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eden. Für Uexküll ist die Umwelt die zweite Haut eines Lebewesens, deren Verletzung seine<br />

Gesundheit schädigen kann und deren Zerstörung seine Existenz vernichtet. Während gemäß<br />

dieser Uexküllschen Definition Umwelt eigentlich ein Pluralbegriff sein müsste, wird heute in<br />

der Verwendung des Begriffes stets vorausgesetzt, dass es sich um die Umwelt des Menschen,<br />

das heißt um Qualitäten von Humanumwelt, handelt.<br />

Ende des neunzehnten Jahrhunderts, als die negativen Folgen der zunehmenden Industrialisierung<br />

in Form von Luftverschmutzung, Wasserbelastung und Bodendegradation immer deutlicher<br />

zu spüren waren, gab es Begriffe wie „Umweltbelastung“, „Umweltkrise“ und „Umweltzerstörung“<br />

noch nicht, obgleich vieles von dem, was heute darunter verstanden wird, als<br />

Phänomen bereits existierte. Von Menschen verursachte „Umweltkatastrophen“ ereigneten<br />

sich lokal bereits in früheren Jahrhunderten, allerdings ohne dass davon die Rede war, es sei<br />

die „Umwelt“, die zusammenbreche.<br />

Die Bedrohung natürlicher Ressourcen wie Wasser und Luft als negative Folge der Urbanisierung<br />

und Industrialisierung wurde so deutlich wahrgenommen, dass sich bereits in der zweiten<br />

Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts Vereine zum Schutz dieser Ressourcen etablierten<br />

und Gesetzesinitiativen staatlicher Institutionen folgten. Hierzu gehört unter anderem der<br />

1878 in Köln gegründete „Internationale Verein gegen Verunreinigung der Flüsse, des Bodens<br />

und der Luft“. Obwohl der Umweltschutz somit eine mehr als hundertjährige Geschichte<br />

hat, wird der eigentliche Beginn der Umweltkrisendiskussion mit dem Jahr 1962 angegeben.<br />

In diesem Jahr erschien in den Vereinigten Staaten Rachel Carsons schockierendes Buch<br />

„Stummer Frühling“, das die verheerenden Wirkungen chlorkohlenwasserstoffhaltiger Pestizide<br />

beschrieb.<br />

Der Schock, den das Buch von Rachel Carson auslöste, lag darin, dass dadurch schlagartig<br />

bewusst wurde, dass die Umwelt des Menschen auch auf eine sinnlich direkt nicht wahrnehmbare<br />

und daher unmerkliche, schleichende Weise vergiftet werden kann. Das seit Urzeiten<br />

vorhandene Vertrauen in eine verlässlich kalkulierbare Natur war plötzlich dahin. „Das<br />

Ende der Natur“ wurde zu einem Dauerthema, das Carson am Pestizidproblem erstmals in<br />

einer weltaufrüttelnden Weise darstellte und das von Bill McKibben 1989 am Beispiel des<br />

Treibhauseffekts in forcierter Weise aufgenommen wurde.<br />

Stur wie die Panzer nimmt der Fortschritt seinen Lauf<br />

Der Begriff „Umweltkrise“ aber wurde erst in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts<br />

zu einer weithin bekannten und politisch wirksamen Wortschöpfung, als erstmals die<br />

Grenzen des Wachstums eindrücklich aufgezeigt wurden. Die Moderne war und ist auch noch<br />

geprägt durch einen unerschütterlichen Fortschrittsglauben: Unaufhörlich und „gesetzmäßig“<br />

geht es vorwärts, und alles wird ständig besser. Dreh- und Angelpunkt des neu entstandenen<br />

postmodernen Unbehagens gegenüber der Moderne wird der Begriff des „Fortschritts“. Er<br />

wird zuerst kritisch hinterfragt und dann negativ umbewertet. Der Hamburger Biologe Volker<br />

Schurig faßt diese Umbewertung in seinem 1996 erschienenen Artikel „Umwelt - ein Schlüsselbegriff<br />

der Postmoderne?“ wie folgt zusammen: „Fortschritt ist zunehmend eine Metapher<br />

geworden für den Verlust der Geschichte, die Zerstörung des Sozialen durch einen technischen<br />

Machbarkeitswahn und eben auch die Zerstörung der Natur mit der stündlichen Ausrottung<br />

von immer mehr Tier- und Pflanzenarten.“<br />

Der Begriff „Umweltkrise“ taucht in dem Moment der Menschheitsgeschichte auf, als infolge<br />

eines zunehmenden Bevölkerungswachstums und eines ständig steigenden Ressourcenverbrauches<br />

die Endlichkeit der Umweltkapazitäten überdeutlich wird. Treibhauseffekt und<br />

Ozonschichtzerstörung werden zu ersten Indikatoren für die Überlastung des Naturhaushaltes<br />

und eine Form der Naturausbeutung, die man als die „klassische industrielle Naturnutzung“<br />

bezeichnen kann. Schurig hat den Unterschied zwischen dem Fortschrittsglauben der Moder-<br />

Forum Arbeitslehre Heft 1 - November 2008<br />

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