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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Eichstätt

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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indem er sich in größeren Bereichen<br />

aus der Autoindustrie verabschiedet<br />

hat. „Ich merke da jetzt schon den<br />

Umbruch, die Dynamik geht zurück“,<br />

erzählt er. Festzustellen sei das an zwei<br />

Entwicklungen: an ersten Insolvenzen<br />

und an mangelnder Nachfolge in den<br />

Unternehmen.<br />

„Wenn ich mal auf das Jahr 2030 blicke,<br />

dann stelle ich mir da generell die<br />

Frage, ob da überhaupt noch ein Auto<br />

in Ingolstadt vom Band läuft.“ Und<br />

selbst wenn: Stehen an diesem Band<br />

dann noch sehr gut bezahlte Menschen<br />

oder ist man nicht längst bei der vollautomatisierten<br />

Produktion angelangt?<br />

<strong>Das</strong> klingt dann durchaus ein bisschen<br />

nach Detroit 2.0. Denn bei Audi in Ingolstadt<br />

arbeiten mehr als 40.000 Menschen.<br />

Die meisten davon am Band.<br />

Hirsch Engineering <strong>–</strong> die Firma von<br />

Thomas Hirsch <strong>–</strong> hatte vor zwei Jahren<br />

noch 95 Prozent Kunden aus der<br />

Automobilindustrie, heute stammen<br />

85 Prozent des Unternehmensumsatzes<br />

aus anderen Bereichen. Seine Erfahrungen<br />

aus diesem Blitz-Umbau<br />

lassen ihn daran glauben, dass der<br />

ganzen Region die Transformation gelingen<br />

kann. Zum einen, weil man gute<br />

regionale Voraussetzungen hat. Die<br />

Lage zwischen den Technologieachsen<br />

Nürnberg, München, Augsburg<br />

und Regensburg ist von Vorteil. Zum<br />

anderen, weil man großes technisches<br />

Know-how in den bestehenden Unternehmen<br />

vor Ort gebunden hat.<br />

„<strong>Das</strong> wichtigste <strong>für</strong> die Transformation<br />

ist das richtige Mindset“, sagt Hirsch.<br />

„Man muss bereit sein, die Transformation<br />

als Vorreiter mitzugehen,<br />

innovative Gedanken weiterzuspinnen.“<br />

Und hier sieht er in der Region<br />

noch Nachholbedarf. „Wir brauchen<br />

jetzt Mut, um nach vorne zu gehen,<br />

aber dazu sind viele nicht bereit. <strong>Das</strong><br />

ist nachvollziehbar, weil der Mensch<br />

natürlich ein Gewohnheitstier ist, aber<br />

es ist in der aktuellen Situation vermutlich<br />

auch falsch.“<br />

Und damit wäre man wieder bei<br />

Transform.10. Jenem Netzwerk, das<br />

den Umbau der regionalen Automobilbranche<br />

vor Ort betreuen soll. Auch<br />

wenn man insgesamt veränderungswillig<br />

sei, gebe es tatsächlich Nachholbedarf.<br />

„Je größer das Unternehmen,<br />

desto besser gelingt es, sich auf neue<br />

Herausforderungen einzustellen und<br />

den Wandel voranzutreiben“, haben<br />

die Netzwerker aus Ingolstadt beobachtet.<br />

Und auf diejenigen, die sich<br />

dem Wandel verweigern, sieht man<br />

auch bei Transform.10 düstere Zeiten<br />

zukommen. „Für sie wird es schwer<br />

werden, sich weiter am Markt zu behaupten.“<br />

Was Thomas Hirsch aus seiner persönlichen<br />

Transformations-Erfahrung<br />

sagen kann: An Nischen in anderen<br />

Bereichen mangelt es nicht, aber sehr<br />

wohl fehlt es an Kenntnissen, diese zu<br />

finden. Deshalb hat er in der Phase der<br />

Transformation <strong>für</strong> sich lernen müssen,<br />

mehr an und weniger in seinem<br />

Unternehmen zu arbeiten. Hirsch war<br />

unterwegs. In diesem Verband, in jenem<br />

Netzwerk, bei diesem Vortrag.<br />

„Es geht bei einer Umstellung erst mal<br />

darum, andere Branchen kennenzulernen.<br />

Zu verstehen, was da die Anforderungen<br />

sind, wie ich mich aufstellen<br />

muss, um denen gerecht zu werden,<br />

und die Nischen zu finden, die es <strong>für</strong><br />

mich gibt.“ <strong>Das</strong>s es diese Nischen überall<br />

gibt, ist eine durchaus hoffnungsfrohe<br />

Kunde. Zumindest <strong>für</strong> die Unternehmen,<br />

die in Gefahr geraten können.<br />

Nur welche sind das eigentlich? Fragt<br />

man Manuel Karrer von der Pförringer<br />

„ Aus meiner Sicht ist<br />

es nicht gut, was da<br />

derzeit in Ingolstadt<br />

passiert„<br />

FKT GmbH, dann gibt es da eine klare<br />

Antwort. „Für die Unternehmen, die<br />

am Rockzipfel von Audi hängen, wird<br />

es sehr schwer.“ Karrer begründet das<br />

auf zwei unterschiedlichen Wegen.<br />

Erstens: weil Audi knallhart verhandelt<br />

und seinen Zulieferern wenig Luft<br />

zum Atmen lässt. Zweitens: weil Audi<br />

aus seiner Sicht strategisch falsche Entscheidungen<br />

trifft.<br />

„Aus meiner Sicht ist es nicht gut, was<br />

da derzeit in Ingolstadt passiert. Ich<br />

sehe das sehr, sehr kritisch“, sagt er im<br />

Gespräch mit unserem Magazin. Sich<br />

komplett vom Verbrenner zu verabschieden,<br />

sei die falsche Strategie. Den<br />

Verbrennermarkt werde es weltweit<br />

immer geben, glaubt Karrer. Den ohne<br />

Not aufzugeben, hält er <strong>für</strong> einen gro-<br />

ben Fehler. „Damit schenkt man eine<br />

Kompetenz her, die man sich über Jahrzehnte<br />

hinweg aufgebaut hat.“ Und die<br />

aus seiner Sicht auch nicht so schnell<br />

auf andere Felder zu übertragen ist.<br />

Eine Position, die man durchaus auch<br />

von Audianern zu hören bekommt …<br />

Inhaltlich ist diese Argumentation umstritten,<br />

aber sie zeigt eben, wie groß<br />

die Unsicherheiten in der gesamten<br />

Branche im Moment sind. Und Unsicherheiten<br />

erhöhen die Gefahr strategischer<br />

Fehlentscheidungen erheblich.<br />

Die andere Entwicklung, die Karrer<br />

am Wohlergehen der Region zweifeln<br />

lässt, ist das Verhalten von Audi.<br />

„Ich bin massiv enttäuscht“, stellt er<br />

fest. „Wir sind 20 Kilometer von den<br />

Werkstoren entfernt, das ist ja unser<br />

klarer Vorteil, aber das zählt offenbar<br />

nicht mehr. Es kommen gar keine Anfragen<br />

mehr bei uns an.“ <strong>Das</strong> liegt nicht<br />

daran, dass man die FKT-Produkte in<br />

der neuen Welt der E-Mobilität nicht<br />

mehr brauchen würde. Die Pförringer<br />

produzieren vor allem Teile <strong>für</strong> den<br />

Fahrzeuginnenraum und sind vom<br />

Umbruch wenig betroffen.<br />

<strong>Das</strong>s man bei FKT in den kommenden<br />

Jahren trotzdem investiert, hängt<br />

laut Manuel Karrer mit einem anderen<br />

großen bayerischen Autobauer zusammen.<br />

„Wir haben gerade den größten<br />

Auftrag in der Geschichte unseres Unternehmens<br />

von BMW bekommen.“<br />

In München fahre man einen anderen<br />

Kurs und gehe wieder viel stärker auf<br />

regionale Strukturen bei Zulieferern.<br />

<strong>Das</strong>s Audi im Einkauf „schon immer<br />

mit härteren Bandagen gekämpft hat“,<br />

das sei ihm nicht neu, erklärt <strong>Eichstätt</strong>s<br />

Landrat Anetsberger gegenüber<br />

<strong>WIKO</strong>, „aber ich sehe das immer noch<br />

als konstruktives Miteinander“. Experten<br />

der Branche weisen aber ebenfalls<br />

auf Probleme hin. „Wenn Audi seinen<br />

Zulieferern keine Luft mehr lässt, dann<br />

stellt sich die Frage, aus welcher Kasse<br />

sie eigentlich die Entwicklung bezahlen<br />

sollen, die Audi ja durchaus einfordert.“<br />

Wenn man <strong>für</strong> Entwickler Stundensätze<br />

zahle, <strong>für</strong> die man im eigenen<br />

Garten keinen Landschaftsgärtner finde,<br />

sei das schon ein Problem.<br />

Audi selbst sieht das naturgemäß anders.<br />

„Wir sprechen mit unseren Lieferanten<br />

<strong>–</strong> separat vom Alltagsgeschäft <strong>–</strong><br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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