Danziger Str. 137, 1040 Berlin Prenzlauer Berg Tel.-Fax: 40 39 35 47
Danziger Str. 137, 1040 Berlin Prenzlauer Berg Tel.-Fax: 40 39 35 47
Danziger Str. 137, 1040 Berlin Prenzlauer Berg Tel.-Fax: 40 39 35 47
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Günter Reuel<br />
Didaktik und Arbeitslehre<br />
Bildungspolitisches Forum<br />
Eigentlich müssten alle Schulfächer mit „Lehre“ enden. Die mathematische Wissenschaft gibt<br />
es auch ohne Schulfach, die englische Sprache ohne ein solches und die Geschichte sowieso.<br />
Sobald aber die Mathematik Schülern zum Pflichtpensum wird, sollte man korrekterweise<br />
„Mathematiklehre“ sagen, analog dazu auch „Englischlehre“, „Geschichtslehre“ usw. Die<br />
kleine Umständlichkeit würde durch einen positiven Effekt wettgemacht: So mancher Lehrer,<br />
der auf die Frage nach seinem Beruf „Mathematiker“ oder „Historiker“ antwortet, sähe dann<br />
vielleicht vor seinem geistigen Auge das Memento: Du l e h r s t es!<br />
Die Arbeitslehre wusste von Beginn an, dass Arbeit immer schon da war, als Urhumanum,<br />
wie der Philosoph sagen würde, dass aber Grundzüge des Arbeitens gelehrt werden müssen.<br />
Im allgemeinen versteht man unter Didaktik das „Was“ und unter Methodik das „Wie“. In<br />
meiner eigenen Studentenzeit hatte ich einen Hochschullehrer, der wurde nicht müde jedem<br />
Neusemester zu erklären, man könne nicht die ganze Mathematik lehren, auch nicht die ganze<br />
Geschichte, man müsse eine Auswahl treffen und dies sei die eigentliche Aufgabe der Didaktik.<br />
Wie es der geplagte Lehrer bewerkstelligt, sei eine Frage der Methodik. Hier fiel dann<br />
immer das Wort von der Methodenfreiheit, von Didaktikfreiheit war nie die Rede. Der Hochschullehrer<br />
war ein eher geradliniger Denker und die Komplexität des Gesamtsystems Schule<br />
erschloss sich ihm nie so ganz.<br />
Heutzutage werden die meisten Lehramtsstudiengänge in eine Bachelorphase und in eine<br />
Masterphase unterteilt. Der Bachelor lernt vorzugsweise Fachwissen und der Master wird<br />
anschließend „didaktisch“ aufgerüstet. Es wäre natürlich sinnvoll, wenn die Bachelor-Inhalte<br />
bereits didaktisch gefiltert wären, damit nicht erst der Masteraspirant entdecken muss, was er<br />
an nichtschulrelevanten Dingen gelernt hat. Am IBBA in der <strong>Berlin</strong>er TU wurde bereits von<br />
Anfang an darauf geachtet, dass der Bachelor-Studiengang schulnahe ausgerichtet ist.<br />
Nun erkennt schon der Studienanfänger, dass Didaktik nicht auf puren Dezisionismus reduziert<br />
werden kann. Unter Dezisionismus versteht man bekanntlich Entscheidungswillkür, den<br />
Verzicht auf die Mühe der Begründung. „Was“ soll also gelehrt werden, wenn nicht alles gelehrt<br />
werden kann? Nun, dafür gab und gibt es doch Lehrplankommissionen, könnte die Antwort<br />
lauten. Gewiss! Aber es gibt Skeptiker, was die Herrschaft der Experten betrifft. Eine<br />
Volksbefragung kommt als Lösung für die Auswahl dessen, was gelehrt werden soll, auch<br />
nicht unbedingt in Frage.<br />
Natürlich haben sich Didaktiker in der Vergangenheit Gedanken darüber gemacht, wie didaktische<br />
Entscheidungen begründungsfähig werden. Zu nennen sind verschiedene „Schulen“,<br />
von denen die wichtigsten die Geisteswissenschaftliche Didaktik, die Lerntheoretische Didaktik<br />
und die Systemtheoretische Didaktik hier kurz erinnert werden sollen:<br />
Die Geburt der Geisteswissenschaften war DILTHEYs Reaktion auf die Naturwissenschaften.<br />
Naturwissenschaften „erklären“, Geisteswissenschaften „verstehen“. Die Geisteswissenschaftliche<br />
Didaktik akzeptierte alles Vorgefundene und stellte die Frage des Verstehens in<br />
den Mittelpunkt. Jedes Individuum versteht die Welt auf seine Weise, die Schule hilft dabei,<br />
aber normative Aussagen sind ihr verwehrt. KLAFKI ging einen Schritt weiter und forderte<br />
eine kritisch-konstruktive Ausrichtung der Didaktik. Schüler müssen angehalten werden, das<br />
Forum Arbeitslehre Heft 1 - November 2008 4