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Editorial - Quickborn. Vereinigung für niederdeutsche Sprache und ...

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Rezensionen<br />

des Konjunktivs wurde dann entweder<br />

die eine oder die andere Form als Indikativ<br />

genommen. Bei den Ostfriesen<br />

<strong>und</strong> Mecklenburgern war es „ick satt“,<br />

bei den übrigen „ick seet“. Und die<br />

Vorsilbe ge verschwand ja nicht abrupt.<br />

Teilweise ist sie noch heute in<br />

Gebrauch, wenn das zweite Partizp allein<br />

steht, wie in „geseggt, gedaan“.<br />

Rudolf Kinau schrieb so, <strong>und</strong> ihm wird<br />

man wohl kaum nachsagen, „falsches<br />

Platt“ zu benutzen.<br />

Einige Autoren gehören in diese<br />

Sammlung einfach nicht hinein, wie<br />

Theodor Fontane oder Heinrich Hoffmann<br />

von Fallersleben. Beide haben<br />

mit Plattdeutsch kaum oder gar nichts<br />

zu tun. Immerhin dokumentiert Fontanes<br />

plattdeutsches Loblied auf Klaus<br />

Groth, dass dieser auch von hochdeutschen<br />

Autoren sehr geschätzt wurde.<br />

Und der Schöpfer des besonders auf<br />

dem Hamburger Fischmarkt gern gesungenen<br />

Volkslieds „Alle Vögel sind<br />

schon da, Aale, Aale, Aale“? Er hat den<br />

„Reinke de Voss“ herausgegeben, aus<br />

seiner eigenen Feder stammt nichts<br />

Plattdeutsches. Und was soll bitte die<br />

Geschichte des Deutschlandlieds in<br />

diesem Buch?<br />

Einige Autoren bringt Martens im Urtext,<br />

andere werden von ihm „egalisiert“,<br />

sogar unsere Klassiker wie Fritz<br />

Reuter, Klaus Groth <strong>und</strong> Johann Hinrich<br />

Fehrs (notabene: das Buch wurde von<br />

der Fehrs-Gilde herausgegeben). In<br />

Anthologien ist die Angleichung der<br />

Schreibweise üblich. Hier handelt es<br />

sich aber um ein Buch über die Geschichte<br />

der <strong>niederdeutsche</strong>n Literatur,<br />

<strong>und</strong> da hätten die Originaltexte der<br />

Autoren genommen werden müssen.<br />

Zur Literaturgeschichte gehört auch<br />

58<br />

die Geschichte der Schreibweise. Bei<br />

Groth <strong>und</strong> Fehrs finde ich das „Egalisieren“<br />

besonders schade. Das nord<strong>niederdeutsche</strong><br />

Platt kennt mehr lange<br />

Vokale als die deutsche Schriftsprache.<br />

Unsere Klassiker haben sehr lautgetreu<br />

geschrieben, benutzten das<br />

Häkchen unter dem e oder ö oder Sonderzeichen<br />

wie œ. Aber inzwischen ist<br />

unsere plattdeutsche Schreibe auf den<br />

Sass gekommen. Und das Achte Sass-<br />

Gebot lautet: Du sollst ein- <strong>und</strong><br />

zweilautiges e <strong>und</strong> ö im Schriftbild<br />

nicht unterscheiden. In diesem konkreten<br />

Fall führt die Regel dazu, dass Leute,<br />

die keine geübten Plattsnacker sind,<br />

die Wörter falsch aussprechen.<br />

Bei den Autoren des zwanzigsten Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

bemüht sich Martens um die<br />

Vielfalt der plattdeutschen Dialekte. Es<br />

fehlen allerdings der Niederrhein <strong>und</strong><br />

Plautdietsch, das Platt der jetzt in<br />

Deutschland lebenden russlanddeutschen<br />

Mennoniten. A propos Adam<br />

<strong>und</strong> Eva: Bis ins neunzehnte Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

lässt Martens nur Adams, nur<br />

männliche Autoren zu Wort kommen.<br />

Im zwanzigsten Jahrh<strong>und</strong>ert bringt er<br />

zum Ausgleich nur Evas, also plattdeutsche<br />

Schriftstellerinnen. Daher müssen<br />

wir in diesem Buch auf große Autoren<br />

wie Augustin Wibbelt, Norbert Johannimloh<br />

oder Johann D. Bellmann verzichten.<br />

Insgesamt bietet das Buch einen guten<br />

Überblick über die Geschichte der<br />

<strong>niederdeutsche</strong>n Literatur. Ich hätte<br />

mir aber weniger Nachdichtungen <strong>und</strong><br />

da<strong>für</strong> mehr Originaltexte gewünscht.<br />

Oft schweift Martens vom Thema ab.<br />

Man muss das Buch kritisch lesen <strong>und</strong><br />

darf nicht alles <strong>für</strong> bare Münze nehmen,<br />

was drin steht.

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