Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...
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<strong>Paul</strong> <strong>Dräger</strong> <strong>zu</strong>:<br />
abgelaufenen Jahr 2008 gab es gleich zwei <strong>Ilias</strong>-Überset<strong>zu</strong>ngen: die hier<br />
besprochene des Komparatisten und Schriftstellers <strong>Raoul</strong> <strong>Schrott</strong> „in<br />
einer flexiblen Rhythmik“ (S. XXXV, s. da<strong>zu</strong> unten S. 27f.) sowie die in<br />
Jamben abgefasste des 6. <strong>Ilias</strong>-Buches durch Joachim Latacz im vierten<br />
Band des neuen Baslers <strong>Ilias</strong>-Gesamtkommentars (BK). 3<br />
<strong>Schrott</strong>s Buch zerfällt in drei Hauptteile: Teil I: „Zur <strong>Ilias</strong> / Zu dieser<br />
Fassung“ (S. V-XL) – Teil II: ‚Übertragung’ der <strong>Ilias</strong>, gerahmt <strong>von</strong> Inhaltsangaben<br />
der ‚Kypria’ (einschließlich der ‚Übertragung’ eines Fragments)<br />
und der ‚Aithiopis’: p. 1-523 – Teil III: „Anhang“ (p. 525-621) und<br />
„Inhalt“ (p. 623-631). – Wir betrachten <strong>zu</strong>nächst kurz Teil I und Teil III,<br />
um uns danach auf das Kernstück des Buches, die sogenannte „Übertragung“<br />
der <strong>Ilias</strong>, <strong>zu</strong> konzentrieren. Bewusst nicht vermieden sind dabei<br />
gelegentliche Be<strong>zu</strong>gnahmen auf <strong>Schrott</strong>s vorangegangene Monographie,<br />
4 in der eine im deutschsprachigen Raum während des ganzen<br />
Jahres 2008 <strong>zu</strong> z.T. sensationell aufgemachten Feuilleton-Ehren gelangte,<br />
auch in der vorliegenden ‚Übertragung’ <strong>zu</strong>grunde gelegte [S. V-<br />
XXIX] absurde Entstehungshypothese der <strong>Ilias</strong>, die sogenannte ‚Kilikien-These’,<br />
aufgestellt wird. Deren Kernpunkt ist die ‚Entdeckung’, das<br />
‚wahre’ Troia der uns vorliegenden <strong>Ilias</strong> sei nicht das an den Dardanellen<br />
im Nordwesten der heutigen Türkei <strong>von</strong> Calvert / Schliemann (1863<br />
/ ab 1871) ausgegrabene und dann seit 1988 unter der Leitung <strong>von</strong><br />
Manfred Korfmann, seit 2006 unter derjenigen <strong>von</strong> Ernst Pernicka (beide<br />
Universität Tübingen) in großem Rahmen international und interdisziplinär<br />
weiter erforschte Areal (heute: Hisarlık), sondern das ca. 800<br />
km Luftlinie entfernte, im Süden der heutigen Türkei im Binnenland gelegene<br />
Káratepe (‚Schwarzberg’, spät-hethitisch Azatiwada) und das<br />
rund 100 km Luftlinie da<strong>von</strong> entfernt im Südwesten <strong>zu</strong>m Meer hin um<br />
das spät-hetithische Adanija (heute die Millionenstadt Adana) gelegene<br />
Areal im später ‚Kilikien’ (hethitisch: Kiz<strong>zu</strong>watna; assyrisch: Hillaku)<br />
genannten Gebiet; <strong>Homer</strong>, der seine kilikische Heimat mit ihrer Zeitgeschichte<br />
in die alte Troia-Sage hinein„projiziert“ (so auch in der ‚Übertragung’:<br />
S. XI), also gewissermaßen Azatiwada (Káratepe) ins Dardanellen-Troia<br />
hineingeschmuggelt habe, 5 sei ein griechischer Schreiber und<br />
3 <strong>Homer</strong>s <strong>Ilias</strong>. Gesamtkommentar (Basler Kommentar / BK). Hg. <strong>von</strong> Anton Bierl und<br />
Joachim Latacz. Band IV: Sechster Gesang (Z). Faszikel I: Text und Überset<strong>zu</strong>ng <strong>von</strong><br />
Martin West (Text) und Joachim Latacz (Überset<strong>zu</strong>ng), Berlin 2008 (Sammlung wissenschaftlicher<br />
Commentare) [zitiert BK IV 1; die vorhergehenden Bände analog].<br />
4 Gemäß Homepage des Verlages erschien die Monographie im März 2008, die <strong>Ilias</strong>-<br />
‚Übertragung’ im September 2008; die These wurde <strong>zu</strong>erst in der ‚Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung’ vom 22. Dezember 2007 („<strong>Homer</strong>s Geheimnis ist gelüftet“) verbreitet.<br />
5 Das Haupt-Gegenargument sei schon hier genannt: Das ‚Hineinschmuggeln’ müsste<br />
kilikische Spuren im Text hinterlassen haben, damit die Intention überhaupt erkenn-<br />
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