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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Eichstätt

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Netzwerke mit viel Fördergeld aus der<br />

Taufe gehoben, um die zweite und dritte<br />

Ebene der Autoindustrie fit <strong>für</strong> die<br />

Transformation zu machen. Viele Betriebe<br />

und Zulieferer hätten sich schon<br />

vor Jahren Gedanken über die Zukunftsfähigkeit<br />

ihrer Geschäftsmodelle<br />

gemacht, heißt es von Transform.10.<br />

„Insbesondere die Hersteller <strong>–</strong> bei<br />

uns die Audi AG <strong>–</strong> sind Vorreiter der<br />

Transformation und passen sich den<br />

Marktveränderungen mit neuen Produkten<br />

und Dienstleistungen schnell<br />

und flexibel an.“ Na, das klingt doch<br />

hoffnungsfroh.<br />

Aber es gibt auch noch eine andere<br />

Antwort. Eine, die sich aus dem destilliert,<br />

was man in all den Gesprächen<br />

zu hören bekommt, die man <strong>für</strong><br />

diese Geschichte führt. Mal klar ausgesprochen,<br />

mal zwischen den Zeilen<br />

versteckt. Und diese Antwort geht in<br />

etwa so: Der Untergang mag weit weg<br />

erscheinen, aber es müffelt doch sehr<br />

deutlich nach Krise. Die Sorgen, die<br />

man in und rund um die Branche hat,<br />

sie sind real.<br />

Da gibt es etwa Manuel Karrer, Bereichsleiter<br />

Beschaffung bei der FKT<br />

GmbH in Pförring, der erhebliche<br />

Zweifel hat, ob das alles in die richtige<br />

Richtung geht. „Ich denke schon, dass<br />

die goldenen Zeiten in der Region ein<br />

Stück weit zu Ende gehen. Der Wohlstand<br />

der Region steht schon sehr auf<br />

den Beinen von Audi.“ Landrat Anetsberger<br />

mag derweil eine Rezession<br />

nicht ausschließen.<br />

„Viele der Belastungen, die wir im Moment<br />

haben, fallen ja nicht sofort weg,<br />

sondern bleiben erst mal.“ Er meint<br />

Fachkräftemangel, Energiepreise und<br />

eben die große Transformation in der<br />

Autobranche. Und seine Meinung zu<br />

Audi? „Es ist das bestimmende Unternehmen<br />

in der Region und befindet<br />

sich in einer besonders schwierigen<br />

Situation“, analysiert er.<br />

Auch <strong>Eichstätt</strong>s Oberbürgermeister<br />

Josef Grienberger (CSU) ist einer von<br />

denen, die offen sprechen. „Uns stehen<br />

turbulente Jahre bevor“, glaubt der<br />

Politiker. Er ordnet die bevorstehende<br />

Entwicklung allerdings auch gleich<br />

ein. „Man muss halt auch verstehen,<br />

dass die letzten 20 Jahre nicht normal<br />

waren. Seit der Finanzkrise haben wir<br />

in allen Branchen einen Vollboom.<br />

Seitdem ging es nur noch nach oben <strong>–</strong><br />

und zwar über das gesunde Maß hi-<br />

„ Der Untergang mag<br />

weit weg erscheinen,<br />

aber es müffelt doch<br />

deutlich nach Krise„<br />

naus.“ Ein Abschwung also als Rückkehr<br />

zur Normalität. „Ja“, stellt Grienberger<br />

ohne zu zögern fest. „<strong>Das</strong> wäre<br />

kein Rückschritt, sondern eine Normalisierung.<br />

Ich meine, wo sollen die<br />

Immobilienpreise bei uns denn noch<br />

hinsteigen?“<br />

OB Grienberger: „Wohin sollen die<br />

Immobilienpreise noch steigen?“<br />

Ein interessanter Gedanke. <strong>Das</strong>s der<br />

Landkreis <strong>Eichstätt</strong> zu denen mit<br />

der niedrigsten Arbeitslosenquote<br />

Deutschlands gehört, dass man dort<br />

<strong>für</strong> eine Doppelhaushälfte mit Handtuchgarten<br />

in mancher Gemeinde eine<br />

Dreiviertelmillion hinblättern muss …<br />

Sehr normal ist das <strong>für</strong> einen ländlichen<br />

Landkreis tatsächlich nicht. Nirgends<br />

in Deutschland verdient man im<br />

Schnitt besser als in Ingolstadt, geht<br />

aus einer im Juli von der Arbeitsagentur<br />

veröffentlichten Statistik hervor.<br />

Hier liegt das mittlere Einkommen bei<br />

fast 5300 Euro. <strong>Das</strong> strahlt aus in die<br />

Region.<br />

Womit man direkt wieder bei der Stadt<br />

<strong>Eichstätt</strong> wäre. Bei allem Verständnis<br />

<strong>für</strong> eine Normalisierung weiß man<br />

dort, dass Audi-Ärger auch in der Bischofsstadt<br />

ankommen würde. „Uns<br />

treffen die Audi-Probleme vielleicht<br />

weniger direkt, weil wir gar nicht so<br />

viele Unternehmen haben, die direkt<br />

<strong>für</strong> Audi arbeiten“, stellt Grienberger<br />

fest. „Aber es trifft uns von einer anderen<br />

Seite her. Wenn die Arbeitnehmer,<br />

die hier wohnen, ihr Geld von Audi<br />

nicht nach <strong>Eichstätt</strong> bringen, dann machen<br />

die Banken schlechtere Geschäfte,<br />

dann kriegt der Bau Probleme, der<br />

Einzelhandel …“<br />

Man muss das System Audi richtig verstehen,<br />

um das Ausmaß des Problems<br />

nachzuvollziehen. Dazu nimmt man<br />

am besten einen 2000-jährigen Umweg.<br />

Als die Römer den Limes durch<br />

den Landkreis bauten und große Militärstandorte<br />

errichteten, die diese<br />

Grenze bewachen sollten. Um diese<br />

Kastelle herum entwickelten sich lebhafte<br />

städtische Siedlungen als Zen -<br />

tren von Wirtschaft und Kultur. Mitten<br />

im rätischen Nirgendwo entstand<br />

ein zivilisatorisches Lebensniveau, wie<br />

man es nach dem Abzug der Römer<br />

vor Ort die nächsten gut eineinhalbtausend<br />

Jahre nicht mehr zu sehen bekommen<br />

sollte.<br />

Der Grund <strong>für</strong> diesen außergewöhnlichen<br />

Boom? Ein steter Geldfluss von<br />

außen. Alle paar Monate kam ein kaiserlicher<br />

Gesandter und brachte eine<br />

neue Truhe mit Sold aus Rom. In den<br />

boomenden Wirtschaftskreislauf vor<br />

Ort wurde beständig frisches Geld<br />

gepumpt. Ziemlich genau so ist es mit<br />

Audi und der Region. Der Autobauer<br />

mit seinen exorbitanten Gehältern<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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