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Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...

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<strong>Paul</strong> <strong>Dräger</strong> <strong>zu</strong>:<br />

weiß nicht so recht, ob er eine solche ‚Definition’ nur ‚unverständlich’<br />

oder gleich hanebüchenen Unsinn nennen soll; letztlich zeigt sie, dass<br />

der „Dichter“ („<strong>Homer</strong>s Heimat“ S. 11) und ‚Übersetzer’ <strong>Schrott</strong> grundsätzlich<br />

nicht begriffen <strong>zu</strong> haben scheint, was Rhythmus ist, s. Duden,<br />

Fremdwörterbuch s.v.: „geregelter, harmonischer Wechsel <strong>von</strong> langen<br />

und kurzen, betonten und unbetonten Silben, besonders in der Versdichtung“;<br />

Wahrig, Fremdwörterlexikon s.v.: „Absichtlich gestaltete, in<br />

gleichen zeitlichen Abständen wiederkehrende Gliederung <strong>von</strong> Elementen<br />

der Tonstärke, -höhe und Bewegung in Tanz, Musik und Sprache“;<br />

ferner daselbst: „freie Rhythmen: reimlose, durch kein bestimmtes Versmaß<br />

und nicht an eine Strophenform gebundene, stark rhythmisch bewegte<br />

Verszeilen“ (was auch immer der Autor dieser Definition sich unter<br />

‚stark rhythmisch bewegt’ vorstellt). Die ‚Wikipedia’ stellt unter<br />

‚Verslehre’ zwar fest („Unregelmäßige Verse“): „Auch die moderne Lyrik<br />

verzichtet häufig auf die klassischen poetischen Mittel <strong>von</strong> Reim und<br />

Versmaß und verwendet den freien Vers, der im 19. Jahrhundert in<br />

Frankreich als vers libre entwickelt wurde. Durch den völligen Verzicht<br />

auf die Regeln der Metrik nähert sich der freie Vers der Prosa an.“ Der<br />

Rez. vermag jedoch in <strong>Schrott</strong>s ‚Übertragung’ weder <strong>von</strong> einer ‚ungebundenen’<br />

noch ‚freien flexiblen Rhythmik’ noch <strong>von</strong> einem ‚freien Vers’<br />

etwas <strong>zu</strong> erkennen – ganz im Gegensatz <strong>zu</strong> Schadewaldts Rhythmisierung,<br />

auf deren Charakteristika („in ungebundenen, freien Rhythmen“)<br />

49 <strong>Schrott</strong> offensichtlich in seiner Negierung („Rhythmik, die jedoch<br />

weder ungebunden noch frei ist“) anspielt. Rhythmus ist aber nun<br />

einmal eine der integrativen Grundkonstituenten antiker Dichtung. Infolgedessen<br />

bedeutet seine Ignorierung in einer ‚Übertragung’ antiker<br />

Dichtungen letztlich eine Entpoetisierung der Original-Intention des<br />

Dichters – es sei denn, man übersetzt bewusst resignierend <strong>von</strong> vornherein<br />

in Prosa, wie z.B. Schadewaldt, Odyssee („ein erhebliches Opfer<br />

gebracht“: Erstauflage 1958, S. 323), oder bemüht sich (wie der Rez. in<br />

seinen Überset<strong>zu</strong>ngen), Semantik, Stilfiguren, Wortstellung etc. des Originals<br />

nach<strong>zu</strong>bilden). Daher – wenn schon nicht Schadewaldts rhythmisierte<br />

Prosa – denn doch lieber Rupés, selbst Voss’ Hexameter (Vorlage<br />

Rupés) oder Latacz’ Jamben! 50<br />

49 Siehe oben Anm. 2; ähnlich verschwommen bei <strong>Schrott</strong>, Sieben Prämissen (wie<br />

Anm. 26) S. 196: „flexiblere Rhythmen [...] innerhalb typographischer Grenzen nun“;<br />

Replik (wie Anm. 26) S. 469 „flexible (und nicht ungebunden freie!) Rhythmik“; vgl.<br />

auch Latacz’ Überset<strong>zu</strong>ngsvorwort, BK I 1 S. XVII-XX sowie dens.: <strong>Homer</strong> übersetzen<br />

(wie Anm. 26) S. 367-369.<br />

50 Vgl. ‚Die Zeit’ vom 11. September 2008: „Und tatsächlich: Während <strong>Schrott</strong>s Überset<strong>zu</strong>ng,<br />

die auf Verse verzichtet, oft wie eine nacherzählende Lesebuchversion daherkommt,<br />

entfalten Latacz’ Verse große Sprachmagie.“<br />

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