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Peter Köpf<br />

Wie viel Wirtschaft in der Schule? 25<br />

Hand aufs Herz: Verstehen Sie, wie die Finanzkrise entstanden ist? Welche Instrumente die<br />

Kreativen an der Wall <strong>Str</strong>eet und in London da entwickelt haben? Und weshalb das Kartenhaus<br />

nun zusammenbricht? Falls auch Sie das alles nicht durchschauen, liegt das daran, dass<br />

wir an unseren Schulen keinen angemessenen Wirtschaftsunterricht haben. Das soll sich ändern.<br />

Ökonomie soll für alle weiterführenden Schulen „obligatorisch“ werden, forderte kürzlich<br />

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Darüber will er auf dem so genannten Bildungsgipfel<br />

am 22. Oktober in Dresden mit den anderen Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin<br />

reden.<br />

Auch Michael Glos ist dafür, „dass das Fach Wirtschaft in die Schule kommt“. Es sei „mehr<br />

Wissen um die Finanzmärkte nötig“, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Sonntag bei<br />

Anne Will einem von Bank-Experten schlecht beratenen Anleger, der mit Papieren von Lehman<br />

Brothers 22 000 Euro verloren hatte. Er sei eine riskante Einlage eingegangen, so der<br />

Minister, „und ab da muss man wissen, dass es dafür Sicherungseinrichtungen nicht gibt“.<br />

Man kann selbstverständlich gar nicht gegen mehr Wirtschaftsunterricht sein, wenn dadurch<br />

künftig solche Desaster vermieden werden; wenn der kleine Mann auf dem Finanzmarktplatz<br />

mutig den großen Raubtieren entgegentritt; wenn er dafür sorgt, dass wieder die Politik die<br />

Wirtschaft kontrolliert statt deren Büttel zu sein.<br />

Aber die deutschen Unternehmer, ihre Verbände und Stiftungen, die sich seit Jahren bemühen,<br />

bei den Schulen einen Fuß in die Tür zu bekommen, haben ihre eigenen Ziele:<br />

Längst betreiben Kinder in so genannten Schülerfirmen Coffeeshops oder füllen Coca-Cola-<br />

und Süßigkeitenautomaten. So sollen sie lernen, wie ein Unternehmen funktioniert. In Baden-<br />

Württemberg gingen Schüler sogar als „Vertrete“" der Automatenfirma an andere Schulen,<br />

um das Geschäftsmodell weiter zu verbreiten. Bei Erfolg gab's Provision.<br />

Wenn ein Weltmarktführer massenhaft PCs verschenkt, dann hat das vielleicht mit Altruismus<br />

zu tun, ganz sicher aber mit dem Kalkül, dass Kinder, die mit seinen Programmen vertraut<br />

sind, diese auch künftig nutzen und kaufen werden.<br />

Verbände wie die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft stellen den klammen Schulen Unterrichtsmaterial<br />

zur Verfügung, um den Kindern „interessante Einblicke in die technischen<br />

Möglichkeiten der Zukunft“ zu schenken. Da fliegen die Kinder dann mit einem Außerirdischen<br />

zu „Baumwollfeldern, auf denen die Baumwolle bereits gestreift wächst“ - ein Hurra<br />

auf die Gentechnik. Außerdem erfahren die Kinder, wie eine Magnetschwebebahn funktioniert.<br />

Gesponsert haben das Projekt auch Firmen, die an der Magnetschwebebahn arbeiteten.<br />

Das Deutsche Aktieninstitut, dessen Anliegen „die Stärkung der Aktienakzeptanz“ ist, hat<br />

ganze Unterrichtseinheiten ausgearbeitet. Unter den Themen: „Geldanlage und Vermögens-<br />

25<br />

Deutschlandradio Kultur: Politisches Feuilleton; Sendung am 9. Okt. 2008, 07:20 Uhr<br />

Forum Arbeitslehre Heft 1 - November 2008 66

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