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Editorial - Quickborn. Vereinigung für niederdeutsche Sprache und ...

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Rezensionen<br />

buch 2007 eine neue Analyse seines<br />

Westfalen-Bildes zu erwarten ist. Seine<br />

Lebensgeschichte, die hier zum<br />

siebten Mal aufgelegt ist, schrieb er<br />

hochdeutsch in den Kriegsjahren, in<br />

denen er – schon seit einer Weile als<br />

Pfarrer pensioniert – wieder auf dem<br />

Hof seiner Eltern im heute zur Stadt<br />

Ahlen gehörigen Vorhelm lebte <strong>und</strong> in<br />

einer eigenen Kapelle die Messe las.<br />

Als „Waldbruder“ sieht er sich dort.<br />

Der Erzähler Wilhelm Raabe <strong>und</strong> seine<br />

„Geschichten vom versunkenen<br />

Garten“ 1874 sind sein Vorbild, ein langes<br />

Leben in einer als begeisternd<br />

vielfältig bejahten Welt sein Thema.<br />

Der „versunkene Garten“ ist das Kindheitsparadies,<br />

das er am alten Ort nicht<br />

wiederfindet. Die Zeit nämlich ändert<br />

den Raum. Er erzählt, was in der Zwischenzeit<br />

gewesen ist, <strong>und</strong> das war von<br />

1862 bis 1940 eine Menge. Politisches<br />

fehlt aber trotz der aufregenden Zeitläufte,<br />

wenn man es nicht in einer entschiedenen<br />

Haltung <strong>für</strong> das einzelne<br />

von Gott geschaffene Individuum gegen<br />

alle Gruppenideologien <strong>und</strong> -fanatismen<br />

sehen will. Er entschuldigt<br />

sich in einer „Rechtfertigung“, dass er<br />

vom eigenen Ich schreibt, doch über<br />

welches wüsste man besser Bescheid?<br />

Wichtig nehmen darf sich das Individuum,<br />

jedes Individuum! Man kann<br />

sein Augenmerk auf verschiedene Seiten<br />

des Dargestellten richten, das, was<br />

davon zur Welt des endenden 19. oder<br />

des beginnenden 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

passt, zu Münsterland oder Niederrhein,<br />

Universitäts- <strong>und</strong> Garnisonsorten,<br />

zur Pfarrerexistenz, die noch viel<br />

unproblematisch-glücklicher erscheint<br />

als die seiner plattdeutschen<br />

Romanfigur „Pastor von Driebeck“.<br />

48<br />

Die Konfratres wie die Pfarrhaushälterinnen<br />

spielen ihre Rolle, die Privataudienz<br />

des vielgelesenen Herausgebers<br />

der auflagenstarken katholischen<br />

Illustrierten „Der Hausschatz“ beim<br />

Papst. Wibbelt erzählt, was es <strong>für</strong> Einladungen<br />

unter Pfarrern gibt! Hessen<br />

<strong>und</strong> Lothringen kommen ins Spiel.<br />

Ganz wichtiger Teil des Erinnerns sind<br />

die Begegnungen mit Mitmenschen<br />

der verschiedensten Art. Die 7. Auflage<br />

hat zu ihnen ein Register, das<br />

schnelle Information möglich macht<br />

<strong>und</strong> gründliche Anmerkungen, die<br />

eine Lektüre mit Umsicht ermöglichen.<br />

Obgleich es sich bei Wibbelt um einen<br />

unermüdlich schreibenden Autor<br />

handelte, dessen Romane, Gedichte,<br />

Erbauungs- <strong>und</strong> religiöse Schriften<br />

zudem großen Erfolg hatten, drängt<br />

sich bei ihm das Literarische nie vor.<br />

Die Anmerkungen von Rainer Schepper<br />

informieren also über alle erwähnten<br />

Personen, <strong>und</strong> das sind meist Weggefährten,<br />

die wichtige eigene Familie,<br />

seltener Anreger <strong>für</strong> Gedankenwelt<br />

<strong>und</strong> Literatur. Was in Wibbelts Jahren<br />

in Westfalen literarisch galt, kann man<br />

zusammengestellt finden, wobei der<br />

ältere Dreizehnlindenautor Friedrich<br />

Wilhelm Weber aus Nieheim bei Paderborn<br />

– heute leider kaum noch bekannt<br />

– als besonders wichtig erscheint.<br />

Die Lebensgeschichte, die mit<br />

der Schilderung der Eltern beginnt<br />

<strong>und</strong> damit in die Anfänge des Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zurückreicht <strong>und</strong> mit dem letzten<br />

plattdeutschen Roman „Ut de feldgraoe<br />

Tied“ endet, der im Umkreis eines<br />

zweiten vom Ersten Weltkrieg handelt,<br />

ist am Anfang wie am Schluss eingeb<strong>und</strong>en<br />

in Liebeserklärungen an die<br />

Heimat. Wir sehen ein westfälisches

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