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vierteljahrshefte für zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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70 Michael H. Kater<br />

ist das Paradox, das sich bei der Betrachtung des Dreiecksverhältnisses Kommunismus-TN-Sozialdemokratie<br />

einstellt: Während der „Antikommunismus" in<br />

der TN lediglich als die am schärfsten zugespitzte Variante eines undifferenzierten<br />

und simpel artikulierten „Amisozialismus" proklamiert wurde, womit sie damals<br />

unter den vaterländisch gesinnten Gruppierungen gewiß nicht alleine stand,<br />

gaben alte Sozialdemokraten wie Noske und Severing bis 1928 vor, die Technische<br />

Nothilfe als Bollwerk zum Schutz der Republik gegen den Kommunismus<br />

aufrecht erhalten zu müssen. Die gewichtigen Hinweise der SPD-Funktionäre<br />

auf kommunistisch inspirierte „politische" Streiks in lebenswichtigen Anlagen<br />

mit dem Ziel der Errichtung einer Räterepublik auf gewaltsamem Wege zu Beginn<br />

der zwanziger Jahre 204 verlieren aber an Bedeutung, wenn man sich die tatsächliche<br />

Situation der „radikalen Linken" von 1918 bis zu Beginn der dreißiger<br />

Jahre vor Augen hält. Die politische Linke war damals sehr uneinheitlich und<br />

die KPD, die extremste der organisierten Linksparteien, zahlenmäßig meist viel<br />

zu schwach, als daß sie hätte Revolution machen können. Besonders zu Beginn<br />

der Republik waren die extrem linken Gruppen von Schismen und Führermangel<br />

geplagt. Ihre ausweglose Lage besserte sich erst wieder im Zuge der Selbstzersetzung<br />

der USPD, von der die KPD ebenso wie die SPD 1922/23 profitierte.<br />

Aber nach weiteren Führungskrisen in den Mittzwanzigern konzentrierte sich<br />

die Partei bis 1928 auf die innerparlamentarische Opposition und auf Wahlkämpfe,<br />

auf „bürgerliche" Ziele also. Eine „stabile" und „seriöse" KPD indessen<br />

konnte kaum an einer gewaltsamen Revolution interessiert sein.<br />

Dazu kam der Mißerfolg, den die Kommunisten bei dem Versuch, in den Gewerkschaften<br />

auf Dauer Fuß zu fassen, verbuchen mußten 206 . Obschon es der KPD<br />

bis 1923 gelang, etwa ein Drittel aller ADGB-Mitglieder zeitweilig hinter sich<br />

zu bringen, ja sogar einige ADGB-Gruppen gänzlich zu beherrschen, fiel ihr Ein-<br />

204 Vgl. Severing, Schlosser, S. 239 ff., 251 ff., 339-43; Noske, S. 122-33, 140-43; Lummitzsch,<br />

Nothilfe, etwa S. 16. Ebenso Hampe, Jubiläum, S. 372 f.<br />

205 Zum folgenden vgl. Grebing, S. 174, 182 ff.; Flechtheim, S. 135, 152, 181, 231; Rosenberg,<br />

insbes. S.24, 50, 53, 65, 107, 116, 121 ff., 137 f., 142, 154, 180 f.; Turner, S. 222; Oertzen,<br />

S. 252 f.; Erger, S. 200 f. Dazu aus kommunistischer Sicht J. Walcher, Die Zentrale<br />

der KPD (Spartakusbund) und der Kapp-Putsch, in: Die Kommunistische Internationale<br />

1926, S. 390-411, insbes. S. 390, 411; Hermann Remmele, Radikalisierungstendenzen in<br />

der deutschen Arbeiterschaft, ebenda, S. 483-86; Erwin Brauer, Der Ruhraufstand von<br />

1920, Berlin 1930, S. 77.<br />

206 Über das Verhältnis zwischen Kommunisten und Gewerkschaften, insbes. ADGB, geben<br />

Aufschluß: Kuczynski, S. 88; Seidel, S. 118 ff., 166 f.; Erger, S. 201; Helmut Gätsch, Die<br />

Freien Gewerkschaften in Bremen 1919-1933, Bremen 1969, S. 55; Flechtheim, S. 180,<br />

205-09, 223 f., 232 ff.; Feuerherdt, S. 104; Wilhelm Keil, Erlebnisse eines Sozialdemokraten,<br />

Bd. 2, Stuttgart 1948, S. 214-18. Aus kommunistischer Sicht: „21 Bedingungen" der<br />

Komintern (März 1919) abgedruckt in: Theo Pirker (Hrsg.), Utopie und Mythos der Weltrevolution.<br />

Zur Geschichte der Komintern 1920-1940, München 1964, insbes. S. 25 u. 27;<br />

E.Ludwig, Gewerkschaftsumbau und Betriebsräte, in: Die Internationale, 1.9.19 (Nachdruck<br />

1971), S. 259-64, insbes. S. 262; Jakob Walcher, Die Arbeit in den Gewerkschaften,<br />

ebenda, 1. 12. 20, S. 37-41, insbes. S. 38 ff.

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