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Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...

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<strong>Paul</strong> <strong>Dräger</strong> <strong>zu</strong>:<br />

gebracht: XXXI f.; <strong>Schrott</strong> hingegen „versucht [...] <strong>Homer</strong> <strong>von</strong> seinem<br />

Ufer ab<strong>zu</strong>holen, um ihn ins Heute <strong>zu</strong> bringen“: XXXIII; die vorliegende<br />

Fassung „adaptiert die homerische Diktion in einem modernen Duktus,<br />

der vom hohen Ton bis <strong>zu</strong>m lakonisch Hingeworfenen und Derben eine<br />

weitaus größere Ausdrucksweise umfaßt“. Alles in allem heißt das: <strong>Homer</strong><br />

war ein Stümper, alle seine bisherigen Übersetzer desgleichen, und<br />

es brauchte <strong>Schrott</strong>, um <strong>Homer</strong> <strong>zu</strong>m Dichter und sein Werk mittels vorliegender<br />

‚Übertragung’ <strong>zu</strong> Dichtung <strong>zu</strong> machen. Die Ursache der unüberbietbaren<br />

Naivität, die hinter diesem ‚Ins-Heute-Bringen-Wollen’<br />

steht, ist das kardinale Unverständnis für die Dimension des Geschichtlichen<br />

in Kunst und Kultur überhaupt, wie wir sie z.B. auch im<br />

sogenannten Regietheater erleben: Die Vergangenheit muss sterben,<br />

damit die Eitelkeit der Gegenwart sich brüsten kann. Ganz im Schlepptau<br />

dieser irregeleiteten Ideologie redet hier einer, der <strong>Homer</strong>s Poesie offenkundig<br />

nicht einmal im Ansatz verstanden hat. <strong>Schrott</strong>s ‚Übertragung’<br />

gerät folgerichtig <strong>zu</strong>r Karikatur. – Genaue Stellenangaben für literarische<br />

Zeugnisse fehlen durchgehend (S. V, XI, XXIV, XXIX, XL: Platon;<br />

S. XV: Longinus).<br />

Zu Teil II (‚Übertragung’, S. 1-523): Erwarten würde man hier eigentlich<br />

nur die Überset<strong>zu</strong>ng der <strong>Ilias</strong>. <strong>Schrott</strong> lässt dieser aber eine ‚Inhaltsangabe’<br />

der ‚Kypria’ einschließlich der ‚Übertragung’ eines sieben Verse<br />

umfassenden Fragmentes (F 1 EGF/PEG, mit bereits hier falschen Wiedergaben<br />

11) vorausgehen (S. 1-13: „Kypria. Die zypriotischen Geschichten.<br />

Der troianische Krieg – Erster Teil“) und eine solche der ‚Aithiopis’<br />

folgen (S. 519-523: „<strong>Homer</strong>. 12 Aithiopis. Die aithiopische Geschichte.<br />

Der troianische Krieg – Dritter Teil“, S. 519-523); beide habe er aus<br />

Proklos, Apollodorus (!), Athenaeus (!), aus „dem“ (!) Pindar-Scholiasten<br />

und „dem“ (!) <strong>Homer</strong>-Scholiasten „kollationiert“ (S. 11; 523; gemeint:<br />

11 In V. 2 des Originals heißt es nicht „die weite und breite brust der erde“, sondern<br />

‚die Breite der schwer belasteten Brust der Erde’: Die Pointe (‚schwer belastet’, daher<br />

‚fast schon erdrückt’) ist zerstört; das gleiche Pointen-Unverständnis in V. 4: Zeus ‚erlöst’<br />

(<strong>Schrott</strong>) die Erde nicht, sondern er ‚erleichtert’ (κoυ��σαι) sie; wenn man die Bedeutung<br />

griechischer Wörter schon nicht (größtenteils) auswendig kennt – was für einen<br />

Übersetzer aus dem Griechischen, wie für jeden Übersetzer aus jeder beliebigen<br />

Sprache, die Grundvorausset<strong>zu</strong>ng ist –, dann sollte man sie wenigstens in <strong>Homer</strong>-<br />

Lexika nachschlagen (wofür man allerdings wiederum gut Griechisch können muss).<br />

12 Die ‚Aithiopis’ wird gemeinhin, was <strong>Schrott</strong> S. 523 selbst übernimmt, Arktinos <strong>von</strong><br />

Milet (und nicht <strong>Homer</strong>) <strong>zu</strong>geschrieben. – Die Bezeichnung des Priamos als „Vasall der<br />

Assyrer“ (S. 522, 2. Zeile, im Zusammenhang mit der Hilfeleistung durch den aithiopischen<br />

„General Memnon“, vgl. schon S. XII) ist ebenso wie die des angeblichen Kyprien-Verfassers<br />

Stasinos als eines „zypriotischen Magistraten (eine Art Schreiber also)“<br />

(S. 11) ein Ausläufer <strong>von</strong> <strong>Schrott</strong>s Kilikien-These (<strong>zu</strong>m wahren Sinn des Werktitels der<br />

‚Kyprien’ s. oben S. 3).<br />

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