Kreisen" 107 kritisch einordnen. Im übrigen kokettierten<br />

Frauen wie „Hedwig von Bredow, geb. v. Stechow, Vorsitzende des<br />

Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft", nur mit dem Engagement in<br />

den Realitäten der rauhen Arbeitswelt, wenn sie von „Liebesarbeit" innerhalb<br />

der TN schwärmten 108 . Es war chic, nach dem Kochen der „wunderbar brodelnden"<br />

Erbsensuppe mit „Blasen" an den Händen „rechtschaffen müde" ins Bett<br />

zu sinken, während die „Schönheit" zu leiden hatte; gesellschaftsfähig, sozial<br />

überlegen blieb man noch immer als das „gnädige Fräulein" 109 , das, beispielsweise<br />

im Katastrophendienst, „in Seidenstrümpfen . . . die entfesselten Elemente<br />

an sich vorbeirauschen" ließ.<br />

103<br />

Dazu die den Kapp-Putsch betreffenden Bemerkungen bei Wolfgang Zorn, Die politische<br />

Entwicklung des deutschen Studententums 1918-1931, in: Kurt Stephenson u.a. (Hrsg.),<br />

Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten<br />

und zwanzigsten Jahrhundert, Bd. 5, Heidelberg 1965, S. 223-307, hier S. 256.<br />

Vgl. auch Neue Zeitung, 17. 4. 22.<br />

104<br />

Vgl. Anm. 98.<br />

105<br />

Vgl. DR 1920, Nr. 21, S. 15; DR 1921, S. 103; Lummitzsch, Nothilfe, S. 8.<br />

106<br />

Vgl. Nothilfe-Jahrbuch, S. 243; Frau Dr. Hoffmann-Ludwig, Die Frau als Nothelferin,<br />

DR 1923, S. 67-69; dieselbe, Die Technische Nothilfe und die Frauen, in: Concordia 27<br />

(1920), S. 180-81; Agnes Aßmann, Die Hilfe der Frauen, DR 1920, Nr. 15/16, S. 11, DR,<br />

Nr. 18, S. 13.<br />

107<br />

So spöttisch die Münchener Post v. 14. 5. 20.<br />

108<br />

Nothilfe-Jahrbuch, S. 244.<br />

109<br />

Zitate nach: DR 1926, S. 394; Oberlehrerin Marianne Geißler, Wir berufstätigen Frauen<br />

und die T. N., DR 1927, S. 214.

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