vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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74 Michael H. Kater<br />
schon seit ihren Anfängen, wenn auch mit Maßen, gepflegt hatte 223 . Waren es<br />
1919/20 noch 570 „Einsätze in lebenswichtigen Betrieben" und lediglich 6 „hei<br />
höherer Gewalt" gewesen, so war das Verhältnis 1925/26 plötzlich 5 zu 94. Ein<br />
Jahr später schaffte die TN sogar nur einen einzigen Streik-Dienst, dagegen<br />
1101 Katastrophen-Einsätze 224 . Danach blieben Streik-Aktionen fast ganz<br />
aus 225 . Die TN-Funktionäre verlegten sich daher auf entferntere Gebiete: den<br />
Gasschutz, Luftschutz, Arbeitsdienst und schließlich sogar auf die Wohlfahrtspflege<br />
228 .<br />
Dennoch war die Technische Nothilfe zu Beginn des neuen Jahrzehnts nur<br />
scheinbar zweckentfremdet. Ihre eigentliche Mission blieb, was sie immer gewesen<br />
war: die Abwehr jeder Art von Streik, die Aufrechterhaltung des sozialen<br />
Status quo im Lande 227 . Die Unternehmer selbst waren es, die nach 1928 alles<br />
daran setzten, die kontinuierliche Kürzung der TN-Mittel zu unterbinden. Ihre<br />
Angst vor Streikunruhen saß zu tief. So wies der Deutsche Landwirtschaftsrat<br />
im September 1929 darauf hin, „wie notwendig das Vorhandensein einer schlagfertigen,<br />
jederzeit einsatzbereiten Teno ist" 228 . Ein knappes halbes Jahr später<br />
machte Eduard Hamm, das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Deutschen<br />
Industrie- und Handelstages, Reichsernährungsminister Hermann Dietrich darauf<br />
aufmerksam, daß gegenwärtig, „auch wenn man gewisse Erscheinungen und<br />
223 Siehe oben S. 34.<br />
224 Ziffern nach Hoche, S. 788. So löschte die TN mit 35 Nothelfern (fast alle Besucher des<br />
Seminars <strong>für</strong> praktische Landwirte in Helmstedt) am 4. 9. 29 einen auf einer Fläche von<br />
30 Morgen ausgedehnten Moor- und Heidebrand bei Puritzmühle/Rieseberg (DR 1929,<br />
S. 598).<br />
225 Beispiele <strong>für</strong> sporadischen Streikbrecherdienst der TN: Danziger Hafenarbeiterstreik 1931<br />
(G. Großpetsch, Der Hafenarbeiterstreik in Danzig. Ein Rückblick, DR 1932, 'S. 79-80);<br />
Hamburger Verkehrsstreik 1932 (J. Fornoni, Die Neugliederung der Technischen Nothilfe,<br />
ebenda, S. B 173- B 174, insbes. S. B 174). Im großen Mansfelder Bergarbeiterstreik 193.0<br />
wurden TN-Kolonnen von Streikposten am Einsatz gehindert (Imig, S. 147). Alarmiert,<br />
aber nicht eingesetzt wurde die TN 1931 im Nürnberger Gemeindearbeiterstreik (Fränkischer<br />
Kurier v. 7. u. 12. 11. 31).<br />
226 Beispielsweise hatte im Oktober 1930 der Gasschutztrupp der TN Gleiwitz während einer<br />
Gasschutzübung am Gasschutzgerät in einem künstlich verqualmten Geländestreifen eine<br />
Brücke zu schlagen (Max Binder, Sanitätskolonnen und Technische Nothilfe, in: Der Deutsche<br />
Kolonnenführer, 15. 2. 32, S. 35-36, insbes. S. 35). Im Freiwilligen Arbeitsdienst<br />
wurden von der TN bis zum 3. 1. 33 270 Lager mit weit über 12 000 Arbeitsdienstwilligen<br />
durchgeführt (DR, 1.2.33, S. B 24). Dazu ferner Häntzschel an TN-Vorstand, Berlin,<br />
19. 12. 29, Koch an Staatsministerium d. Innern, München, 5. 8. 30 u. 20. 1. 31, BH, MInn<br />
66370; Koch an Staatsministerium d. Innern, München, 4.2.32 u. 12. 3. 32, BH, MInn<br />
66373; Zetlmeier an Reichsminister d. Innern, München, 15. 4. 32, BH, MInn 66368; Ludwig<br />
Röthenmeier, Wintersorgen - Winterhilfe, DR 1932, S. 17-19; ders., Ein Jahr Freiwilliger<br />
Arbeitsdienst der T. N., DR, S. 441-42; Erich Hampe, Die Technische Nothilfe<br />
im Zivilen Luftschutz, DR, S. 439-40.<br />
227 Beispiele <strong>für</strong> die „Habt-Acht"-Stellung der Nothelfer in Herker: Zehn-Jahr-Feier der T. N.<br />
in Hannover, DR 1930, S. 194; ferner DR 1931, S. 254.<br />
228 DR 1929, S. 598. Dazu auch Reichs-Landbund, 5. 10. 29, S. 430.