25.07.2022 Aufrufe

WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Eichstätt

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

so wirkt es, sind sich selbst nicht sicher,<br />

was sie nun voneinander halten sollen.<br />

Allein schon wegen der unterschiedlichen<br />

Viertel und Wohngebiete leben<br />

viele von ihnen eher aneinander vorbei.<br />

Doch es gibt einen Ort, an dem sie<br />

gelegentlich aufeinandertreffen, und<br />

im Ortskern ist der nicht zu finden:<br />

Im Schützenheim Hubertus sitzen der<br />

Vereinsvorsitzende und Erste Schützenmeister<br />

Johannes Jörg und Schatzmeister<br />

Johann Münch am Stammtisch.<br />

Sie erzählen etwas, das sich die<br />

meisten Vereine schon lange nicht einmal<br />

mehr erträumen können: „Nachwuchs?<br />

Mit dem läuft’s hervorragend,<br />

man könnt’ fast sagen, wir haben zu<br />

viel“, berichten sie mit einem stolzen<br />

Lachen.<br />

Jährlich gewinnt der Verein fast 50<br />

Mitglieder. Mittlerweile hätten sie einen<br />

zweiten Jugendtrainer beschäftigt,<br />

es kämen ständig neue Kinder hinzu<br />

und ihre Freunde brächten sie auch<br />

gleich mit. Inzwischen sind es über 400<br />

Mitglieder. Bei Hubertus wird das Vereinsleben<br />

gepflegt, aufeinander geachtet,<br />

es hängen Urkunden, Ehrungen<br />

und Fotos an den hohen Wänden. Der<br />

Verein existiert seit 1872 in Gaimersheim.<br />

„Wir als Verein halten des Öfteren mit<br />

unseren Räumlichkeiten her“, sagt der<br />

Schatzmeister. „Mittlerweile kommt<br />

der Kriegerverein zu uns, die Reservisten,<br />

die Frauen-Union hat sich angekündigt,<br />

auch die SPD hat bei uns<br />

schon eine Sitzung gehabt. Weil es<br />

nichts anderes gibt, fragen sie halt, ob<br />

sie zu uns rauskommen dürfen.“ Es<br />

wirkt, als ob sich der Gemeinderat ein<br />

Stück weit auf den Räumlichkeiten<br />

und dem Engagement des Schützenvereins<br />

ausruht.<br />

Und die „Audianer“, die in ihrer Freizeit<br />

zum Schützenstammtisch kämen,<br />

die gebe es wirklich. Neue Nachbarn<br />

„ Die haben ein Leitbild<br />

entwickelt das heißt: wir<br />

sind die besten und die<br />

schönsten und wir<br />

wollen richtig geile<br />

Gastronomie haben.„<br />

mitzubringen, wenn sie noch keinen<br />

Anschluss hätten, das sei selbstverständlich,<br />

man trinke eine Halbe zusammen,<br />

und dann passe das doch, sagt<br />

der Schatzmeister. Niemand würde<br />

ausgeschlossen, viele Zugezogene interessierten<br />

sich nur nicht unbedingt<br />

<strong>für</strong> das Vereinsleben, ließen sich auf<br />

Veranstaltungen der Schützen oder<br />

des örtlichen Trachtenvereins nicht<br />

blicken <strong>–</strong> aber, fasst er zusammen,<br />

„die, die nicht wollen, hat man ja überall“.<br />

Wenn die Zusammenkunft im Schützenheim<br />

funktioniert, könnte sie auch<br />

im Ortskern funktionieren. Doch es<br />

gibt keine Stammkneipe mehr, keinen<br />

Stammtisch, kein gemeinsames Lieblingsgasthaus:<br />

„Die Gemeinde greift<br />

zwar alles zusammen, was sie im Ortskern<br />

erwischen, aber es entwickelt<br />

sich nichts“, sagt der Schatzmeister, er<br />

klingt ein bisschen frustriert.<br />

Dabei steht in fast allen Wahlprogrammen<br />

der in Bayern vertretenen Parteien<br />

mehr oder weniger ein Ziel formuliert:<br />

eine belebte Innenstadt zu fördern.<br />

Ob konservativ, liberal oder sozialdemokratisch,<br />

Alt oder Jung <strong>–</strong> alle wünschen<br />

sich Leben in ihrem Heimatort,<br />

niemand möchte einen trostlosen Ortskern<br />

als seine Heimat bezeichnen.<br />

Fragt man Architekten, ist eine Innenstadt<br />

vor allem lebhaft, wenn Einwohner<br />

auch innerhalb der Altstadt<br />

leben und sich dort Geschäfte und<br />

Außengastronomie ansiedeln. Geschäfte<br />

laden zum Verweilen ein und<br />

die Außengastronomie prägt das Ortsbild<br />

erheblich, macht attraktiv. Bringt<br />

junge Menschen in den Ort und sorgt<br />

bei Älteren und Alleinstehenden <strong>für</strong><br />

Geselligkeit.<br />

Man trifft sich dort eben <strong>–</strong> und dann<br />

spricht man miteinander. Diese Art<br />

von Kneipe, in der jeden Abend ein<br />

Stammtisch stattfand, gab es in Gaimersheim<br />

bis 2021 auch noch: das<br />

Wirtshaus Ledl. Ein Lokal, das die<br />

beiden Schützenvereinsmitglieder in<br />

positiver Erinnerung haben. Als der<br />

Besitzer der beliebten Kneipe verstarb,<br />

schloss der Laden. Ein Verlust. Ginge<br />

es nach den beiden Ur-Gaimersheimern,<br />

würde ein Pils-Pub im leer<br />

stehenden Haus neben dem Maibaum<br />

am Marktplatz eröffnen. Die Lage <strong>für</strong><br />

einen Biergarten sei dort ideal.<br />

Plan <strong>für</strong> mehr Leben im Ortskern<br />

Auch der Bundesregierung ist das<br />

Problem des strukturellen Aussterbens<br />

deutscher Innenstädte bewusst.<br />

<strong>Das</strong> Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit<br />

hat deshalb ein Förderprogramm<br />

auf den Weg gebracht, an dem sich<br />

Kommunen orientieren sollen. Es<br />

nennt sich integriertes städtebauliches<br />

Entwicklungskonzept, kurz ISEK. In<br />

Gaimersheim fanden bereits mehrere<br />

Informationsveranstaltungen des Förderprogramms<br />

statt. Bürgerinnen und<br />

Bürger, die im Ortskern leben oder ein<br />

Haus besitzen, wurden eingeladen mitzudiskutieren,<br />

wie mit dem Leerstand<br />

umgegangen werden soll.<br />

Der Wirtsraum des Schützenvereins: Ersatz <strong>für</strong> die Stammkneipe und Treffpunkt <strong>für</strong> alle.<br />

„Na, das ist ganz nett, wenn das Architekturbüro<br />

aus Freising sich da vor uns<br />

hinsetzt, das unseren Ort nicht kennt“,<br />

sagt der Schatzmeister des Schützen-<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!