Allgäuer Wirtschaftsmagazin_Ausgabe 4_2022

Jährlich finden in Deutschland rund
70.000 Operationen an der Schilddrüse
statt. Der Großteil davon im Süden unserer
Republik. War früher häufig ein durch Jodmangel
verursachter Kropf Hauptgrund für
eine Operation, sind es heute vermehrt
Knoten und Gewebeveränderungen in der
Schilddrüse. Ein Gespräch mit den Schilddrüsenspezialisten
Dr. Markus Tietze und
Dr. Harald Wolf über diesen anspruchsvollen
chirurgischen Eingriff.
AWM: Herr Dr. Tietze, Herr Dr. Wolf,
kommen heute überhaupt noch Menschen
mit einer vergrößerten Schilddrüse,
also einem klassischen Kropf,
zu Ihnen?
Dr. Tietze: Oh ja. Den bislang größten
Kropf meiner Laufbahn habe ich erst vor
drei Jahren entfernt. Die Patientin hatte eine
männerfaustgroße Schilddrüse. Die verursachte
ein zunehmendes Druckgefühl, zum
Glück waren aber weder die Luftröhre eingeengt
noch die unter der Schilddrüse verlaufenden
Nervenbahnen der Stimmbänder
beeinträchtigt. Die Patientin hatte so lange
gewartet, weil sie ganz schreckliche Angst
vor der OP hatte. Wir konnten ihr aber
richtig gut helfen.
Dr. Wolf: Deutschland gilt immer noch als
Jodmangelgebiet. Und unsere Schilddrüse
ist auf Jod angewiesen, um die lebenswichtigen
Schilddrüsenhormone produzieren zu
können. In Küstennähe liegt Jod sozusagen
in der Luft, die Küstenbewohner nehmen es
mit Atmen, Essen und Trinken auf. Hier im
Allgäu jedoch liegen wir häufig nur bei zwei
Drittel der empfohlenen Tageszufuhr von
200 Mikrogramm Jod am Tag für Erwachsene.
AWM: Auch, wenn ich jodiertes Speisesalz
benutze?
Dr. Wolf: Ja, leider auch dann. Studien
aus 2020 haben gezeigt, dass trotzdem
rund 30 Prozent der Erwachsenen und
44 Prozent der Kinder einen leichten
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