Von Hitze und dem Blumentopfeffekt Von Uwe Ritzer 26 <strong>WIKO</strong> Ausgabe <strong>2023</strong>
Der Landkreis <strong>Eichstätt</strong> verfügt über große Wasserreserven. Einerseits. Doch andererseits sinken wie in ganz Deutschland auch hier die Grundwasserstände und die Pegel der Flüsse <strong>–</strong> der Klimawandel lässt grüßen. Was ist zu tun? Katastrophenwarnungen klingen anders, dramatischer. Aber der Mitte Juni <strong>2023</strong> verbreitete Aufruf der Wasserzweckverbände Altmühltal-Denkendorf-Kipfenberg und der <strong>Eichstätt</strong>er Berggruppe ließ dennoch an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Es sei heiß und regne zu wenig, hieß es da. Gleichzeitig steige der Wasserverbrauch. In Spitzenzeiten übersteige die Entnahme „die mögliche Förderleistung der Anlagen <strong>–</strong> was zum Absinken des Wassers in den Wassertürmen und Behältern führen kann“. Aktuell sei die Situation „noch nicht akut <strong>–</strong> kann aber in Notsituationen, also etwa, wenn Löschwasser gebraucht wird, zu Engpässen führen“. Deshalb, so die drei kommunalen Versorger, solle die Bevölkerung sparsam mit Trinkwasser umgehen. Auf Autowaschen, Pools befüllen oder das Reinigen von Terrassen mit Trinkwasser möglichst verzichten. Oder duschen, anstatt sich zu baden. Außerdem würde es helfen, wenn Grünanlagen, Gärten, Sportplätze und auch Gemüsegärten nicht mehr, zumindest aber weniger gegossen würden. Der Aufruf ist umso bemerkenswerter, weil der Landkreis <strong>Eichstätt</strong> bislang nicht zu den Regionen Bayerns oder Deutschlands zählt, die unter Wasserknappheit leiden oder wo eine solche unmittelbar bevorsteht. In weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands ist das der Fall, auch in Unterfranken und anderen Gebieten Nordbayerns. Im Landkreis <strong>Eichstätt</strong> aber müsse niemand Angst haben, dass in absehbarer Zeit die Trinkwasserversorgung schwächelt, sagt Stephan Daum, zuständiger Abteilungsleiter und Vize-Chef des Wasserwirtschaftsamtes Ingolstadt auf <strong>WIKO</strong>-Anfrage. „<strong>Das</strong> Grundwasserdargebot <strong>für</strong> die Trinkwasserversorgung ist <strong>für</strong> die nächsten Jahrzehnte ausreichend.“ Von der Menge her werde auch in Zukunft ausreichend Trinkwasser <strong>für</strong> die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stehen. <strong>Das</strong> ist die gute Nachricht. Doch es gibt auch eine schlechte. Denn es gibt gleichzeitig einen Negativtrend. „<strong>Das</strong> Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt beobachtet seit Jahren fallende Grundwasserstände und sehr niedrige Abflüsse in den Gewässern im Landkreis <strong>Eichstätt</strong>“, sagt Stephan Daum. Die fallenden Grundwasserstände „sind auch außerhalb von Trinkwasserbrunnen vorhanden. Wir führen dies auf die verminderte Grundwasserneubildung in den letzten Jahren zurück. Die schnee- und niederschlagsarmen Winter der letzten Jahre haben zur Verringerung der Grundwasserneubildung beigetragen.“ Mit anderen Worten: Die Wasservorräte schrumpfen. Dazu muss man wissen: Knapp 65 Prozent des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen, weitere 16 Prozent aus Uferfiltrat. Zwei Drittel des neuen Grundwassers bilden sich während der Wintermonate, weil die Pflanzen in dieser Jahreszeit dem Boden kaum Wasser entziehen. Allein deshalb sind niederschlags- und schneearme Winter ein Problem. Der Negativtrend lässt sich auch an Flüssen und Seen ablesen, oberirdisch also: Die Altmühl oder etwa der Pfünzer Bach führen seit Jahren weniger Wasser. „ Deutschland steuert langsam, aber sicher auf einen Wassernotstand zu„ <strong>Das</strong> bekanntermaßen <strong>für</strong> Mensch und Natur überlebenswichtige Allgemeingut Wasser ist nichts, was sich an Stadt-, Landkreis-, Landes- oder Staatsgrenzen hält. Insofern lohnt sich auch bei der Betrachtung und Beurteilung der Situation in einem Landkreis wie <strong>Eichstätt</strong> der Blick über den Gartenzaun. 2,2 Milliarden Menschen weltweit haben der UN zufolge keinen Zugang zu sauberem Wasser, weitere knapp anderthalb Milliarden leben diesbezüglich in großer Unsicherheit. Die Hälfte der Erdbevölkerung, etwa vier Milliarden Menschen, erlebt mindestens in einem Monat pro Jahr Wasserknappheit. In Deutschland hat dies die breite Öffentlichkeit lange nicht interessiert, warum auch? Wasser war stets im Überfluss vorhanden, und im globalen Vergleich ist das immer noch so. Aber fatalerweise werden die wasserarmen Landstriche mit jedem Hitzesommer mehr. Deutschland, darin sind sich alle Experten einig, steuert langsam, aber sicher auf einen Wassernotstand zu, sofern sich im Umgang mit der Ressource Wasser nichts Gravierendes ändert. Es wird hierzulande mehr verbraucht, als sich neu bildet. Lange im Überfluss Hauptgrund <strong>für</strong> die Veränderung ist der Klimawandel. Die Erderwärmung zieht im Sommer immer längere Hitzeperioden nach sich, was höheren Wasserverbrauch <strong>für</strong> Mensch und Natur, aber auch eine höhere Wasserverdunstung nach sich zieht. Regen, auch das eine bereits spürbare Folge des Klimawandels, fällt immer häufiger als Extrem-Niederschlag auf die Erde, in solchen gewaltigen Mengen und mit einer Wucht binnen kürzester Zeit, dass der Boden das Wasser nicht mehr verarbeiten kann. Es fließt oberflächlich ab, ohne dass es in den Boden versickert und sich in den Trinkwasserkreislauf integriert. Es ist wie mit einer Zimmerpflanze. Wer sie vertrocknen lässt und dann irgendwann gießt, kann beobachten, wie das Wasser nicht in der bröselig-trockenen Erde versickert, sondern rechts und links den Blumentopf hinabfließt. Eine bedingt durch den Klimawandel um vier bis fünf Grad höhere Durchschnittstemperatur pro Jahr würde bis zu 30 Prozent weniger Niederschlag im Sommer und zehn Prozent mehr Regen im Winter bedeuten, haben Klimaforscher wie der Würzburger Professor Heiko Paeth ausgerechnet. Experten in den Stadtwerken und bei den kommunalen Wasserversorgern haben diese Negativtrends längst auf dem Schirm, denn sie kämpfen bereits damit. Bei einer im Juni <strong>2023</strong> veröffentlichten Umfrage des Branchenverbands DVGW gaben ein Drittel der öffentlichen Versorger an, dass ihre Wasserkapazitäten an heißen Tagen zu 90 Prozent oder mehr ausgelastet seien. Jeder fünfte Versorger erlebte im Hitzejahr 2022 mindestens einen <strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong> 27