Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...
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<strong>Paul</strong> <strong>Dräger</strong> <strong>zu</strong>:<br />
2002, [S. 1103-1121] S. 1110; Sonderdruck Basel 2001/2002, S. 9).<br />
Auch hier: Wie will man das auf Kilikien beziehen?<br />
Von den Dutzenden weiterer Stellen expliziten Lokalkolorits, 94 die jeden<br />
Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> Kilikien ausdrücklich ausschließen, stehe speciminis causa<br />
noch das Gleichnis <strong>Ilias</strong> 9,4-8 – es sei an die gemäß <strong>Schrott</strong> („<strong>Homer</strong>s<br />
Heimat“ S. 13) Aussagekraft der „Landschaftsbeschreibungen der homerischen<br />
Gleichnisse“ erinnert, die „in ihren agrarischen und geographischen<br />
Spezifika alle mit Kilikien und kaum je mit der Troas“ übereinstimmen<br />
(s. oben S. 35, 57):<br />
Und wie zwei Winde das fischreiche Meer aufrühren,<br />
(5) Boreas (Nord) und Zephyros (West), die beide <strong>von</strong> Thrakien her<br />
wehen,<br />
plötzlich beide aufgekommen, und <strong>zu</strong>gleich helmt sich die Woge<br />
schwarz<br />
auf und ergießt in Menge entlang der Salzflut Seegras (��κος):<br />
So wurde zerrissen der Mut in der Brust der Achaier.’ (PD)<br />
Bei ��κος handelt es sich nicht um Algen oder „Tang“ (Schadewaldt,<br />
Hampe), sondern um „Seegras“ (Voss/Rupé, danach wohl <strong>Schrott</strong>), genauer<br />
die beiden Seegras-Arten Zostera marina und Zostera noltii, die<br />
nur für die Küsten der Nordwest-Türkei (neben Marmara- und Schwarzem<br />
Meer) angegeben werden; 95 für die Küsten der Troas, besonders<br />
nach starken Stürmen, bestätigt es Herzhoff aus Autopsie, nie jedoch<br />
für die türkische Südküste, wo es in der Literatur auch gänzlich fehlt.<br />
Fazit der naturwissenschaftlichen Überprüfung <strong>von</strong> <strong>Schrott</strong>s ‚Übertragung’<br />
– und damit Ende des naturkundlichen, namentlich botanischzoologischen<br />
Exkurses für naturferne Schreibtisch-Philologen (d.h.<br />
Stadtmenschen, die heute vielleicht schon nicht mehr zwischen Buche<br />
und Eiche unterscheiden können): Natürlich liest kein Leser die <strong>Ilias</strong><br />
aus botanischen oder zoologischen Gründen, aber die natürlichen<br />
Grundgegebenheiten der physischen Realität müssen stimmen; und das<br />
gilt gemäß dem oben S. 57 als Motto <strong>von</strong> Goethes „Noten und Abhand-<br />
94 Man kann auch Kategorie I (explizites Lokalkolorit) und II (implizites) kombinieren,<br />
z.B. die �ηγ�ς (Troia-Eiche) am Skaiischen Tor (6,237) und im Bergtal (16,767, s. oben<br />
S. 38); da<strong>zu</strong> gibt es eine Kategorie III: ‚projiziertes Lokalkolorit’, z.B. 22,147-152 (warme<br />
und kalte Skamander-Doppelquelle „in kühner topographischer Projektion an den<br />
Burgberg <strong>von</strong> Troia verlegt“: Herzhoff, Flußkatalog [wie Anm. 65] S. 114f. mit Anm.<br />
47).<br />
95 S. H. Davis: Flora of Turkey and the East Aegean Islands, Band 8, Edinburgh 1984,<br />
S. 33.<br />
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