25.07.2022 Aufrufe

WIKO 2023 – Das Wirtschaftsmagazin für Eichstätt

Der Wirtschaftskompass Eichstätt stellt leistungsfähige Unternehmen der Region vor und widmet sich in Reportagen, Interviews und Meinungsbeiträgen der Gegenwart und Zukunft der regionalen Wirtschaftswelt.

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Die Kirchen könnten auch<br />

stark sein, wenn sie klein<br />

seien, hat <strong>Eichstätt</strong>s<br />

Bischof Gregor Maria<br />

Hanke einmal gesagt.<br />

<strong>Das</strong> ist Jahre her, aber<br />

schon damals war absehbar,<br />

dass sich die Zahl der<br />

Christinnen und Christen<br />

reduzieren wird. Die Dynamik<br />

aber war damals,<br />

2018, noch nicht absehbar.<br />

Immer tiefer strauchelt<br />

vor allem die katholische<br />

Kirche. Ein Reformprozess,<br />

der „synodale Weg“,<br />

soll den Fall ausbremsen.<br />

Man will sich wandeln.<br />

Aber man tut sich<br />

schwer. Und die Finanzkraft<br />

der Kirche nimmt<br />

ab. Oder doch nicht?<br />

2018 katapultierte sich die Diözese<br />

<strong>Eichstätt</strong> selbst in die internationalen<br />

Schlagzeilen. „Heiliger Bimbam!“<br />

war dort zu lesen, ein Finanzskandal<br />

erschüttert die katholische Kirche.<br />

Millionenschwere Investitionen in ungesicherte<br />

Darlehen in die USA mit<br />

Renditeversprechen im zweistelligen<br />

„ Dem Bistum fehlen<br />

durch den Skandal<br />

mindestens rund<br />

20 Millionen Euro„<br />

Bereich. Die Handschellen klicken,<br />

zwei Männer wandern in Untersuchungshaft,<br />

Bestechlichkeit, Bestechung<br />

im geschäftlichen Verkehr und<br />

Untreue. Die beiden Hauptbeschuldigten<br />

werden nach einem halben Jahr<br />

aus dem Knast entlassen, juristisch aufgeklärt<br />

ist der Skandal bis heute nicht:<br />

Trotz bereits erhobener Anklage vor<br />

dem Landgericht in München ermittelt<br />

die Staatsanwaltschaft noch immer<br />

weiter. Dem Bistum fehlen durch den<br />

Skandal mindestens rund 20 Millionen<br />

Euro in der Rücklagenkasse.<br />

Knapp 25.000 Menschen haben 1962<br />

der katholischen Kirche den Rücken<br />

Eine Kirche vor dem Aus: In Wolkertshofen will das Bistum kein Geld mehr <strong>für</strong> die Sanierung ausgeben.<br />

gekehrt, bei einer Gesamtzahl von gut<br />

26,5 Millionen. In den 1970er-Jahren<br />

erreicht die Zahl der Katholiken<br />

in Deutschland ihren Höhepunkt<br />

<strong>–</strong> knapp über 29 Millionen Mitglieder<br />

zählt die Kirche da. Seither geht<br />

es stetig bergab, zunächst in kleinen<br />

Schritten, seit den 1990er-Jahren kontinuierlich.<br />

1992 treten deutschlandweit<br />

fast 200.000 Menschen aus. Von<br />

diesen Zahlen spricht heute keiner<br />

mehr. 522.821 Getaufte drehen „ihrer“<br />

Kirche im Jahr 2022 den Rücken.<br />

Eine bestürzende Zahl. Eine Zahl, die<br />

zeigt, dass die Kirche es nicht mehr<br />

schafft, die Menschen von ihrer Botschaft<br />

zu überzeugen. Kirche müsse<br />

und könne „ein einladendes und kraftvolles<br />

Korrektiv <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />

sein“, sagt Bischof Hanke bei seiner<br />

Silvesterpredigt im vergangenen Jahr.<br />

Man müsse nur, so wird er von seiner<br />

Presseabteilung bei der Vorstellung<br />

der Kirchenaustrittszahlen im Juni zitiert,<br />

die Hausaufgaben annehmen, die<br />

die Gläubigen einem gegeben haben.<br />

„Jede und jeder, die und der uns verlässt,<br />

hinterlässt eine Lücke. Wir vermissen<br />

diese Menschen“, sagt Hanke<br />

im Juni <strong>2023</strong> bei der Bekanntgabe der<br />

Kirchenaustrittszahlen.<br />

<strong>Das</strong> ist die geistliche Seite. Aber es gibt<br />

auch noch die wirtschaftliche Seite.<br />

Denn die Kirche ist längst mehr als<br />

eine reine religiöse Gemeinschaft. Sie<br />

ist zum Konzern geworden, bilanziert<br />

nach dem oder zumindest angelehnt<br />

an das Handelsgesetzbuch. Schätzungen<br />

gehen von einem Jahresumsatz von<br />

bis zu 150 Milliarden Euro bei beiden<br />

Kirchen und ihren nachgelagerten Unternehmen<br />

aus. Zum Vergleich: Die<br />

Autoindustrie erwirtschaftete 2022 einen<br />

Inlandsumsatz von 153 Milliarden<br />

Euro. Aber jedes Bistum verwaltet seinen<br />

eigenen Haushalt. Und der macht<br />

den <strong>Eichstätt</strong>ern zu schaffen. So weit,<br />

dass sie einen rigiden Sparkurs fahren<br />

müssen, um nicht in ein paar Jahren in<br />

die Zahlungsunfähigkeit zu schlingern.<br />

2005 verdiente man in <strong>Eichstätt</strong> gut 82<br />

Millionen Euro an der Kirchensteuer.<br />

So vermeldete es damals das Bistum,<br />

der <strong>Eichstätt</strong>er Kurier berichtete von<br />

einem Sparplan und „schmerzhaften<br />

Einschnitten“, die der damalige Diö-<br />

„ Wie emotional das<br />

Thema Geld werden kann,<br />

zeigt eine seit Jahren andauernde<br />

Diskussion„<br />

zesanverwalter Johann Limbacher <strong>–</strong><br />

Bischof Walter Mixa war gerade zum<br />

Bischof von Augsburg berufen worden<br />

<strong>–</strong> verkünden musste. Ein Stellenabbau<br />

von „120 + x“ wurde diskutiert. Man<br />

müsse die Diözese konsolidieren, um<br />

ihren wirtschaftlichen Handlungsspielraum<br />

zu erhalten. Der Investitionshaushalt<br />

umfasste seinerzeit gut<br />

elf Millionen Euro, gut fünf Millionen<br />

Euro wurden aus den Rücklagen<br />

gezapft, um liquide zu bleiben. 20<br />

Jahre später reibt man sich verwundert<br />

die Augen, ein ähnliches ja fast noch<br />

<strong>Wirtschaftsmagazin</strong> <strong>WIKO</strong><br />

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