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er Beschäftigungsverhältnisse und Teilzeitarbeitsplätze steigt gleichzeitig und es geht ein<br />
Lohnabbau einher. Wer nicht einen dieser Arbeitsplätze ergattert, findet sich in der Arbeitslosigkeit<br />
wieder.<br />
Nach einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind<br />
fast 60 % aller Arbeitslosen langzeitarbeitslos, d. h. über 12 Monate ohne Arbeit. 2/3 aller<br />
Jugendlichen erfahren in den ersten 5 Jahren nach ihrer Schulentlassung mindestens einmal<br />
Arbeitslosigkeit (Friebel), unabhängig von Ausbildung. 1994 wurden 18,8 % nach der Ausbildung<br />
arbeitslos - mit steigender Tendenz.<br />
Individualisierende Umdeutungen eines gesellschaftlichen Problems<br />
Arbeitslosigkeit erscheint einerseits als zentrales gesellschaftliches Problem (immerhin 9,8<br />
Prozent sind betroffen), das Betroffensein von genau diesem gilt aber als individuelle Angelegenheit,<br />
die letztendlich immer wieder ihre entscheidenden Ursachen in individuellen Defiziten<br />
und Versagen findet.<br />
Krise der Jugend<br />
Die Shell - Studie 1997 nennt Arbeitslosigkeit als das Hauptproblem der Jugendlichen.<br />
,,Wenn die Arbeitsgesellschaft zum Problem wird, dann muss auch die Jugendphase als biographische<br />
Vorbereitung auf die Gesellschaft zum Problem werden.“ Heutzutage gehört es zur<br />
Lebensbewältigung dazu, Zeiten der Erwerbslosigkeit zu erleben. In unserer Gesellschaft gibt<br />
es trotz hoher Arbeitslosenzahlen seit Jahren kein positives Leitbild, wie man Zeiten von Arbeitslosigkeit<br />
möglichst gelingend bewältigt. Jugendliche, die der Arbeitsmarkt nicht braucht<br />
(in Ostdeutschland ca. 25 %), werden entsprechend mit einer Vielzahl von Etiketten diskriminiert,<br />
z. B.: nicht ausbildungsreif, nicht ausbildungswillig, sozial benachteiligt, verhaltensgestört,<br />
nicht belastungsfähig, lernschwach und sprachdefizitär. Dabei besteht tatsächlich oft das<br />
einzige Defizit darin, dass sie keine Arbeit bzw. keine Ausbildungsstelle haben. Zudem sind<br />
heutzutage die Selektionskriterien verschärft durch die Konkurrenz von Bewerbern. Das sich<br />
in der Pubertät entwickelnde Lebenskonzept, in ein Erwachsenenleben hinein zu wachsen,<br />
weicht an dieser Stelle Zukunftsängsten, Orientierungslosigkeit oder Resignation. Sozialisation<br />
wird erschwert. Jugendliche, die wenig Anerkennung und Erfolg erlebt haben, die von der<br />
gesellschaftlichen Partizipation auf Grund brüchiger Biografien ausgeschlossen sind, entwickeln<br />
wenig Selbstwertgefühl und werden mit schwierigen/prekären Lebensverhältnissen<br />
konfrontiert sein. Dieses kann sich dann zu einer Parallelgesellschaft entwickeln, da sie nicht<br />
an dieser Arbeitsgesellschaft teilhaben können.<br />
Krafeld stellt die These auf, dass unser gängiges Bildungssystem, Berufsvorbereitungs- und<br />
Beschäftigungsprogramme mit ihrer konventionellen Arbeitsmarktfixiertheit, massenhaft<br />
"Looser" - Karrieren stabilisiert. Dieser Umgang mit Arbeitslosigkeit schafft mehr neue<br />
Probleme für die betroffenen Jugendlichen, wie auch zusätzliche Probleme für die Gesellschaft,<br />
da die Jugendlichen ohne positive Zukunftsaussichten (inklusive Rente auf Sozialhilfeniveau)<br />
ins Erwachsenenleben entlassen werden.<br />
Wenn bedacht wird, dass jedes Jahr ca. 80 000 Schüler/innen ohne Hauptschulabschluss abgehen,<br />
ist klar, dass diese besonders vom Ausschluss aus dem Erwerbsystem betroffen sind.<br />
Erwerbsarbeit ist bislang das ökonomische, soziale und psychische Fundament der Erwachsenenrolle.<br />
Da viele Jugendliche von diesem Leitbild durch diverse Faktoren ausgeschlossen<br />
werden, wird ihnen das Erwachsenwerden erheblich erschwert. Jenseits einer qualifizierten<br />
Berufsarbeit existiert in den Lebensplänen vieler Jugendlichen keine existenzsichernde Alternative.<br />
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Forum Arbeitslehre Heft 1 - November 2008<br />
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