wd Frühling 2022
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<strong>wd</strong> PORTRAIT<br />
Braucht es zwingend Vorkenntnisse auf dem Grün,<br />
um bei Ihnen ein Coaching buchen zu können?<br />
Nein, nicht zwingend. Ich biete zwei verschiedene Arten von Coachings<br />
an. Zum einen für Einzelpersonen, die bereits Golferfahrung<br />
haben, zum anderen für Gruppen, deren Teilnehmer mitunter<br />
noch nie einen Golfschläger in der Hand gehalten haben.<br />
Bei Letzterem arbeite ich mit einem PGA-Professionell zusammen.<br />
Diese Gruppencoachings, die meist von Firmen gebucht werden,<br />
sind immer eine Mischung aus Theorie und Praxis. Vormittags<br />
finden Übungen und Wissensvermittlung im Seminarraum statt.<br />
Am Nachmittag kommen die golferischen Elemente hinzu. Es ist<br />
jedesmal spannend, zu beobachten, wie die Menschen hier reagieren.<br />
Heißt das, hier werden schonungslos<br />
Choleriker und Spielverderber entlarvt?<br />
Es gibt ein Modell von Taibi Kahler, das fünf verschiedene Persönlichkeitstypen<br />
– die sogenannten Antreiber – unterscheidet. Das<br />
sind beispielsweise die Perfektionisten, die gerne mal mit dem<br />
Fuß aufstampfen, wenn es ihnen partout nicht gelingen will.<br />
Für die Kämpfer ist die knallharte Konkurrenz entscheidend. Die<br />
Harmoniebedürftigen wollen es allen recht machen, die Hektiker<br />
wollen möglichst schnell fertig werden und für die Performer<br />
gilt es, sich möglichst anzustrengen. Leider sind das oftmals<br />
diejenigen, die sich selbst ausbeuten. Die meisten sind<br />
allerdings Mischformen aus verschiedenen Persönlichkeitstypen.<br />
Sich in Selbstreflexion üben und sich selbst<br />
erkennen – ist das häufig ein Manko bei Führungskräften?<br />
Ja, tatsächlich. Es ist nicht sehr angenehm, in die dunkelsten<br />
Ecken der eigenen Persönlichkeit zu blicken. Viele haben sich<br />
über Jahre und Jahrzehnte hinweg ihre eigene Welt um sich herum<br />
aufgebaut, in der eigene Fehler oder Schwächen rigoros<br />
geleugnet oder überspielt werden. Fakt ist, dass die Dinge, die<br />
ich am meisten vor anderen verstecken möchte, meinem Umfeld<br />
am ehesten ins Auge fallen.<br />
Weil wir dann nicht authentisch sind?<br />
Genau. Unser Gegenüber spürt, wenn wir uns verstellen. Dabei<br />
ist schonungslose Ehrlichkeit in vielen Fällen wesentlich sympathischer.<br />
Sie macht uns nicht schwach, sondern liebenswert,<br />
nahbar und echt. Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber<br />
zahlt sich aus, denn sie schafft Vertrauen – eine der Grundvoraussetzungen<br />
für gute Führungskräfte.<br />
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Das klingt alles nicht sonderlich erstrebenswert.<br />
Ist es auch nicht. Die Antreiber eines Menschen<br />
kommen vor allem in Stresssituationen zum<br />
Ausdruck. Kein Antreiber ist per se schlecht oder<br />
gut. Die meisten Menschen haben Anteile<br />
jedes Antreibers, ein bis zwei davon sind<br />
in der Regel stärker ausgebildet als die<br />
anderen. Diese Antreiber werden<br />
stark durch unsere Wertvorstellungen<br />
und Handlungsmotivationen<br />
geprägt, die wir<br />
bereits in der Kindheit entwickeln.<br />
Im Coaching helfe ich<br />
den Teilnehmern, sich selbst<br />
besser zu erkennen und bewusst<br />
gegenzusteuern. Dabei<br />
ist es gar nicht notwendig,<br />
dass ich den Menschen auf<br />
den Kopf zusage „Sie sind ein<br />
Perfektionist!“. Das erkennen<br />
die meisten sehr gut von<br />
selbst.<br />
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