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WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Eichstätt

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Obwohl die Reform noch nicht greifbar<br />

ist, man nicht genau weiß, wie am<br />

Ende was in Berlin umgesetzt wird:<br />

Karl Lauterbach ist zuversichtlich, dass<br />

es gerade <strong>für</strong> das Großkrankenhaus in<br />

Ingolstadt von Vorteil sein wird. Aber<br />

er beeilt sich, auf Nachfrage, zu betonen,<br />

dass natürlich und gerade auch<br />

die kleinen Kliniken profitieren. Wenn<br />

sie sich denn in ihrer Spezialisierung<br />

besser aufstellen. Denn <strong>für</strong> den obersten<br />

Gesundheitspolitiker der Republik<br />

ist eines klar: Es gibt zu viele Angebote<br />

auf zu viele Krankenhäuser verteilt.<br />

Und zu viele Betten.<br />

Da wird er wieder mit dem Problem<br />

der kalten Strukturbereinigung konfrontiert.<br />

Lauterbach verteidigt seine<br />

Reform vehement, sieht ohne sie viele<br />

kleine Krankenhäuser vor die Hunde<br />

gehen. Mehr noch: Wenn die Krankenhäuser<br />

ihre Angebote konkretisieren,<br />

spezialisieren, sich auf ein paar wenige<br />

Felder konzentrieren und nicht jeder<br />

alles anbietet, soll und muss es funktionieren.<br />

„Ein Standbein“ <strong>für</strong> kleine<br />

Kliniken sollen diese Spezialisierungen<br />

sein <strong>–</strong> samt Zusammenschlüssen, Verbünden<br />

mit Partnern, mit den Großen,<br />

mit denen man bisher höchstens auf der<br />

Konkurrenzwelle schwimmen wollte.<br />

Von dieser Konkurrenz will man jetzt<br />

nichts mehr hören. Partner will man<br />

werden, ja vielleicht sogar mehr: Ein<br />

Strukturgutachten <strong>für</strong> die ganze Region<br />

ist in Arbeit <strong>–</strong> nach einem „Letter<br />

of intent“, einer Absichtserklärung aus<br />

dem vergangenen Jahr. In dem steht,<br />

was vor fünf Jahren so noch niemand<br />

hätte überhaupt denken wollen oder<br />

dürfen: Man wolle „jegliche Form der<br />

Zusammenarbeit“ prüfen, „insbesondere<br />

auch eine Zusammenführung<br />

in ein gemeinsames Unternehmen“.<br />

Eine Fusion. Die Kooperation solle<br />

dabei „mindestens“ die beiden unterzeichnenden<br />

Parteien <strong>–</strong> Klinikum und<br />

Kliniken im Naturpark Altmühltal, <strong>–</strong><br />

umfassen, „idealerweise“ jedoch alle<br />

kommunalen Kliniken in der Region<br />

einbinden.<br />

Ein steiniger Weg, wie schon wenige<br />

Wochen nach dieser Absichtserklärung<br />

aus dem März 2022 klar wird.<br />

Dann steht nämlich die Entscheidung<br />

im <strong>Eichstätt</strong>er Kreistag an, wie es mit<br />

den Krankenhäusern weitergeht. <strong>Das</strong><br />

Wort „Schließung“ eines der beiden<br />

Standorte hängt wie ein Damoklesschwert<br />

über allen Gesprächen <strong>–</strong> auch,<br />

weil es im ersten Aufschlag nach einem<br />

Gutachten der renommierten Beratungsgesellschaft<br />

Oberender einmal<br />

indirekt so gefallen ist: Der Landkreis<br />

könne mit beiden Krankenhäusern<br />

nicht effizient in die Zukunft gehen.<br />

Dabei ist es das, was Kommunalpolitiker<br />

über Jahre und Jahrzehnte hinweg<br />

stets betonten: eine Standortsicherheit<br />

<strong>für</strong> beide Krankenhäuser. Nur unter<br />

anderen Voraussetzungen. <strong>Das</strong> machen<br />

Landrat und Klinikchef in einer<br />

Ochsentour durch viele Gemeinden<br />

und ihre Gremien klar.<br />

In Kösching werden die beiden von<br />

zahlreichen Demonstranten erwartet,<br />

denen die wohnortnahe Gesundheitsversorgung<br />

wichtig ist. Sie wollen „ein<br />

Herz <strong>für</strong> Kösching“ zeigen, kämpfen<br />

<strong>für</strong> „ihr“ Krankenhaus, in dem sie geboren<br />

wurden, den Blinddarm herausoperiert<br />

bekamen oder am Ende selber<br />

seit Langem arbeiten. Den Standort<br />

will man nach der Entscheidung des<br />

Kreistags erhalten, nicht mehr mit<br />

einem voll ausgebauten medizinischen<br />

Angebot, aber das Mantra dieser Diskussion,<br />

die wohnortnahe Gesundheitsversorgung,<br />

soll möglich bleiben.<br />

Und wenn es eben sein muss, dann<br />

auch mit Partnern zusammen.<br />

Diese Zusammenarbeit auszuloten, ist<br />

auch Teil eines Regionalgutachtens,<br />

das die Stadt Ingolstadt und die drei<br />

Landkreise der Region 10 in Auftrag<br />

gegeben haben und das Ende des Jahres<br />

erste Ergebnisse zeigen soll. Hierzu<br />

fällt beim Besuch des Bundesgesundheitsministers<br />

kein Wort. Aber alle<br />

klammern sich daran, es ist der letzte<br />

Strohhalm: Seit Monaten bandeln die<br />

beiden Häuser in <strong>Eichstätt</strong> und Kösching<br />

mit dem Klinikum an, suchen<br />

Gemeinsamkeiten, ja einen „Verbündeten“,<br />

wie es der <strong>Eichstätt</strong>er Klinik-<br />

Vorstand Marco Fürsich ausdrückt.<br />

Denn, so sind sich die Verantwortlichen<br />

sicher: Ohne Kooperationen wird<br />

es nicht mehr gehen.<br />

Die <strong>Eichstätt</strong>er sehen sich indes auf<br />

dem richtigen Weg. „Wir haben mit<br />

unserer Agenda 2030, die wir vor drei<br />

Jahren angestoßen haben, vieles aus<br />

der Krankenhausreform bereits erahnt“,<br />

sagt der Klinik-Vorstand. „Wir<br />

sind ein wenig vor der Welle.“ So habe<br />

man das Heft des Handelns in gewisser<br />

Weise jetzt auch selbst in der Hand.<br />

„Wir betrachten uns mit als Pilotprojekt<br />

in Bayern“, ergänzt Anetsberger.<br />

Nicht zuletzt deshalb werde man auch<br />

in wenigen Tagen dem Bayerischen<br />

Gesundheitsminister die Positionen<br />

aus <strong>Eichstätt</strong> vorstellen. Auch, dass er<br />

sie mitnehmen kann auf Bundesebene<br />

<strong>–</strong> wo Bayern weiter deutlich macht,<br />

dass die Reform zwar ein richtiger Ansatz<br />

ist, aber die ländliche Situation im<br />

Freistaat verkennt. <strong>Das</strong>s man nur mit<br />

der Brille der Ballungsgebiete auf die<br />

Krankenhäuser schaut.<br />

Die Angst geht um: Was macht die Klinikreform<br />

aus Berlin nun mit den kleinen<br />

Häusern? Karl Lauterbach macht<br />

bei seinem Besuch im Klinikum klar:<br />

„Sie bekommen Planungssicherheit.“<br />

Der Erneuerungsprozess soll sie vor<br />

Insolvenz und Schließung bewahren.<br />

„Wenn wir die Reform nicht hätten…“,<br />

beginnen die Sätze des Gesundheitsministers<br />

immer wieder. Und er verweist<br />

mitten im Großkrankenhaus auf<br />

die „Level 1i“-Häuser, die man etablieren<br />

will. Eine Chance, sagt Lauterbach.<br />

„Hier können ambulante und<br />

stationäre Leistungen erbracht werden“,<br />

„sektorenübergreifend“ nennt<br />

es das Strukturpapier hochtrabend.<br />

Aber im Kleingedruckten steht: Diese<br />

Häuser „werden grundsätzlich nicht<br />

vom Rettungsdienst angefahren“. Die<br />

Angst bleibt.<br />

Baustelle: die Krankenhauslandschaft im Landkreis steht vor einem Wandel.<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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