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Paul Dräger zu:* Homer, Ilias. Übertragen von Raoul Schrott ...

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<strong>Raoul</strong> <strong>Schrott</strong>: <strong>Homer</strong>, <strong>Ilias</strong> und <strong>Homer</strong>s Heimat<br />

für den Dadaismus 45 <strong>zu</strong>sammenhängen. Dass <strong>Schrott</strong> aber als habilitierter<br />

„Komparatist“ bzw. „Sprachwissenschaftler“ 46 konsequent kleinschreibt,<br />

zeugt <strong>zu</strong>nächst einmal <strong>von</strong> Unkenntnis der Geschichte der<br />

deutschen Rechtschreibung (s. die Zusammenfassung <strong>von</strong> Lutz Götze:<br />

‚Zur Geschichte der Rechtschreibung’, in: Wahrig. Die deutsche Rechtschreibung,<br />

Gütersloh/München 2006, S. 33-39): Die Unterscheidung<br />

Groß- / Kleinschreibung hatte Hieronymus Freyer 1722 („Anweisung<br />

<strong>zu</strong>r Teutschen Orthographie“) empfohlen, Johann Christoph Gottsched<br />

1748 und Johann Christoph Adelung 1774-1786 hatten sie übernommen<br />

(Götze S. 34: „Seit Gottsched ist <strong>zu</strong>dem die Großschreibung der<br />

Substantive Norm“); Jacob Grimm wollte durchgehende Kleinschreibung,<br />

setzte sich aber damit nicht durch; Konrad Duden machte dann<br />

1880 diese Unterscheidung verbindlich, die auch die neueste ‚Reform’<br />

und ‚Reform’ der ‚Reform’ so belassen haben (allerdings mit vielen Fehlern<br />

und Inkonsequenzen); einig waren sich alle Reformer jedenfalls<br />

darin, im Deutschen „das vertraute Schriftbild nicht all<strong>zu</strong>sehr an<strong>zu</strong>tasten<br />

und den Bedürfnissen sowohl der Schreiber- als auch der Lesergruppe<br />

Rechnung tragen <strong>zu</strong> müssen“ (Meyers Neues Lexikon s.v. Rechtschreibung).<br />

Ignoriert <strong>Schrott</strong> aber die deutsche Schreibgeschichte (<strong>von</strong><br />

der griechischen ganz <strong>zu</strong> schweigen: <strong>Homer</strong> schrieb in Kapitalis 47 – im<br />

Gegensatz <strong>zu</strong>r unter Laien verbreiteten Meinung), bleibt als Erklärung<br />

nur eine Manieriertheit, die poetische ‚Erhabenheit’ und ‚Anderssein gegenüber<br />

der Masse’ signalisieren soll: Es ist bloße äußerliche (formale)<br />

45 Siehe da<strong>zu</strong> im Interview (wie Anm. 44) S. 1 (<strong>Schrott</strong>s Wohnung im Hause <strong>von</strong> Max<br />

Ernst); S. 9f. (der Interviewer [„die Hochstapelei war ja auch ein Mittel, das die Dadaisten<br />

gerne angewandt haben, um den Literatur- und Kunstbetrieb <strong>zu</strong> persiflieren“] über<br />

<strong>Schrott</strong> als „Sekretär <strong>von</strong> Philippe Soupault [1897-1990], dem letzten waschechten<br />

Dadaisten“); in der „Habilitationsschrift Innsbruck“ (s. Anm. 46) S. 138: „Die Dokumentationen<br />

über Dada, die ich vorlegte“ (<strong>Schrott</strong>s Dissertation [Innsbruck 1988] trägt<br />

den Titel ‚Dada 1921 – 1922 in Tirol’).<br />

46 Das wird nie so richtig klar, vgl. in dem in Anm. 44 genannten Interview: „Weil ich<br />

ja auch komparatistisch ausgebildet bin“ (S. 7); „Daß ich Sprachwissenschaftler bin,<br />

ist nicht ganz richtig, ich bin einfach habilitiert am Institut für vergleichende Literaturwissenschaften<br />

an der Universität in Innsbruck“ (S. 8f.). Und so verzeichnet der österreichische<br />

Zentralkatalog als „Habilitationsschrift Innsbruck“ folgendes dem Rez.<br />

vorliegendes Sammelsurium: <strong>Raoul</strong> <strong>Schrott</strong>, Fragmente einer Sprache der Dichtung,<br />

Graz 1997, wo sich <strong>Schrott</strong> S. 118f. (Teil III: „Biographisches“) auch über „diese weltweit<br />

einzigartige Großschreibung des Deutschen“ auslässt: „Und auch die Kleinschreibung<br />

der Zeilen [scil. bei meinen ersten literarischen Versuchen] kam wohl daher, daß<br />

dies in den 70ern noch gang und gäbe war [...] Von der Schule [wohl in Tunis: s. oben<br />

Anm. 44] her war für mich die Kleinschreibung das Normale“.<br />

47 Siehe das Beispiel <strong>von</strong> Rudolf Wachter im Troia-Katalog (Troia – Traum und<br />

Wirklichkeit. Begleitband <strong>zu</strong>r Ausstellung in Stuttgart, Braunschweig und Bonn, hg,<br />

<strong>von</strong> M. Korfmann, Latacz [u.a.], Stuttgart 2001), S. 80 Abb. 84; vgl. im <strong>Homer</strong>-Katalog<br />

(<strong>Homer</strong>. Der Mythos <strong>von</strong> Troia in Dichtung und Kunst, hg. <strong>von</strong> Joachim Latacz [u.a.],<br />

München 2008), S. 68 Abb. 7.<br />

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