Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...
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<strong>Paul</strong> <strong>Dräger</strong> <strong>zu</strong>:<br />
ter dem Mantel der ‚Modernisierung’ sprachlich aufgepeppt und <strong>zu</strong> einem<br />
Flickwerk (Cento) vereinigt worden <strong>zu</strong> sein 82 – ein Schlag ins Gesicht<br />
aller seriös arbeitenden Angehörigen der (wenn überhaupt, dann<br />
schlecht bezahlten) Berufsübersetzer-Zunft. Insofern ist die Etikettierung<br />
auf dem Titelblatt „<strong>Übertragen</strong> <strong>von</strong> <strong>Raoul</strong> <strong>Schrott</strong>“ eine Mogelpackung<br />
bzw. Irreführung des Lesers, ja Hochstapelei und Betrug am<br />
Käufer (leider kann <strong>Homer</strong> selbst sich urheberrechtlich nicht mehr<br />
wehren, aber im Gegensatz <strong>zu</strong> ihm schlafen seine Anwälte keinen Augenblick).<br />
Insofern ist aber die Tätigkeit des Rezensenten – der selbstverständlich<br />
einem „Response“ herzlich gern entgegensähe, wenn er<br />
nicht schon jetzt wüsste, dass ihm mit dem Vorwurf ‚philologischer<br />
Beckmesserei 83 nur hochtrabendes substanzloses Gerede bzw. „Wolkenputzerei“<br />
84 entgegengehalten würde – eigentlich sinnlos, da sie keine<br />
ernst<strong>zu</strong>nehmende Grundlage hat: Es kann im geläufigen Sinne nicht<br />
etwas „Übertragung“ genannt werden, was nicht durch einen intimen<br />
Kenner der Sprache und des kulturellen Kontextes des Originals unter<br />
Wahrung der historischen Bedingtheit dieses Originals mit Geschmack<br />
und Augenmaß <strong>von</strong> seinem Original-Ort an einen anderen ‚getragen’<br />
wurde (‚Translation’). Hier wurde allenfalls <strong>von</strong> jemandem, der weder<br />
über ein Griechisch- noch sonst ein altertumswissenschaftliches Fachstudium<br />
verfügt, allerlei ‚<strong>zu</strong>sammengetragen’ (conferre) und miteinander<br />
‚verglichen’ (comparare, was ja auch der dekuvrierende erste Satz des<br />
Vorwortes <strong>von</strong> „<strong>Homer</strong>s Heimat“ (S. 11; s. schon oben S. 13) „(man) vergleicht<br />
die vielen Überset<strong>zu</strong>ngen anderer“ bestätigt und was somit der<br />
Berufsbezeichnung <strong>Schrott</strong>s als ‚Komparatist’ plötzlich einen ganz anderen,<br />
delikaten (auch <strong>von</strong> seinen seriösen Komparatisten-Kollegen<br />
vermutlich kaum goutierten) Sinn gibt ... Um es ganz klar <strong>zu</strong> sagen: Es<br />
ist exakt dieses Vorspiegeln einer auf dem Urtext basierenden selbst<br />
82 Eine <strong>zu</strong>grundeliegende griechische Ausgabe wird nie aufgeführt (auch nicht in „<strong>Homer</strong>s<br />
Heimat“); Mauritsch S. 527 spricht vom „griechischen Text in einer der herkömmlichen<br />
<strong>Ilias</strong>-Ausgaben“, nennt S. 528 die Überset<strong>zu</strong>ngen <strong>von</strong> Voss/Rupé, Schadewaldt,<br />
Hampe und Ebener (1983).<br />
83 Vgl. Wilamowitz (wie Anm. 1) S. 1: „Wir Philologen, die trocknen Schleicher, die am<br />
Buchstaben haften und grammatischen Haarspaltereien nachhängen, haben nun einmal<br />
auch die Verkehrtheit, daß wir mit ganzem Herzen die Ideale lieben, denen wir<br />
dienen.“<br />
84 „Handbuch der Wolkenputzerei. Gesammelte Essays“ (München 2005) nennt<br />
<strong>Schrott</strong> sehr <strong>zu</strong> Recht eines seiner Bücher (laut Homepage des Carl Hanser Verlags<br />
eine ‚Einführung in das Handwerk des Dichters’); da<strong>zu</strong> <strong>Schrott</strong> selbst im Interview mit<br />
dem Bayerischen Rundfunk (wie Anm. 44) auf die Feststellung des Gesprächspartners<br />
(„Der ‚Wolkenputzer’ ist dann demnach der Lyriker“) mit entwaffnender Selbsterkenntnis<br />
(die er wohl, voll latenter Eitelkeit, für selbstironisch hält): „Nein, die Wolken sind<br />
eher diese Gebilde, die wie Gedichte sind [...] Die Wolkenputzerei ist eher die Kritik,<br />
die Literaturkritik [...] eigentlich könnte man dieses Buch – und das sind ja alles sehr<br />
weit ausholende Essays – auch ‚Gesammelte Klugscheißereien’ nennen.“<br />
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